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Österreich hat eine neue Chef-Archäologin  
  "Vor ihr ist kein Stein sicher" - mit diesen Worten stellte Wissenschaftsminister Johannes Hahn die neue Leiterin des Österreichischen Archäologischen Instituts vor: Sabine Ladstätter ist ab Oktober im Amt.  
"Überraschend"
Eine "überraschende Entscheidung" sei es für sie gewesen, sagt Sabine Ladstätter. Die Archäologin wird als die "mit Abstand beste Kandidatin" vom zuständigen Wissenschaftsministerium gelobt: Studium der klassischen Archäologie und Alten Geschichte, Promotion Summa cum Laude, Habilitation vor zwei Jahren, seit 14 Jahren in der antiken Stadt Ephesos und dort mittlerweile stellvertretende Grabungsleiterin.

Nun also die erste Frau an der Spitze des Österreichischen Archäologischen Instituts, das seit 110 Jahren vor allem die mediterrane Hochkultur erforscht. Abgesehen von der Überraschung, kommentiert die neue Leiterin des grundlagenforschungsorientierten Traditionsinstituts ihre Bestellung wie folgt: "Ich sehe meine Bestellung natürlich ganz stark auch als 'Ja' zur internationalen Archäologie, zum Stellenwert der österreichische n Archäologie in der internationalen scientific community."
Zweigstellen im Mittelmeer-Raum stärken
Die Schwerpunkte der Grundlagenforschung des ÖAI (übrigens eine wissenschaftliche Anstalt und dem Wissenschaftsministerium nachgereiht) liegen in Ephesos in der Türkei, in Ägypten und in Griechenland.

Ladstätter kündigt an, die Zweigstellen des Instituts in Kairo und in Athen zu stärken - plus eine Zweigstelle in der Türkei zu eröffnen, abgesehen von der Grabung in Ephesos.
Grabungsleitung Ephesos
 


Sabine Ladstätter und Johannes Hahn

Ephesos - das Aushängeschild der österreichischen Archäologie - ist in der Öffentlichkeit (auch) mit ihren Namen verknüpft: Wissenschaftsminister Johannes Hahn wollte die gebürtige Kärntnerin vor zwei Jahren zur Grabungsleiterin ernennen; es wurde nur die Stellvertretung - von Neidern war die Rede, die angeblich versuchten, die Türkei gegen Ladstätter aufzubringen, denn die muss die Leitungsperson absegnen .

Minister Hahn will den Posten für die 40jährige nun noch einmal beantragen: "Ich glaube, in der Zwischenzeit hat sich Frau Dr. Ladstätter auch unseren türkischen Freunden als hinreichend kompetent sowohl als Archäologin als auch als Managerin erwiesen."

Minister Hahn betont auch die gute Zusammenarbeit vor Ort: mehr als 50 Prozent der Forschenden in Ephesos seien türkische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Es sei auch ein erklärtes Ziel, die heimische Wissenschaftsszene stärker einzubinden.
->   Kompromiss im Ephesos-Konflikt
ÖAI-Neuausrichtung
Abgesehen von der Internationalisierung: Sabine Ladstätter hat als neue Leiterin des Archäologischen Instituts mit Amtsantritt am 1.Oktober auch einiges für die Forschung in Österreich vor: weg vom Fokus auf einzelne Orte hin zu größeren, länderübergreifenden Forschungsfragen und Forschungsnetzwerken:

"Weg von dieser ganz starken Orientierung auf einen Fundplatz - wie bspw. Carnuntum oder Mautern - sondern hin zu größeren Fragestellungen". Als Beispiel nennt die neue Leiterin das laufende Bernsteinstraßen-Projekt am des Österreichischen Archäologischen Institut, das in Zusammenarbeit von Österreich, Slowenien, Slowakei und Ungarn einen ganzen Kulturraum erforscht.

Ladstätter übrigens meint, dass sie aufgrund der neuen Führungsposition am Österreichischen Archäologischen Institut die Zeit, die sie in Ephesos mit Grabungen und Forschungen verbringt, nicht drastisch einschränken wird müssen; aber auf die Sommermonate konzentrieren wird.
"Bröseln" am Archäologischen Institut
Die Leitungsstelle ist seit April des Vorjahres ausgeschrieben und seit Ende 2006 interimistisch besetzt.
Der Vorgänger war nach einem Rechnungshofbericht zurückgetreten; darin wurde die regelmäßige Überschuldung kritisiert sowie "fehlende Anstrengungen, die Ausgaben zu reduzieren und mit den Einnahmen in Einklang zu bringen". Als Grund wurden die Kosten für die Überdachung zum Schutz der antiken Hanghäuser in Ephesos genannt. 2007 war von einem Defizit von 2,7 Millionen Euro die Rede - sie wurden durch das Wissenschaftsministerium ausgeglichen. Heute wird das Defizit auf Nachfrage von science.ORF.at auf 2,36 Millionen beziffert.

Die finanziellen Probleme des ÖAI sieht Ladstätter "gelöst"; zudem will sie sich in Zukunft verstärkt um private Sponsoren und europäische Förderungen bemühen. Das Budget beträgt 1,5 Millionen Euro pro Jahr plus 300.000 Euro für Investition plus einer ungenannten Summe für Personal (derzeit beschäftigt das ÖAI 38 Mitarbeiter). Das Budget stammt aus Mitteln des Bundes, des FWF, der Stadt Wien, der Nationalbank und von privaten Sponsoren.

Barbara Daser, Ö1 Wissenschaft, 1.7.09
->   Österreichisches Archäologisches Institut
 
 
 
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01.01.2010