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Novelle zum UG: Mehr Gegner als Befürworter  
  Die lange erwartete Novelle zum Universitätsgesetz 2002 wurde heute im Wissenschaftsausschuss des Nationalrats von SPÖ und ÖVP beschlossen und soll in wenigen Tagen im Plenum verabschiedet werden.  
Allerdings hat das Papier in den Kreisen die es angeht, offenbar mehr Gegner als Befürworter. Den einen geht es zu weit, den anderen nicht weit genug.
Bologna und längere Kettenverträge
Qualitative Zugangsbeschränkungen zu Master- und PhD, also Doktoratsstudien, Studieneingangsphasen und die weitere Umsetzung des dreigliedrigen Bologna -Studiensystems Bachelor, Master, PhD: Das alles ist ebenso in der nun zur Debatte stehenden Novelle zum Universitätsgesetz enthalten wie eine Neuregelung der Arbeitsverhältnisse für freie Dienstnehmer. Bis zu zehn Jahre am Stück sollen freie Lektoren befristete Dienstverhältnisse eingehen können, das sind vier Jahre mehr als derzeit.

Die Gewerkschaft fürchtet, dass das zu schlampigen Arbeitsverhältnissen führen wird, und die ÖH wiederum beißt sich besonders an den von ihr heftig bekämpften Zugangsbeschränkungen fest.
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Eckpunkte der Reform (I)
Studieneingangsphase: In allen Studien ohne gesetzliche Zulassungsregeln müssen die Unis ab 2011/12 eine Studieneingangsphase einrichten, die einen Überblick über die wesentlichen Inhalte des Studiums vermittelt. Deren Prüfungen müssen positiv absolviert werden.

Uni-Zugang: Die Unis sollen für das Master- und PhD-Studium "qualitative Zugangsbedingungen" festlegen können. Allerdings muss es für jedes Bachelor-Studium an einer Uni einen garantierten Master-Anschluss geben, der keine weiteren Zugangsbedingungen als die Absolvierung des Bachelor-Studiums hat. Der Zugang zum Bachelor-Studium bleibt unverändert.

Bachelorstudien: Künftig sollen alle Studien in Bachelor- und Master-Struktur angeboten werden können. Derzeitige gesetzliche Ausnahmen wie die Lehramtsstudien oder Medizin fallen. Arzt werden kann man künftig aber nur nach einem sechsjährigen Studium, abgeschlossen wird weiterhin mit dem Titel Doktor.
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Rektoren-Chef fürchtet um Finanzierung
Eine andere Art von Kritik übt der Dachverband der Rektoren, die Österreichische Universitätenkonferenz: Ihrem Präsidenten, dem Wirtschaftsuni-Rektor Christoph Badelt, geht die Novelle nicht weit genug. Zwar gefallen ihm die Bologna-Umsetzung und die Flexibilisierung der Dienstverhältnisse.

Aber das war es dann auch schon. Die Unis dürfen sich ihre Studenten nach wie vor nicht selbst aussuchen, alleine an der WU drängeln sich vier mal so viele Studienanfänger wie es Plätze gibt; und seit die Studienbeiträge faktisch abgeschafft sind, wird das Eis in Sachen Finanzierung immer dünner, meint Badelt:

"Derzeit werden die Studienbeiträge aus Bundesmitteln noch refundiert, aber das wird unserer Prognose nach nicht mehr lange so sein, da die Studierendenzahlen steigen."
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Eckpunkte der Reform (II)
Studiengebühren-Ersatz: Die Unis erhalten von 2009 bis 2013 jährlich 157 Mio. Euro als Ersatz für den Entfall der Studiengebühren. Aufgeteilt wird dieses Geld nach einem Verteilungsschlüssel, der auch die Zahl der prüfungsaktiven Studenten berücksichtigt. Ab 2014 soll bei der Refundierung die veränderte Studentenzahl berücksichtigt werden.

Gleichbehandlung: In allen Uni-Gremien soll eine 40-Prozent-Frauenquote gelten. Die an jeder Uni eingerichteten Arbeitskreise für Gleichbehandlungsfragen überwachen diese Quote.

Leitung von Organisationseinheiten: Diese war bisher Professoren vorbehalten. Künftig sollen auch andere Uni-Lehrer ("Mittelbau") damit betraut werden können.

Befristete Professuren: Den Unis wird die einmalige Möglichkeit eingeräumt, 20 Prozent ihrer Habilitierten zu befristeten Professuren aufzuwerten.
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Kaum Hoffnung auf baldige Grundsatzdebatte
Dieses Problem werde von der Novelle wie sie derzeit vorgesehen ist nicht behandelt oder gar gelöst, sagt der Rektorenchef: "Es gibt zu wenig Geld für die Zahl der Studierenden, und Regierung und Parlament sind nicht bereit, diesem Problem ins Auge zu schauen."

Und Christoph Badelt hat auch wenig Hoffnung, dass die Novelle von der Politik heute im Wissenschaftsausschuss oder im Lauf der Woche im Plenum des Nationalrates noch entscheidend nachgebessert wird:

"Es ist nicht zu erwarten, dass rund um diese umfangreiche Materie noch in dieser Woche eine Grundsatzdebatte geführt werden wird. Nach der Sommerpause muss es sie aber sehr wohl geben." So bleibt die Novelle zum Universitätsgesetz für Rektorenchef Christoph Badelt also ein Schönwetterpapier, das die wirklich großen Brocken nicht enthält.

Martin Haidinger, Ö1 Wissenschaft, 6.7.09
->   Wissenschaftsministerium
 
 
 
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01.01.2010