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Frau mit neuem Gesicht kann wieder sprechen  
  Mehr als ein halbes Jahr nach der bisher umfangreichsten Gesichtstransplantation der Welt geht es der US-Patientin Connie Culp immer besser. Nun werden Einzelheiten der Marathon-Operation bekannt.  
Ihre behandelnden Ärzte berichten im Fachmagazin "The Lancet" (online) über den Eingriff, bei der Culp 80 Prozent des Gesichts durch das Transplantat einer hirntoten Spenderin ersetzt wurden.
Entstellung durch Schrotflinte
Culp verlor ihre Nase, ihren Mund, ihre Haut und Gesichtsnerven, nachdem ihr Mann ihr 2004 mit einer Schrotflinte aus geringer Distanz ins Gesicht geschossen hatte. Als sie sich zu der risikoreichen Transplantation entschloss, hatte sie bereits 23 gesichtschirurgische Eingriffe hinter sich, berichten Chirurgen um Maria Siemionow vom Cleveland-Krankenhaus im US-Bundesstaat Ohio.

Trotz dieser Operationen konnte die Frau nicht aus einer Tasse trinken, hatte keinen Geschmackssinn und schämte sich, mit ihren entstellten Zügen in der Öffentlichkeit aufzutreten.
Gesicht an Adern und Nerven "angeschlossen"
An der 22-stündigen Transplantation waren dem Bericht zufolge acht Chirurgen beteiligt. Von dem Gesicht der Spenderin erhielt Culp die Nase, die Oberlippe, die Unterlider, das obere Gebiss mit Schneidezähnen, den Gaumen und verschiedene Drüsen.

In einem ersten Schritt wurden die Knochenanteile des Transplantats entfernt und Venen und Arterien des Spendergesichts mit der Empfängerin verbunden, schreiben die Mediziner in "Lancet". Nach zwei Stunden und 40 Minuten sei durch eine Rosafärbung des Transplantats sichtbar geworden, dass es durchblutet wurde. Die Ärzte verbanden daraufhin die Gesichtsnerven.
Reha: Sprechen, Riechen, Essen
Nach der Operation begann die Patientin mit der Einnahme von Medikamenten gegen Abstoßungsreaktionen, täglicher Physiotherapie und Sprachtraining. Am 47. Tag nach dem Eingriff gab es den Angaben zufolge eine kurze Phase der Hautabstoßung, die aber erfolgreich behandelt werden konnte. Nach einem halben Jahr habe Culp erstmals wieder Gefühl im Gesicht verspürt.

Sie habe weiterhin Probleme beim Bewegen von Oberlippe und Unterlidern. Der Geruchssinn sei aber wiederhergestellt, außerdem könne die Frau feste Nahrung zu sich nehmen und deutlicher sprechen. Die Patientin habe seit der Operation an Selbstbewusstsein gewonnen. "Sie freut sich darauf, ihr Sozialleben wieder aufzubauen und anderen zu helfen, die ähnlich entstellt wurden", heißt es in der Studie.
Bisher sieben Gesichter transplantiert
Das Krankenhaus in Cleveland war das erste in den USA, das ein Gesicht teilweise transplantierte. Insgesamt wurden weltweit bisher sieben Teiltransplantationen von Gesichtern vorgenommen, zwei Patienten starben in der Folge.

Die weltweit erste Transplantation dieser Art gelang 2005 in Frankreich an einer 38-Jährigen, deren Gesicht von ihrem Hund zerbissen worden war. Eine vollständige Gesichtstransplantation, die auch die oberen Augenlider einschließen würde, gilt bisher noch als technisch kaum zu bewältigen.

[science.ORF.at/APA/AFP, 15.7.09]
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01.01.2010