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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Klimawandel könnte Erdachse verschieben  
  Durch wärmere Ozeane könnte sich die Lage der Pole der Erde verändern, wie Wissenschaftler der NASA anhand von Modellrechnungen herausgefunden haben. Für die Menschheit entstünden dadurch aber keine dramatischen Änderungen.  
Das Wabbeln der Erde
Schmelzende Gletscher, ansteigende Meeresspiegel oder Wetterextreme - manche Folgen des Klimawandels sind deutlich sichtbar und wirken sich auf Natur und Landwirtschaft aus. Nun dürfte durch den Klimawandel noch ein weniger sichtbarer Effekt hinzukommen: Wenn sich die Meere erwärmen, wird die Masse auf der Erde anders verteilt. Dadurch kann sich die Erdachse und die Lage der Pole verändern, wie ein Team um den Ozeanografen Felix Landerer von der NASA in der Fachzeitschrift "Geophysical Research Letters" schreibt (Abstract, sobald online).

Dass sich das Wasser der Meere durch die Klimaerwärmung ausdehnt, ist nicht neu. Bisher hat man aber angenommen, dass sich das nur auf die Rotationsgeschwindigkeit auswirkt - wie bei Eiskunstläufern, die bei einer Pirouette die Arme anziehen oder wegstrecken.

Wenn die Masse jedoch ungleich verteilt ist, ändert sich aber auch die Achse, sagt Maik Thomas vom deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam. Die Erde beginnt zu schlingern. Dieser Effekt wurde bisher für vernachlässigbar gehalten. Landerer und seine Kollegen haben nun herausgefunden, dass die Masse des Wassers durch unterschiedliche Wassertiefen aber ungleich verteilt wird. Die Pole könnten dadurch um 1,5 Zentimeter pro Jahr wandern.
Schwingung, Laub und Regen
Die Pole der Erde wären auch ohne den Klimawandel nicht fix. Zum einen schwingt die Erde: In einem Rhythmus von etwa 432 Tagen bewegen sich die Pole daher um bis zu sechs Meter. Dazu kommen jahreszeitliche Schwankungen der Masse durch Laubfall, Schnee und den Wasserstand der Flüsse.

Ein weiterer Effekt: Vor 21.000 Jahren war deutlich mehr Eis auf der Erde als heute - das letzte glaziale Maximum. Seit das Eis taut, hebt sich die vom Gewicht befreite Gesteinsschicht. Dadurch wandern die Pole um zirka zehn Zentimeter pro Jahr. Außerdem schmilzt das Eis Grönlands ab, was die Pole um weitere 2,6 Zentimeter verschiebt. Diese einzelnen Polbewegungen können nun in die gleiche Richtung wirken und sich verstärken. Sie können einander aber zum Teil auch aufheben.
Geringe Folgen
Nachdem die Ozeane 80 Prozent der zusätzlichen Hitze durch Treibhausgase aufnehmen und Wärme lange speichern, könnte der neu entdeckte Effekt Landerer zufolge lange andauern - Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte.

Dass die neu entdeckte Polbewegung aber ihrerseits das Klima beeinflusst, glaubt Landerer nicht. Auch Thomas ist überzeugt, dass die Menschheit außer mit ausgeklügelten Messmethoden davon nichts merkt. Effekte für die Landwirtschaft wären dadurch nicht zu erwarten; die natürlichen Polbewegungen seien zudem ohnehin stärker.
Neue Methode, um den Klimawandel zu beobachten
Thomas hofft aber, dass man nun eine neue Größe hat, aus der man auf klimarelevante Parameter schließen kann. Das könnte ähnlich funktionieren wie beim Klimaphänomen "El Nino". Dieses lässt die Erde langsamer rotieren, was sich an den Tageslängen ablesen lässt. Aus den Tageslängen und wiederum kann man daher Rückschlüsse darauf ziehen, wie sich "El Nino" verändert - und damit, wie stark sich das Klima wandelt.

Mark Hammer, science.ORF.at, 24.8.09
->   Felix Landerer
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01.01.2010