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Wiener entdeckt "Venus von Orkney"  
  Einem Wiener Archäologen ist bei Grabungen auf der Orkney-Insel Westray ein Sensationsfund geglückt. Er hat in den Überresten eines jungsteinzeitlichen Hauses eine menschliche Figur aus Sandstein entdeckt.  
Wie Jakob Kainz im Gespräch betonte, handelt es sich um die erste in Schottland entdeckte derartige Darstellung, in ganz Großbritannien seien bisher nur zwei weitere ähnliche Figuren gefunden worden. Experten werten laut BBC den Fund als erstaunliche Rarität, der schottische Kulturminister Mike Russell sprach vom ersten bekannten Gesicht Schottlands.

Die archäologische Fundstelle "Links of Noltland" an der Nordküste Westrays mit jungsteinzeitlichen und bronzezeitlichen Siedlungsresten ist seit den 1980er Jahren bekannt. Kainz arbeitet seit drei Jahren an dem Ort. In der vergangenen Woche hat der 27-jährige, aus Wien stammende Archäologe die Figur bei den Grabungen im Schutt eines bäuerlichen, jungsteinzeitlichen Haus entdeckt.
Typische Venus-Figur
 
bild: APA, CROWN COPYRIGHT

Mit einem Alter von rund 5.000 Jahren ist die Figur zwar deutlich jünger als etwa die mehr als 25.000 Jahre alte, in der Wachau gefundene "Venus von Willendorf", ihre Darstellung erinnert aber dennoch an andere "Venus"-Figuren. Sie wurde aus rotem Sandstein geschliffen, ist etwa 3,5 mal drei Zentimeter groß und etwa ein Zentimeter stark.

Auf dem runden Kopf sind Augenbraue, Augen und eine Nase eingraviert, auf dem rautenförmigen Körper zwei Kreise, die als Brüste interpretiert werden können. An der Seite sind Arme eingeritzt, auf der Rückseite ein regelmäßiges Muster, das als Kleidung gesehen werden könnte.

"Es war einer dieser Heureka-Momente, niemand aus unserem Team hatte jemals zuvor so etwas gesehen", beschreibt der Archäologe Richard Strachan von "Historical Scotland" laut BBC den Moment, als Kainz die auf der Figur haftende Erde beseitigte und die Gravierungen zum Vorschein kamen. Kulturminister Russell bezeichnete den Fund als überaus bedeutsam, "derartige Darstellungen aus dieser Zeit sind in Großbritannien äußerst selten".
Unglaublich gut erhaltene Funde
Der gebürtige Wiener Kainz studierte nach der Matura in Southampton Archäologie und absolvierte sein Masterstudium an der University of the Highlands and Islands, deren Archäologie-Abteilung ihren Sitz auf Orkney hat. Seit Abschluss des Studiums arbeitet er als freier Archäologe, den Fund machte er als Mitarbeiter eines privaten Archäologie-Unternehmens, das im Auftrag der Regierungsagentur "Historical Scotland" die Grabung durchführt.

Weil auf den Orkney-Inseln kein Holz, sondern nur Steine für Gebäude verwendet wurden, seien die steinzeitlichen Funde unglaublich gut erhalten, ein Traum für jeden Archäologen, so Kainz. Die Überreste der Siedlung würden in Sanddünen liegen, so dass auch Knochenfunde, wie etwa Knochenwerkzeuge, sehr gut die Jahrtausende überdauert hätten. Allerdings würden die Funde in den Sanddünen durch die Winderosion zunehmend freigelegt und dadurch sukzessive zerstört.

[science.ORF.at/APA, 25.8.09]
 
 
 
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01.01.2010