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Trendradar: Die Zukunft der Gesellschaft  
  Ein Workshop bei den Alpbacher Technologiegesprächen widmete sich gesellschaftlichen Zukunftsfragen: Ein Bericht über Energie, Klimawandel und neue Kommunikationstechnologien.  
Visionen und Wachstumskritik
"Über allem steht für mich der Mut zur Vision", sagt Karl Kienzl, stellvertretender Geschäftsführer des Umweltbundesamtes, in den Schlussworten der Veranstaltung. Und visionär durfte es beim Technologieworkshop in Alpbach durchaus zugehen. Gefragt waren Ideen, wie es im Schatten der Wirtschaftskrise mit der Gesellschaft weiter gehen soll und welche Rolle neue Technologien dabei spielen können und sollen.

Beim visionären Denken kratzten die Teilnehmer dann auch an so manchen Grundprinzipien. So wurde etwa mehrmals das grenzenlose Wirtschaftswachstum hinterfragt. Auch dass der Markt sich selbst reguliert, wurde angezweifelt. "Wenn jemand sagt, dass sich der Markt durch die Krise selbst reguliert hat, finde ich das zynisch, weil die Kollateralschäden einfach zu groß sind", sagt Klaus Malle von der Beratungsfirma Accenture.
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Das Thema der diesjährigen Alpbacher Technologiegespräche lautete "Vertrauen in der Krise - Zukunft gestalten". Der Workshop wurde von der Initiative Risiko:Dialog des Umweltbundesamtes, von Ö1 sowie von Accenture Österreich organisiert - mit Unterstützung des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie.
->   Technologiegespräche 2009
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Die zwei Seiten der Technik
Technik wurde von den Workshopteilnehmern zwiespältig gesehen. Dies zeigte sich etwa bei der Rolle virtueller Räume, in denen Menschen fühlen könnten, was sie real gar nicht erleben. Würde man etwa in so einem Raum Folgen des Klimawandels - zum Beispiel Unwetter oder Hitze - auf der eigenen Haut erfahren, könnte das Verständnis dafür steigen. Ob aber der virtuelle Sonnenuntergang am Sandstrand der Südseeinsel ohne den dafür nötigen Langstreckenflug ein passabler Ersatz für das echte Erleben sei, daran zweifelten die Teilnehmer des Workshops.

Diskutiert wurden Möglichkeiten, wie Technik das Alltagsleben in der Zukunft gestalten könnte: Ans Heim gebundene Pensionisten könnten sich mittels Videokonferenzen sozial austauschen; auf Autobahnen könnte man sich mit sogenannten elektronischen Deichseln in den Verkehr einklinken, diese hielten dann den Kurs und automatisch Abstand zu anderen Autos. Bei der nächsten Abfahrt würde man sich wieder ausklinken und das Steuer übernehemen. Die Teilnehmer reagierten auf diese Idee begeistert - "endlich kann ich beim Autofahren lesen" - oder mit Stirnrunzeln.

Dass erneuerbare Quellen in Zukunft hundert Prozent unserer Energie liefern könnten, darin waren sich die meisten Teilnehmer einig. Dass Gentechnik den Hunger auf der Welt beseitigen könne, wurde hingegen bezweifelt.
Argumente auf dem Tischtuch
 
Bild: Umweltbundesamt/M¿rth

Auf die sonst üblichen Frontalvorträge oder Podiumsdiskussionen wurde beim Technologieworkshop in Alpbach bewusst verzichtet. Stattdessen fand ein so genanntes Worldcafe statt, das folgendermaßen ablief:

Mehrere Tische wurden jeweils einem Diskussionsthema gewidmet; an jedem Tisch saßen Experten, die die Gespräche moderierten. Die Teilnehmer wechselten in regelmäßigen Abständen von Tisch zu Tisch und schrieben ihre Gedanken und Argumente mit Filzstiften auf das Tischtuch. Wer an eine neue Station kam, konnte so die Diskussionen der vorangegangenen Runden nachlesen und selbst etwas ergänzen.
Die Werte, der Staat und das Heft in der Hand
Die Teilnehmer des Workshops sprachen sich für einen Wertewandel in der Gesellschaft aus. Für Kienzl heißt das etwa, dass bei Fragen der technologischen und wirtschaftlichen Entwicklung auch Sozialwissenschaftler eingebunden werden müssen. So wurde etwa auch beim Thema Energie betont, dass manche neue und erneuerbare Energietechniken von der Gesellschaft nicht angenommen werden, wenn nicht auf die Bedürfnisse der Menschen eingegangen wird.

Ein weiterer Wunsch war, dass die Bürger mehr gestalten können. "Der Bürger muss das Heft wieder in die eigene Hand nehmen", sagt Malle in der Zusammenfassung des Workshops. Die Politik müsse dafür aber auch harte Akzente setzen - etwa durch eine ökologische Steuerreform als Motivation und durch mehr bei Risiko- oder Ressourcenkosten. Kosten, die Teile der Gesellschaft verursachen, sollten nicht sozialisiert werden.
Datenschutz und mündige Bürger
Aber auch von einzelnen Bürgern wurde ein verantwortungsvoller Umgang verlangt. So könne etwa Technologie den steigenden Energieverbrauch nicht senken, wenn immer mehr neue Geräte in den Haushalten angeschafft werden. Mündige Bürger sollten etwa ein Bild davon haben, wie viel Energie sie verbrauchen und auch selbst Maßnahmen setzen.

Konkrete Wünsche gab es auch in Bezug auf neue Medien. Zum einen wurde von Firmen eine neue Ethik im Umgang mit Daten verlangt. Durch eine Art "Beweislastumkehr" sollen Firmen Daten nur mehr dann weitergeben dürfen, wenn dem ausdrücklich zugestimmt wird - derzeit müsse meist aktiv Einspruch erhoben werden.

Viele junge Menschen seien sich aber auch des Risikos der neuen Kommunikationstechniken nicht bewusst und gingen mit ihren eigenen Daten zu sorglos um. Für diesen Fall schlagen die Workshopteilnehmer eine "Gib-Acht"-Aktion vor - angelehnt an Helmi, der Kinder und Jugendliche vor Gefahren des Straßenverkehrs warnt.

Mark Hammer, science.ORF.at, 4.9.09
->   Initiative Risiko:Dialog
->   Accenture Österreich
Aktuelles zu den Alpbacher Technologiegesprächen 2009:
->   BBC als "Mutter der Kreativität"
->   Die Zukunft der Stammzellforschung
->   Forschungsbudget: Zehn Jahre per Gesetz
->   "Ich frage mich, warum man Rankings machen soll"
->   E-Forum Alpbach: Entwicklungspolitik heute
 
 
 
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01.01.2010