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China und USA könnten "ergrünen"  
  Schlecht steht es um die Umwelt angesichts des stetig wachsenden globalen Energiebrauchs. Doch das müsste nicht so sein, wie Berechnungen zeigen. China könnte ein Vielfaches seines Strombedarfs durch Windenergie decken, auch die USA könnte möglicherweise komplett auf Solarenergie umstellen. Wenn man denn wollte.  
Winds of Change
Bild: Haiying Chen
Das aktuelle Cover von "Science": Windturbinen aus der Provinz Shanxi
unweit der Großen Mauer.
Winde des Wandels, einst von Eric Burdon sowie den Scorpions besungen, könnten nun auch in der globalen Energiepolitik Einzug halten. Zumindest theoretisch: Denn wie Umweltforscher um Michael B. McElroy im Fachblatt "Science" (Bd. 325, S. 1378) berichten, stecken in Windkraftwerken ungeheure Potenziale.

Der Professor von der Harvard School of Engineering and Applied Sciences hat mit seinem Team ein Modell entwickelt, das meteorologische Daten der NASA mit geografischen und ökonomischen Größen kombiniert - und damit folgendes Szenario durchgerechnet: Was wäre, wenn China, gegenwärtig größter CO2-Emmittent sowie zweitgrößter Energieproduzent der Welt, seine Stromproduktion komplett auf Windenergie umstellen würde?

Die Antwort fällt laut Modell höchst positiv aus. Würde die Volksrepublik tatsächlich diesen Weg einschlagen, könnte sie bei nur 20-prozentiger Auslastung ihrer Windkraftanlagen jährlich 24,7 Petawattstunden (= Tausend Millionen Megawattstunden) Elektrizität herstellen. Zum Vergleich: Gegenwärtig verbraucht China lediglich ein Siebtel dessen. Die Windkraftwerke könnten somit bis ins Jahr 2030 den gesamten Strombedarf der Volkswirtschaft mit dem weltweit größten Wachstumshunger decken.
"Die Frage ist: Welche Alternativen hat China?"
 
Bild: EPA

Südkorea zeigt im Kleinen vor, wie es im Großen gehen könnte: 20 Windkraftanlagen in der Provinz Gangwon produzieren genug Energie, um 30.000 Haushalte in der Region zu versorgen.

"Die Welt ringt mit der Frage, wie wir von einer Kohlenstoff-basierten Energieversorgung zu einer Kohlenstoff-freien kommen können", sagt Michael McElroy. "Aber die eigentliche Frage für den Globus ist: Welche Alternativen hat China?"

Technologisch wäre eine Umstellung auf umweltschonende Verfahren machbar, und auch in finanzieller Hinsicht scheint sie nicht unmöglich. 900 Milliarden US-Dollar (ca. 618 Mrd. Euro) wären zu gegenwärtigen Preisen notwendig, um den Umstieg zu vollziehen, rechnen die Forscher vor. "Die Windfarmen würden lediglich eine halbe Million Quadratkilometer Land verbrauchen. Die Standflächen der Turbinen wären deutlich geringer, ließen also eine landwirtschaftliche Nutzung zu", sagt Xi Lu, ein Co-Autor der Studie.
Noch keine Trendwende
Allerdings gibt es zwischen dem Möglichen und dem Realen eine nicht zu verleugnende Diskrepanz, beträgt doch der gegenwärtig Anteil der Windkraft an der chinesischen Energieproduktion lediglich 0,4 Prozent. Und kalorische Kraftwerke werden im Reich der Mitte nach wie vor in unverminderter Zahl errichtet, wie McElroy zugibt: "China baut pro Woche mehrere Kohlekraftwerke, um die wöchentliche Steigerung der Stromproduktion um ein Gigawatt aufrecht zu erhalten. Wir hoffen, dass unsere Studie einen positiven Einfluss hat."

Optimistisch stimmt zumindest folgendes Faktum: 2005 hat China ein Gesetz für erneuerbare Energien verabschiedet, das alternativen Projekten einen steuerlichen Vorteil gewährt. Die Maßnahme scheint zu wirken. China liegt in Bezug auf die Größe bestehender Windfarmen bereits auf Platz vier der Welt, und die Wachstumskurve zeigt steil nach oben.
Solarzellen für Amerikas Straßen
Derweil man im Reich der Mitte die Kraft des Windes mit der Kraft des Marktes zu vereinen sucht, wird in den USA eine großflächige Anwendung von Solarzellen diskutiert. "Solar Roadways", ein Unternehmen im US-Bundesstaat Idaho, will sämtliche Straße des Landes mit drei Mal drei Meter großen Solarzellen pflastern.

Als Argument führt die Firma an, das Straßennetz der USA sei ohnehin in einem schlechten Zustand - da könne man das Nützliche doch mit dem Nützlichen verbinden und den neuen Asphalt mit Solarzellen ausstatten. Eine Studie in einem Fachjournal kann Solar Roadways zwar nicht vorweisen, die Firma hat jedenfalls Berechnungen angestellt, laut denen die Solarzellen im Asphalt das Dreifache des derzeitigen Stromverbrauchs der USA decken könnten.

Bis es so weit sei, müssten allerdings die Solarzellen stabiler sowie rutschfest gemacht werden, heißt es in einer Aussendung. Schließlich solle auch der neue Belag Lastwagen tragen können und regentauglich sein. Das US-Verkehrsministerium findet diese Ausführungen nicht ganz unrealistisch. Es fördert ein entsprechendes Testprojekt vorerst mit 100.000 Dollar (69.000 Euro).

Robert Czepel, science.ORF.at, 11.9.09
->   Michael B. McElroy
->   Solar Roadways
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01.01.2010