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Ping-Pong mit geladenen Wassertropfen  
  Wassertropfen prallen in einem starken elektrischen Feld voneinander ab wie Tennisbälle. Das Spielfeld: Ein mit Öl und Wasser gefüllter Behälter. Das Resultat: Eine völlig neue Vorstellung von Ladungen und Tröpfchen.  
Anziehungskraft ade
Wasser und Wasser gesellt sich gern. Wasser und Öl sind hingegen ein ungleiches Paar: Wer gerne Salate mit köstlichen Dressings isst, kennt das, wer gerne am Strand liegt und sich mit Sonnencreme einschmiert, auch. Diese beiden widerspenstigen Flüssigkeiten untersuchte William Ristenpart von der Fakultät für technische Chemie an der University of California in Davis. Er traute seinen Augen nicht, als er dabei zufällig entdeckte, dass sich zwei elektrisch verschieden geladene Wassertropfen nicht gegenseitig anziehen. Im Gegenteil: Sie prallen sogar voneinander ab.

"Als ich das zum ersten Mal gesehen habe, war ich unglaublich verwirrt", so der Forscher. Bisher gingen Wissenschaftler davon aus, dass sich gerade elektrisch geladene Tropfen besonders leicht anziehen. Stark geladene Wassertröpfchen belehren die Forscher jetzt eines Besseren.
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Die Studie "Non-coalescence of oppositely charged drops" ist im Fachmagazin "Nature, Band 461" erschienen.
->   Abstract
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Das Experiment
Die Forscher füllten einen Behälter zur Hälfte mit Wasser und zur Hälfte mit Öl. Am oberen und unteren Ende befestigten sie Elektroden in der Flüssigkeit. Mit einer Pipette beförderten sie einen Wassertropfen in das Gefäß. Die so genannte Dielektrophorese brachte das Tröpfchen dazu, sich auf die Elektrode im Öl zuzubewegen - es lud sich auf. Danach bewegte sich der am unteren Ende positiv geladene Tropfen, zur gegenüberliegenden, negativ geladenen Wasseroberfläche - sie zogen sich an und der Tropfen verschwand.
Der Tropfen prallt ab
 
Bild: W.D.Ristenpart, B.Hamlin, U.C.Davis

Das gleiche probierten die Forscher noch einmal - aber diesmal mit einem stärker geladenen, elektrischen Feld. Kurz bevor der Tropfen auf das Wasser traf, zog er sich kegelförmig in die Länge, schien das Wasser kurz zu berühren und prallte aber sofort und mit hoher Geschwindigkeit ab. Entgegen der Schwerkraft machte er sich auf den Weg zur oberen Elektrode. Dort änderte er erneut seine Richtung. Der Tropfen schwamm hin und her - so lange, bis weniger Strom floss.
Wie funktioniert das?
Dieser Prozess erinnert ein bisschen an eine Lavalampe, in der sich bunt gefärbtes Wachs durch Wärmefluss fröhlich auf und ab bewegt. Bei Ristenparts Experiment stoßen sich Wassertropfen voneinander ab - wie erklären sich die Forscher dieses Phänomen?

Durch einen Transport der Ladung: Der Tropfen wandert nach oben, weil die elektrostatische Kraft ihn in diese Richtung zieht. Die erneute Umkehr weist darauf hin, dass die Ladung während des Abstoßens übertragen wird (siehe Video1).
Noch mehr Wassertropfen
Das Forscherteam fügte noch weitere Wassertropfen in den Behälter hinzu. Der Vorgang erinnert an eine Lavalampe, in der schon seit Stunden viele Wachsteilchen auf und ab schweben. Rispenparts Wassertröpfchen bildeten eine Kette und pendelten zwischen ihren Nachbarn hin und her - sie berührten einander zwar, prallten aber gleich wieder voneinander ab.

Während des Abstoßens kam es zu einem Ladungsaustausch - Ionen gingen von einem zum anderen Tropfen über und die elektrische Anziehungskraft neutralisierte sich dadurch. Der Austausch selbst passierte mit Hilfe einer Brücke, die sich kurzzeitig zwischen den Tropfen bildete (siehe Video2).
Nützliche Erkenntnisse?
Wie nützlich sind diese neuen Erkenntnisse? Kommt die Lavalampe 2.0? Leider nein. Die Ergebnisse verändern aber die Vorstellung aller Prozesse, an denen geladene Wassertropfen beteiligt sind.

Viele Forscher arbeiten daran, das sogenannte Westentaschenlabor oder Chiplabor (engl. "Lab-on-a-chip") weiterzuentwickeln. Dieses System bringt die Funktionen eines Labors auf einem kleinen Kunststoffsubstrat unter. Eine Möglichkeit, die Chemikalien dieser Chips zu bewegen ist die elektrische Ladung. Das Wissen über die abprallenden Tropfen könnte die Weiterentwicklung der Chips unterstützen.


[science.ORF.at, 18.9.09]
->   Dielektrophorese
->   Westentaschenlabor
->   Fakultät für technische Chemie an der University of California in Davis
->   Ristenpart Research Group
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Warum Wassertropfen ''platzen'' oder ''springen''
->   Spannung: Wasser bildet Brücke zu zweitem Gefäß
 
 
 
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01.01.2010