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Die Grundlagen des Friedens in der heutigen Welt
Antworten der drei Weltreligionen
 
  Ein Kolloquium an der Internationalen Akademie für Philosophie im Fürstentum Liechtenstein vom 2. bis 6. Juli befasste sich mit den Grundlagen einer "Kultur des Friedens".  
Teilnehmer waren Theologen, Religionswissenschaftler, Philosophen und hochkarätige Vertreter des Judentums, Christentums und des Islam.
Monotheistische Religionen und Gewalt
"Der Krieg ist der Vater aller Dinge" schrieb schon der griechische Philosoph Heraklit. Dies gilt besonders für die blutige Geschichte der drei Weltreligionen, die zahlreiche Kapitel über Verwüstungen, Vertreibungen, Folterungen und Hinrichtungen enthält.

Wie kommt es denn, so stellten sie die Kolloquiumsteilnehmer die Frage, dass ausgerechnet Repräsentanten der monotheistischen Weltreligionen für Ausgrenzung, Hass und Gewalt eintraten.

So empfahl zum Beispiel Martin Luther, "dass man die Synagogen der Juden mit Feuer anstecken und ihre Häuser zerstören solle".
Monotheistische Religionen und der Friede
Bei allen monotheistischen Weltreligionen stand zu Beginn der Friede. So schreibt der Rabbi Chananja "Groß ist der Friede, denn er wird dem ganzen Schöpfungswerk gleichgestellt".

Und im Koran heißt es: "Gott verlangt von uns, sich für den Frieden einzusetzen". Die Sorge um den Anderen ist der zentrale Gedanke des Islam.

Ähnlich friedliebend gibt sich das Christentum. So bezeichnet Augustinus als Grundprinzip der christlichen Lebenshaltung die Friedensbewahrung.
Relativierung des friedlichen Grundprinzips
Die unumstößliche Wertschätzung der Freiheit wird bereits im Koran relativiert. Zwar mahnt der Prophet Mohammed zur Toleranz gegenüber Christen und Juden, er sagt, wer einen Juden oder Christen verletzt, hat auch mich verletzt.

Gleichzeitig ergeht an Mohammed die Aufforderung, "Oh Du Prophet, streite wider die Ungläubigen und verfahre hart mit ihnen." Dieser Vorschlag wurde vornehmlich von vielen christlichen Würdenträgern aufgenommen.

Sowohl die Vorgangsweise gegen innerkirchliche Häretiker wie die Waldenser und Albigenser als auch der Kampf gegen Juden und Moslems waren begleitet von gewalttätigen Ausschreitungen und Massenmorden, wobei das Unrechtsbewusstsein selbst bei relativ sensiblen Klerikern nicht sehr ausgeprägt war.
Wahre Religion - missbrauchte Religion
Trotz der Gräueltaten der monotheistischen Religionen waren sich die Teilnehmer des Kolloquiums darüber einig, dass Hass, Zwietracht, Terrorismus und Kriege nicht dem Wesen der Religionen entsprechen. Vielmehr wurde in diesem Zusammenhang vom Missbrauch und bewusster Abweichung gesprochen.

Die Auffassung eines wahren Kerns der Weltreligionen führte zu verblüffenden Ähnlichkeiten in der Argumentation der Vortragenden.
Wille zum Dialog
Faisal Al Rfouh vom Gandhi Center for Strategic Studies in Amman und Rabbi Naftali Rothenberg vom van Leer Institute in Jerusalem wiesen darauf hin, dass nur der Verzicht auf Gewalt und der Wille zum Dialog dem wahren Kern der Religionen entspreche.

So fordert der Koran die Muslime dazu auf, Differenzen zu beachten und Konflikte durch Verhandlungen zu lösen, eine ähnliche Bedeutung nimmt das Debattieren in der jüdischen Weltsicht ein. Die Kunst der Debatte besteht darin, nicht von einer dogmatischen Sichtweise auszugehen, sondern Probleme differenziert zu betrachten.
Anleitung zum Frieden
"Welches Mittel gibt es, um Gewalt einzudämmen?" Toleranz, Achtung der Menschenwürde und Respekt vor dem Anderen, so lautete der allgemeine Tenor des Kolloquiums.

Ein weiterer wesentlicher Faktor ist die Bildung, deren Bedeutung der an der Hebrew University in Jerusalem lehrende Rechtsgelehrte Shimon Shetreet erläutert.

"Wenn man jemanden besser kennt, kann man ihn besser verstehen und lernt es, ihn zu akzeptieren. Allein die Ignoranz ist die Geburtsstätte des Hasses. Um den Hass zu beseitigen, benötigen wir also Bildung. Bloße Akzeptanz reicht jedoch nicht aus, um ein Zusammenleben auf höchstem Niveau zu gewährleisten, es bedarf des wechselseitigen Respekts, der den Anderen in seinem Anderssein belässt, wie dies die interkulturelle Philosophie fordert. Das führt dann zu einem Pluralismus der Ideologien und Religionen, der die Vielfalt der Menschen und Nationen zulässt."

Nikolaus Halmer, Ö1-Wissenschaft
->   Internationalen Akademie für Philosophie im Fürstentum Liechtenstein
 
 
 
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01.01.2010