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5,5 Millionen Jahre alte Urmenschen-Knochen entdeckt  
  Ein internationales Forscherteam hat Knochen und Zähne des ältesten bisher bekannten Urmenschen entdeckt. Die etwa 5,2 bis 5,8 Millionen Jahre alten Fossilien fanden sich in Äthiopien. Sie deuten darauf hin, dass der Urmensch aus den Wäldern Afrikas stammt und sich nicht erst in der Steppe entwickelte.  
Die Knochen seien im Gegensatz zu dem im vergangenen Dezember vorgestellten sechs Millionen Jahre alten "Millenium Menschen" unzweifelhaft in die Linie der menschlichen Vorfahren einzuordnen, schreibt der US-Forscher Yohannes Haile-Selassie im britische Magazin "Nature" vom Donnerstag.
Zähne als erste Hinweise
Einen Kieferknochen mit Zähnen fand der Wissenschaftler von der University of California bereits 1997. Nach der Freilegung weiterer Knochenfragmente ließen sich die Funde der Gattung Ardipithecus zuordnen. Sie bilden jedoch eine eigene Unterart, den Ardipithecus ramidus kadabba.
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Ardipithecus ramidus
Vor einiger Zeit entdeckte Tim White von der University of California in Berkeley in Äthiopien 4,4 Millionen Jahre alte Hominiden-Fossilien, die primitiver und älter waren als die des bisherigen Rekordhalters Australopithecus afarensis ("Lucy"). White ordnete seine Funde einer neuen Vormenschen-Art zu und benannte sie Australopithecus ramidus. Wenig später stieß Whites Team am selben Fundort sogar auf ein nahezu vollständiges Ramidus-Skelett. Bei näherer Analyse zeigten die Funde derart große Unterschiede zur "Lucy"-Art etwa in ihren viel kleineren Backenzähnen und relativ großen Eckzähnen sowie in dem erstaunlich winzigen Milchmahlzahn, dass White seine Klassifikation korrigierte: Nunmehr hielt er Ramidus nicht mehr nur für eine neue Art, sondern vielmehr für eine neue Gattung, die er Ardipithecus benannte, was soviel wie "Bodenaffe" bedeutet.
->   Mehr zu den verschiedenen Hominiden-Arten
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Ein aufrecht gehender 'Schimpanse'

Zähne und Knochen des neuen Fundes
Dieser Urmensch war etwa so groß wie ein heutiger Schimpanse und ging bereits aufrecht. Den aufrechten Gang belegt ein gefundener Zehen-Knochen, der eine ganz bestimmte für Mittelfußknochen von Zweibeinern typische Form aufweist.

Ardipithecus ist im menschlichen Stammbaum kurz nach dem Punkt einzuordnen, an dem sich in der Evolution die Linien von Mensch und Affen trennen. "Das war vor mehr als 5,5 Millionen Jahren, wie die neuen Funde beweisen", schreibt Haile-Selassie.

Vor seiner Entdeckung war der älteste bekannte Fossilfund, der eindeutig den Hominiden (Menschenartigen) zuzuordnen war, nur rund 4,4 Millionen Jahre alt.
->   Department of Integrative Biology, UC Berkeley
'Millenium Man'
Französische Forscher um Birgit Senut und Martin Pickford hatten im Dezember 2000 in Nairobi mit dem so genannten "Millenium Menschen" zwar sechs Millionen Jahre alte Knochenreste eines menschähnlichen Lebewesens präsentiert. Einige Forscher hatten jedoch bald Zweifel daran, dass dieser mit Sicherheit ein direkter Vorfahr des heutigen Menschen ist ("Nature", Bd. 410, S. 527).

Der Orrorin tugenensis ¿ so sein wissenschaftlicher Name - könnte auch zu einer später ausgestorbenen Linie geführt haben oder direkt zu den Affen, schreibt nun auch Haile-Selassie.
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Millenium Man
6 Millionen Jahre alt sollen sie sein, die in Äthopien Ende letzten Jahres gefundenen Fossilien der frühesten Vorfahren der Menschen, des so genannten "Millenium Man". Ein nahezu perfekt versteinerter linker Oberschenkel-Knochen zeigt, dass der "Millenium Mann" kräftige Hinterbeine hatte, um aufrecht zu gehen. Ein dicker rechter Oberarmknochen macht es wahrscheinlich, dass der er zwar über die Fertigkeit verfügte, auf Bäume zu klettern, diese aber nicht ausreichte, um frei am Ast zu baumeln oder gar von Ast zu Ast zu schwingen. Von der Länge der Knochen konnten Forscher auf die Größe des "Mannes" schließen, die dem eines modernen Schhimpansen entsprochen hat. Der "Millenium Mann" hatte kleine Eckzähne und volle Backenzähne, ähnlich den Zähnen moderner Menschen.
->   Mehr zum Millenium Man
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Spezielle Datierungsmethode
Das Alter der nun entdeckten Fossilien wurde anhand der vulkanischen Gesteinsschichten bestimmt, in denen die Knochen lagen. Dazu verwendeten die Forscher eine spezielle Datierungs-Methode, bei der die Menge des im Fels eingeschlossenen Gases Argon gemessen wird.

Dieses Edelgas ist ein radioaktives Zerfallsprodukt von natürlichem Kalium und reichert sich im Gestein kontinuierlich an. "Es gibt keinen Zweifel am Alter der Fossilien", urteilt Giday WoldeGabriel vom Los Alamos National Laboratory in Mexico.
In feuchter und bewaldeter Umgebung
Genauere Untersuchungen der Sedimentschicht, in der die neuen Funde gemacht wurden, ergaben zudem, dass unsere Vorfahren damals in einer relativ feuchten und bewaldeten Umgebung gelebt haben.

Das widerlegt verschiedene Evolutionsmodelle, die im Klimawandel und der damit verbundenen Entstehung von Grassteppen den Ursprung des Menschen sehen. Andererseits bestätigen die Fossilien die Hypothese, dass die Wurzeln des heutigen Menschen in Afrika liegen.

(APA/red)
->   Artikel in Nature Science Update zu den Fossilfunden
Originalartikel in 'Nature' (Nr. 412, S. 178-181: kostenpflichtig) unter dem Titel "Geology and palaeontology of the Late Miocene Middle Awash valley, Afar rift, Ethiopia".
->   Originalartikel in 'Nature'
 
 
 
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01.01.2010