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Studiengebühren: ÖH-Boykott-Modell gescheitert?  
  Das Studiengebühren-Boykottmodell der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) scheint gescheitert. Die Österreichische Notariatskammer hat ihren Mitgliedern abgeraten, die Treuhandschaft nach den Vorstellungen der ÖH zu übernehmen. Diese spricht von einer "Behinderung eines demokratischen Prozesses".  
Die links-alternative Führung der ÖH wollte, dass Studierende als Protest die Studiengebühr statt auf das Uni-Konto auf ein Treuhandkonto eines Notars einzahlen.

Sollten dies rund 30.000 Studenten tun, hätte die ÖH die Regierung aufgefordert, die Studiengebühren zurückzunehmen.
'Rechtliche und sachliche Bedenken'
Der Medienreferent der Notariatskammer, Georg Zakrajsek, führte am Donnerstag im Gespräch mit der APA "rechtliche und sachliche" Bedenken als Begründung für das Abraten der Kammer an.

Die Verantwortung gegenüber ihren Mitgliedern sei das einzige Motiv dafür gewesen, es gebe "kein politisches Motiv".
Treuhandkonto löst Gebühr nicht ab
Als schlagendste Argumente für das Abraten der Kammer führte Zakrajsek folgende Punkte an: Der Studienbeitrag sei dem öffentlichen Recht zuzuordnen und die Hinterlegung auf einem Treuhandkonto löse die Gebühr nicht ab, so wie man auch ein Strafmandat nicht auf einem Treuhandkonto hinterlegen könne.
Überweisung ist kein Vertrag
Außerdem finde durch eine Überweisung alleine kein Treuhandvertrag statt und die ÖH habe keine Vollmacht des Studenten dafür. Ohne Vertrag wäre der Notar aber nicht versichert und beispielsweise ein Vater, dessen Kind ein Semester wegen des Boykotts verliert, könnte wirtschaftlichen Schaden einklagen.
30.000 Überweisungen unmöglich
Schließlich sei es faktisch unmöglich, 30.000 Überweisungen innerhalb von zwei Wochen durchzuführen, "das geht sich rein rechnerisch nicht aus", so Zakrajsek.
Ratschlag nicht verpflichtend für Notare
Der Rat der Kammer sei zwar nicht verpflichtend für die Mitglieder, die Notare seien selbst verantwortlich, betonte Zakrajsek. Für den Fall, dass eine Haftungsverpflichtung des Notars entstehe, sei der Rat der Kammer aber durchaus relevant, etwa für eine Versicherung.
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Das Studiengebühren-Boykottmodell der ÖH
Die von den Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS), dem Verband Sozialistischer StudentInnen (GRAS) und dem Kommunistischen StudentInnenverband (KSV) gestellte ÖH-Führung wollte in ihrem Boykott-Modell als Treugeberin ein Treuhandkonto einrichten, das von einer Notariatskanzlei verwaltet wird.

Zahlen bis zum 12. Oktober weniger als 30.000 Studenten auf das ÖH-Treuhandkonto ein, wird das Geld fristgerecht auf die jeweiligen Konten der Unis überwiesen. Bei Überschreiten des Quorums will die ÖH-Spitze die Rücknahme der Studiengebühren fordern und mit dem Bildungsministerium darüber verhandeln.
->   Mehr über das Boykottmodell
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Unkalkulierbares Haftungsrisiko?
Die Österreichische Notariatskammer habe "nach gewissenhafter Prüfung der Rechtslage von der Übernahme einer Treuhandschaft nach Vorstellungen der Österreichischen Hochschülerschaft abgeraten", heißt es in einer Aussendung der Kammer vom Donnerstag.

Notare müssten diese Beratungspflicht gegenüber den Studierenden wahrnehmen, "da für sie schwere Nachteile bis hin zur Exmatrikulation und damit für die Studentenfunktionäre bis zum Verlust der politischen Mandate zu befürchten sind".

Da ein Notar die Belehrungspflichten gegenüber den Studierenden nicht bewältigen könnte, wäre damit ein unkalkulierbares Haftungsrisiko gegeben.
ÖH wehrt sich
Die ÖH hat für morgen, Freitag, zu einer Pressekonferenz zum Thema "Studiengebührenboykott: Wie demokratischer Protest behindert wird" eingeladen.

Die ÖH-Vorsitzenden Anita Weinberger (GRAS) und Andrea Mautz (VSStÖ) wollen dabei, wie es in der Einladung heißt, eine "Chronologie der Bemühungen um einen Notar und ein entsprechendes Bankkonto offen legen, die aufzeigen, wie die ÖH als studentische Interessenvertretung und Körperschaft öffentlichen Rechts in ihren Plänen behindert wird".
Notariatskammer widerpricht
Dem widerspricht die Notariatskammer in ihrer Aussendung: "Die Österreichische Notariatskammer hat die Prüfung dieser Frage frei von politischen Überlegungen angestellt und keinesfalls deshalb, um politisch motivierte Aktionen der Hochschülerschaft zu werten, zu unterstützen oder zu verhindern."

Es könne keine Rede davon sein, dass als Begründung für die Haltung der Notariatskammer in dieser Frage ein durch den geplanten Boykott durch dessen Proponenten herbeigeführter Gesetzesverstoß behauptet worden sei.

"Die Österreichische Notariatskammer verwahrt sich daher entschieden gegen jeden Vorwurf, der in diese Richtung zielt, ebenso gegen den Vorwurf der Behinderung demokratischer Proteste".

(APA)
->   Österreichische Hochschülerschaft
->   Österreichische Notariatskammer
 
 
 
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01.01.2010