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Pflanzliche Arzneimittel gefährden Operationserfolg  
  Vor einer Operation sollte die Einnahme von pflanzlichen Arzneimitteln eingestellt werden. Denn auch Phytopharmaka können Herzfrequenz, Blutgerinnung und das Immunsystem beeinflussen sowie die Wirkung anderer bei der Operation notwendiger Medikamente verändern.  
Ein Drittel aller Patienten, die sich einer Operation unterziehen müssen, nehmen Medikamente auf pflanzlicher Basis ein, sagen der Anästhesist Chun-Su Yuan und seine Kollegen von der University of Chicago.

Allerdings geben die Patienten dies gegenüber ihren Ärzten oft nicht an im Vertrauen auf die gute Verträglichkeit der Arzneimittel.

Aber selbst wenn ein Arzt darüber informiert werde, wisse er oft nicht, wie damit umzugehen sei, so Yuan. Denn vieles ist noch unbekannt über die Wirkungsweise der pflanzlichen Arzneimittel.
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Pharmazeutisches Unternehmen ''Mutter Natur''
Die moderne Pharmakognosie, die Lehre von der Heilkraft der Pflanzen, versucht, die Geheimnisse der pflanzlichen Wirkstoffe zu entschlüsseln, steht dabei jedoch vor einer gewaltigen Aufgabe. Denn das ''pharmazeutische Unternehmen'' Mutter Natur kennt ca. 500.000 verschiedene Pflanzenarten. Nicht einmal 10 Prozent davon sind bisher auf eine mögliche Heilwirkung beim Menschen hin untersucht worden.
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Wer beeinflusst wen?
Ein Team von Wissenschaftlern rund um Yuan hat jetzt untersucht, wie sich die pflanzlichen Arzneimittel, die Anästhesie und der chirurgische Eingriff gegenseitig beeinflussen. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Journal of the American Medical Association (JAMA) veröffentlicht.
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Pflanzliche Arzneimittel - Phytopharmaka
Die Weltgesundheitsorganisation, WHO definiert Phytopharmaka folgendermaßen: Phytopharmaka sind Arzneimittel, deren wirksame Bestandteile ausschließlich aus pflanzlichem Material bestehen, wie beispielsweise Pflanzenpulver, Pflanzensekrete, ätherische Öle oder Pflanzenextrakte. Die wenigsten Pflanzenpräparate erzielen ihre Wirkung allerdings auf Grund eines einzigen Inhaltsstoffes. Vielmehr verdanken Phytopharmaka ihre Wirkung dem komplizierten und teilweise noch unerforschten Zusammenspiel mehrerer Wirkstoffe. Dadurch steigt aber auch die Gefahr von Nebenwirkungen. Denn für Phytopharmaka gilt, wie auch für chemisch gefertigte Medikamente: Je mehr Wirkstoffe desto größer das Risiko für Nebenwirkungen.
->   Über die Behandlung mit Phytopharmaka
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Echinacea, Ginseng, Johanniskraut und Co.
Anhand der verbreitetsten pflanzlichen Arzneimittel beschreiben die Wissenschaftler, welche Mittel mit welchen Risiken verbunden sind. So kann die Einnahme von Echinacea, Knoblauch, Ginko, Ginseng, Kava, Johanniskraut und Baldrian vor während und nach der Operation zu Komplikationen führen.

Diese Komplikationen können durch die Phytopharmaka selbst oder durch ihre Wirkung auf andere Medikamente ausgelöst werden.
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Die selbe Pflanze, unterschiedliche Wirkung
Baldrian ist nicht gleich Baldrian, Ginseng nicht gleich Ginseng - die Wirkstoffzusammensetzung in einer Arzneidroge kann stark variieren. Der Gehalt an Wirkstoffen wird durch innere (genetisch determinierte) und äußere Faktoren (Boden, Witterung, etc.) bestimmt. Nur eine exakte chemische Analyse kann über den tatsächlichen Wirkstoffgehalt Auskunft geben. Außerdem kommt es darauf an, welcher Teil der Pflanze verwendet wird: Die Wurzel zum Beispiel hat unter Umständen ganz andere Wirkstoffe als das Blatt oder die Blüte.
->   Wirk- und Inhaltsstoffe von Phytopharmaka
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Direkte Nebenwirkungen
Knoblauch-, Ginko- und Ginsengpräparate beeinflussen etwa die Blutgerinnung und können zu unerwünschten Blutungen während der Operation führen.

Ephedra distachya, das so genannte Meerträubchen beeinflusst die Herzgefäße negativ. Ginseng kann auch den Blutzuckerspiegel senken und Echinacea führt manchmal zu Wundheilungsstörungen.
Wirkung auf andere Medikamente
Kava- und Baldrianpräparate können die betäubende Wirkung von Anästhetika vervielfachen und so den Patienten in Gefahr bringen. Johanniskraut verändert den Metabolismus und somit die Wirkung verschiedener Medikamente.
Wann sollen pflanzliche Arzneimittel abgesetzt werden?
Bei manchen pflanzlichen Mitteln reicht es, wenn sie 24 Stunden vor dem chirurgischen Eingriff abgesetzt werden. Die Einnahme von Ginseng, Knoblauch oder Johanniskraut muss schon eine Woche vor dem Eingriff eingestellt werden, fordern die Ärzte.

(red)
->   Journal of the American Medical Association (JAMA)
->   Alles über Phytopharmaka
->   Phytotherapie - Die Anwendung von Heilpflanzen
 
 
 
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01.01.2010