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Buchbesprechung: Alltag zur Zeit Jesu Christi  
  Wer in diesen Wochen eine Reise ins östliche Mittelmeer unternimmt, mag angesichts von altertümlichen Pferdegespannen, oder orientalischen Trachten die Frage stellen, was sich an der Lebensweise der Menschen in diesen Ländern während der letzten zweitausend Jahre wohl geändert hat.  
Eine vielseitig Antwort gibt da ein Buch des international renommierten Papyrologen Carsten Peter Thiede . "Ein Fisch für den römischen Kaiser" aus dem "Bastei Lübbe"- Verlag schildert das Leben von Juden, Griechen, Römern und anderen Völkern zur Zeit Jesu Christi.
Amüsant zu lesen
Mag sie auch ausgesprochen leicht und amüsant zu lesen sein: "Billig" gibt es Carsten Peter Thiede in seiner Alltags- und Kulturgeschichte nicht . Denn antike Alltagsgeschichten , die sich in der bloßen Aufzählung von Kochrezepten und Bekleidung- Details ergehen, sind schon genug auf dem Markt .

Der Forscher Thiede hingegen geht weit tiefer : Er macht klar, woher Mentalitäten und Haltungen des heute so genannten Nahen Ostens kommen und gräbt damit nach Wurzeln unserer eigenen Gegenwartskultur, die sich um die Zeitenwende gebildet haben und über das frühe Christentum auch in den Westen austrieben.
Was Jesus im Theater sah
So beschreibt er packend, was Jesus und seine Zeitgenossen wohl im Theater gesehen haben mögen und erklärt aus der Schauspielerei des antiken Jerusalem fast alles : Von der Stellung der Frau bis zur zweckmäßigen Theatralik im Gottesdienst. Und aus dem erlernten Beruf Jesu schließt er dessen engen Beziehung zum Theater.

Thiede sieht Jesus nicht eigentlich als Zimmermann, sondern als Bauarbeiter, der am Bau mindestens eines großen Theaters mitgewirkt hat ; als Publikum römisch- griechischer Tragödien könnte er sich jene Anregungen für die Vermittlung seiner Lehre geholt haben, die das Christentum dann in der ganzen römischen Welt so erfolgreich gemacht hat.
Antikes Web
Möglich wurde das unter anderem durch das jüdisch-christliche World Wide Web der Antike : Den geradezu blitzartigen Informationsaustausch über die Synagogen im ganzen Reich. Thiede rechnet eindrucksvoll vor dass Informationen binnen weniger Wochen, ja Tage quer durch Europa gehen konnten ¿bedeutend schneller als später im Mittelalter oder der frühen Neuzeit.

So entsteht das Bild einer antiken kosmopolitischen Gesellschaft- genau die richtige Lektüre für Erholungssuchende , die unter dem Sonnenschirm den Kultursprung ihrer Reise verdauen wollen.

Martin Haidinger, Ö1Wissenschaft
 
 
 
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01.01.2010