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Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Klimagipfel: Bestandsaufnahme der ersten Tage  
  Seit Montag verhandelt man in Bonn über den Klimaschutz, allerdings waren in der ehemaligen deutschen Hauptstadt bisher nur die Beamten anwesend - die Minister nehmen erst heute teil. Doch auch aus den ersten drei Tagen lassen sich bereits deutliche Tendenzen ablesen: Die Klimaschutz-Ziele von Kyoto wurden bereits um ca. die Hälfte verringert.  
Rund die Hälfte der strittigen Punkte geklärt
Wenn man es in Zahlen fassen würde, müsste man sagen: 50 Prozent. Etwa die Hälfte der strittigen Punkte ist von den Beamten soweit vorgeklärt, dass die Politiker jetzt die Entscheidungen treffen können.
Halbierung der Ziele von Kyoto
De facto läuft dies tatsächlich auf eine Halbierung der Klimaschutz-Ziele von Kyoto hinaus: Die Industriestaaten hatten sich im so genannten Kyoto-Protokoll verpflichtet, die Treibhausgase insgesamt um 5,2 Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken, doch tatsächlich steht man im Augenblick nur noch bei rund 2,8 Prozent - und es wird weiter verhandelt.
->   Kyoto-Protocol
Das Kyoto-Protokoll wird verwässert, wobei dies natürlich mit buchhalterischen Tricks gemacht wird. Um ein Beispiel zu nennen: Wenn ein Land seinen Treibhausgas- Ausstoß verringern soll, dann wird z.B. angerechnet, dass es Wald hat.
Strittige Frage: Kapazität des Waldes
Das ist unter anderem bei Japan der Fall. Die strittige Frage: wie viel von diesen Treibhausgasen kann der Wald tatsächlich binden? Was offiziell eingeschätzt wird und was die Wissenschaft sagt, wie viel der Wald im Stande ist zu binden, dazwischen klafft eine große Lücke.
Zugeständnisse an Japan
Bei Japan ist dies beispielsweise der Fall. Die Japaner werden sehr viel mehr zugestanden bekommen, als der Wald tatsächlich an Treibhausgasen binden kann. Sie können dadurch ihren Treibhausgas-Ausstoß weniger stark verringern, als es eigentlich das Ziel von Kyoto gewesen wäre.
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Aufforstung: Lösung für den Klimaschutz?
Wissenschaftler der britischen "Royal Society" veröffentlichten kürzlich eine Studie zum Nutzen von Aufforstungen für den Klimaschutz: Die Methode könne langfristig nicht die Reduktion des Treibhausgas-Ausstoßes ersetzen, so das Ergebnis.
->   Mehr dazu in science.orf.at
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Letztendlich eine politische Entscheidung
Letztendlich ist es eine politische Entscheidung, wie weit man jedem einzelnen Staat entgegenkommt. Japan ist das Zünglein an der Wage. Denn nur wenn Japan beim Klimaschutz mitzieht, kann das Kyoto-Protokoll in Kraft treten.
Positive Auswirkungen für Österreich?
Für ein Land wie Österreich, dass über sehr viel Waldfläche verfügt, kann die Anrechnung von Wald positive wie negative Auswirkungen haben. Denn tatsächlich wird von Land zu Land unterschiedlich bewertet werden. Österreich als kleines Land muss darauf achten, dass es sozusagen nicht unter die Räder gerät.
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Kohlenstoffbilanz des österreichischen Waldes
In einer gemeinsamen Publikation des Umweltbundesamtes und der Forstlichen Bundesversuchsanstalt werden die Möglichkeiten und Grenzen des Waldes als Klimaverbesserer kritisch beleuchtet. Ein Beitrag dazu von Klemens Schadauer (Forstliche Bundesversuchsanstalt) und Peter Weiss (Umweltbundesamt) über deren soeben erschienene Publikation "Die Kohlenstoffbilanz des österreichischen Waldes und Betrachtungen zum Kyoto-Protokoll" wurde in science.orf.at publiziert.
->   Mehr dazu: Kohlenstoffspeicher Wald
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Die Rolle der USA in Bonn
Soweit man von den Delegationen hört, die in Bonn verhandeln, halten sich die USA tatsächlich an das, was sie bereits im Vorfeld angekündigt hatten. Man nennt das eine konstruktive Mitarbeit: Sie werden beim Klimaschutz nicht mitmachen, sie werden aber auch kein Veto einlegen und sich bei den Abstimmungen nicht querlegen.

Doch werden die USA eben auch nicht für all diese Dinge stimmen, die hier beschlossen werden sollen. Dadurch ist es ihnen möglich, nicht mitzumachen aber dennoch am Verhandlungstisch zu sitzen und andere Staaten zumindest nicht daran zu hindern, Klimaschutz zu betreiben.
Signale der Japanischen Delegation
Von der Japanischen Delegation kommen momentan ganz unterschiedliche Signale. Die anderen Delegationen, die mit den Japanern verhandeln, erzählen in Bonn, dass diese sich sehr schwankend verhalten - einmal Ja und einmal Nein sagen.
Man will sich nicht festlegen
Das hängt wohl auch mit der derzeitigen innenpolitischen Situation in Japan zusammen. Dort ist Wahlkampf und Ministerpräsident Koizumi will sich im Augenblick nicht festlegen. Das scheint auch das Signal zu sein, dass in Bonn immer wieder ankommt. Man will hier offenbar keine Entscheidung treffen.
Entgegenkommen von Seiten der Europäer
Die Japaner versuchen damit, sich eigene Verhandlungsvorteile zu verschaffen. Letztendlich werden die Europäer versuchen, Japan soweit entgegen zu kommen, dass sich Japan nicht mehr querlegen kann. Auch auf die Gefahr hin, dass das Ziel von Kyoto stark verwässert wird.
Einigung beim Bonner Gipfel?
Das Ergebnis des Bonner Gipfels wird man zumindest als Einigung verkaufen. Unter dem Titel: Es ist besser, zu verhandeln und ein etwas schlechteres Ergebnis zu haben als ursprünglich angepeilt, als den Prozess komplett auszusetzen und zu stoppen.

Man zieht es vor, dass weiterhin Klimaschutz-Konferenzen stattfinden, dass weiterhin über das Klima geredet wird, dass verhandelt wird. Inhaltlich jedoch kann es vom Standpunkt eines Klimaschützers aus nicht positiv bewertet werden. Denn es wird sehr viel weniger herauskommen, als man sich ursprünglich in Kyoto vorgenommen hatte.

Fabio Polly, ORF-Berlin
Mehr zum Thema Klimakonferenz in science.orf.at
->   Bonner Klimakonferenz in entscheidender Phase (19.07.01)
->   Proteste gegen Klimaschutz in Bonn (18.07.01)
->   Zum Start des Klimagipfels in Bonn (16.07.01)
 
 
 
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01.01.2010