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Die Macht des Wetters  
  Dem Zusammenhang klimatischer und menschlicher Entwicklung geht der amerikanische Anthropologe Brian Fagan in seinem neuen Buch auf die Spur.  

Spätestens seit dem Ende der neunziger Jahre ist El Nino, als Klimaphänomen in das allgemeine Sprachgut eingegangen. Von besonders zerstörerischer Seite hatte sich das Christkind auch schon 1983 gezeigt und damals einen wahren Boom meteorologischer Forschung ausgelöst.

Ihm widmet der Anthropologe Brian Fagan von der University of California Santa Barbara denn auch besonders viel Raum in seiner Zusammenschau der Wechselbeziehungen zwischen klimatischen Veränderungen und denen in der menschlichen Geschichte.
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Auszug aus dem Buch - Teil 1
Seit 1983 haben el Ninos im Blick der Öffentlichkeit nahezu mythische Dimensionen angenommen. Ihnen wurde die Schuld für alles zugeschoben, von ständigen Verkehrsstaus über Dürren, die Hungersnöte auslösten, bis zu Epidemien und unterbrochenen Fußballübertragungen.
Es ist natürlich übertrieben, ihnen eine solch gewaltige Macht zuzusprechen. Auch wenn wir im Verlauf von 5000 Jahren zunehmend anfälliger für schwere El Nino Perioden geworden sind, haben sie nie für sich allein genommen den Zusammenbruch irgendeiner Kultur bewirkt. Bei vielen Gelegenheiten waren sie es jedoch, die den Todesstoss versetzten.
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Globale Wettermacher...
Die Warmwasserströmung El Nino entlang der peruanischen Küste ist keineswegs der einzige geschichtsträchtige Klimabeeinflusser. Zusammen mit der Südlichen Oszillation ¿ Schwankungen zwischen dem pazifischen und dem indischen Ozean ¿ wird es zum globalen Wettermacher, der für Regen, Stürme und Trockenheit rund um die Erde verantwortlich gemacht werden kann.
...versetzten Hochkulturen den Todesstoß
Welchen Einfluss das immer wieder auf die Entwicklung menschlicher Kulturen hatte, verfolgt Brian Fagan bis ins Altertum zurück.

Schon das Reich der Gottkönige am Nil konnte dem Wetter nicht trotzen ¿ eine große Dürreperiode war zwar nicht Grund, aber ausschlaggebender Anlass für den Untergang des Alten Reiches. Erst die Pharaonen des mittleren Reichs versuchten für klimatisch schwierige Jahre vorzusorgen.

Die Herrscher der Maya Südamerikas hingegen beschreibt Brian Fagan als ausgesprochen kurzsichtig im Umgang mit ihren Untertanen - was auch sie letztendlich ins Verderben führte.
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Auszug aus dem Buch - Teil 2
Die Bauern wurden mit wachsenden Forderungen ihrer Herrscher konfrontiert, auch noch als ihre Umwelt sich verschlechterte: Der Boden erschöpfte sich, Wolkenbrüche, die auf abgeforstete Länderein niedergingen, verursachten weitgreifende Flächenerosionen, und es kam zu einem ständigen Brennholzmangel. Die Bauern fingen in dem Moment an zu verzweifeln, als ein großer Dürrezyklus den Todesstoß führte.
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Europas Kleine Eiszeit
Auch die jüngere europäische Geschichte ist reich an wettergemachten Veränderungen. Erst vor 150 Jahren ging auf unserem Kontinent eine etwa 500 Jahre währende Kälteperiode zu Ende, die als Kleine Eiszeit bezeichnet wird und zu regelmäßigen Hungersnöten führte - mit weitreichenden Konsequenzen für die darbende Bevölkerung.
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Auszug aus dem Buch - Teil 3
Frankreich wurde ein "großes desolates Spital ohne Versorgung". Die durch ungewöhnlich heftige Niederschläge verursachten Ernteausfälle, die Teil globaler klimatischer Anomalien waren, diese Ernteausfälle trugen zu den Unruhen bei, die zur Französischen Revolution führten.
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Vorhersagen für alle
Heute machen ein ausgeklügeltes Satellitensystem und Datenverarbeitung weitreichende Wettervorhersagen möglich. Auf diese Informationen haben alle, Regierungen und die, die regiert werden, Zugriff. Was das für aktuelle politische Entwicklungen bedeuten kann, beschreibt Brian Fagan gegen Ende seines Buchs.
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Auszug aus dem Buch - Teil 4
Wie die Pharaonen Ägyptens in harter Schule lernten, ist Information potentielle Macht. Wenn sich die brasilianische Regierung in den grundlegenden Fragen der Landreform und anderer Struktureller Veränderungen nicht entscheidungsfreudig verhält, wird die nächste Dürre unausweichlich ernste politische und ökonomische Unruhen mit sich bringen. Eine Hungersnot, die aus einer Dürre resultiert, ist ebenso eine soziale, wie eine Naturkatastrophe.
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Brian Fagen zeigt anschaulich, wie und wo die Naturkatastrophe zur sozialen Katastrophe werden konnte und kann - und zeichnet mit Karten und der Beschreibung meteorologischer Grundphänomene ganz nebenbei das Bild der globalen Maschinerie, die unser Klima macht.

''Die Macht des Wetters ¿ Wie das Klima die Geschichte verändert'' von Brian Fagan ist im Patmos Verlag erschienen.

Birgitt Dalheimer, Ö1-Wissenschaft
 
 
 
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01.01.2010