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Virtuelle Operation  
  Eine Bypass-Operation kann jeder durchführen - zumindest vor dem Computerbildschirm. Das Forschungszentrum Seibersdorf hat in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Simulationstechnik an der TU Wien eine Software entwickelt, mit der Eingriffe geprobt werden können.  
Dank der Programmiersprache Java kann man die Operation direkt über den eigenen Browser einleiten und sich außerdem die Durchblutung im entsprechenden Körperteil anschauen.
Bunter Bypass
Die Ergebnisse der Simulation sind nicht nur bunte Bilder, sie entsprechen durchaus der 'fließenden' oder - leider im Falle von Arterienverkalkung - oft nicht mehr fließenden Wirklichkeit. Gedacht ist das Programm für die Operationsplanung und für Lehrzwecke an medizinischen Fakultäten.

Ein gesundes Bein zum Beispiel ist gut durchblutet, gelb, rot oder blau je nachdem wie viel Blut fließt.

 


Bei schweren Rauchern verstopft sich eine Arterie, die Versorgung des gesamten Beines verschlechtert sich dramatisch, bis nichts mehr geht. Im Extremfall muss das Bein dann amputiert werden.
Ärzte können mit dem Programm jetzt ausprobieren wo der Bypass, also die neue Verbindung, die die Engstelle umgeht, eingesetzt werden und welcher Durchmesser gewählt werden soll. Das Ergebnis ist hoffentlich wieder bunt - also gut durchblutet.
Operationsplanung dringend notwendig
Auch heute noch wächst ein großer Teil der operierten Bypässe wieder zu. Natürlich darf der Durchmesser des neuen Gefäßes nicht zu klein sein, denn man will ja die Blutversorgung verbessern. Deshalb wählt man einen größeren Querschnitt.

Eigentlich erwartet man sich nun, dass sehr viel Blut durchfliesst, oft wird aber die Fließgeschwindigkeit zu langsam da Durchmesser, Druck, Blutmenge und Fließgeschwindigkeit in direktem Verhältnis zueinander stehen. Das Blut steht an dieser Stelle fast und reinigt das Gefäß nicht von Ablagerungen , der Bypass wächst schon nach kurzer Zeit wieder zu.
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Vom Kanalsystem zu den Gefäßen
Angefangen hat alles mit einem mathematischen Modell für ganz normale Röhren-Systeme. Denn genau wie Wasser durch ein solches System strömt, fließt Blut durch die Arterien. Zuerst wurde mit einem C-Programm die Blutmenge und die Fließgeschwindigkeit (die für das Zuwachsen verantwortlich ist) berechnet. In einem verfeinerten sogenannten dynamischen Modell werden sogar die Blutdruckwellen die vom Herz ausgehen untersucht.
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In der neuen Version, die von C nach Java übertragen wurde, wird zwar wieder einfacher gerechnet, dafür aber 'world wide', denn das Model kann über jeden Internet Browser bedient werden.
Miniaturprobleme
Ein Problem haben die Forscher noch. Bei ganz kleinen Gefäßen funktioniert das Modell nicht. Sind die Arterien unter einer gewissen Größe, verhält sich Blut wegen der Blutplättchen nicht mehr wie Wasser. In diesem Mikro-Bereich muss man nach anderen Modellen suchen.
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Die Programmiersprache Java
vom US-amerikanischen Unternehmen Sun Microsystems entwickelte objektorientierte Programmiersprache, die Mitte 1995 erstmals vorgestellt wurde. In Java geschriebene Programme sind plattformübergreifend, d. h. sie sind auf Computern mit unterschiedlichen Betriebssystemen und Mikroprozessortypen lauffähig. Notwendig ist nur ein sog. Java-Interpreter, der die Programme in Java für das jeweilige Betriebssystem des Computers übersetzt. Neben der Entwicklung selbständiger Programme ermöglicht Java die Programmierung sog. Applets, das sind Programme, die innerhalb eines Browsers (Programm zum Navigieren im Internet) ablaufen und über das Internet geladen werden können.
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Kooperation dringend notwendig
Ein Problem bei der realen Operation ist das finden passender ¿Ersatzgefäße¿. Heute werden zumeist nicht lebenswichtige Venen dafür verwendet, deren Durchmesser man sich nicht aussuchen kann.

Um also den am Monitor geplanten optimalen Eingriff auch durchführen zu können müssen neue, künstliche Gefäße entwickelt werden. In Zukunft werden also wohl Materialwissenschafter mit Mathematikern, Informatikern und Ärzten zusammenarbeiten müssen um die Medizintechnik im Sinne des Patienten wirklich einsetzen zu können.

Exportiert wurde das Programm bereits nach Liechtenstein. Dort wird es für die Untersuchung von Langzeitschäden bei Schlaganfällen verwendet. Jetzt soll es auch im AKH und anderen österreichischen Spitälern Verwendung finden.

Niki Popper, ZIB-Wissenschaft
->   Austrian Research Centers - Seibersdorf
->   Bypass Support System
 
 
 
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01.01.2010