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Geheimnis der Mumien gelüftet  
  Wer an das Ägypten der Pharaonenzeit denkt, denkt an Pyramiden und Mumien. Mittlerweile erlauben neue Technologien die letzten Geheimnissen der Mumien zu lüften. Damit konnte die bislang umfangreichste Untersuchung der altertümlichen Leichen vorgenommen werden.  
Über ihre Analysen berichten die französischen Archäologen Jaques Connan und Andre Macke sowie seine Frau Christiane Macke-Ribet nun im Augustheft von "Spektrum der Wissenschaft".

Sie haben die bisher gründlichste Untersuchung von Mumien vorgenommen. Dafür standen ihnen 341 vollständig oder teilweise erhaltene Exemplare aus der Nekropole im Tal der Königinnen bei Luxor zur Verfügung.
Mumifizierung
Die Mumifizierung begann mit dem Entfernen von Gehirn und inneren Organen. Anschließend gaben die Balsamierungspriester kleine Säckchen mit Mineralien in das Körperinnere, um es zu trocknen.

Diese wurden am Ende wieder entfernt. Die französischen Wissenschaftler fanden einige vergessene Säckchen an schwer zugänglichen Stellen und konnten ihren Inhalt analysieren. Danach handelte es sich um ein Gemisch aus Alabaster und Natron.
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Spärliche Hinweise aus der Geschichte
Wie schafften es die Balsamierungspriester der Pharaonenzeit, den menschlichen Körper über den Tod hinaus so gut zu bewahren? Historische Berichte - etwa von dem altgriechischen Geschichtsschreiber Herodot - geben über die Mumifizierungs-techniken nur sehr beschränkt Auskunft. Aber sie waren lange Zeit die einzigen Informationsquellen. Als dann wissenschaftliche Methoden eine genauere Analyse erlaubt hätten, stand umfassenderen Forschungen die wachsende Wertschätzung der Mumien als Kulturgüter entgegen. So erlaubte das Ägyptische Museum in Kairo nur eine oberflächliche Untersuchung der Leichname in seiner reichhaltigen Sammlung. Erst ab 1966 durften Wissenschaftler die Mumien immerhin mit Röntgenstrahlen durchleuchten.
->   Mumifizierung im alten Ägypten
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Moderne Analysemethoden geben Aufschluss
Inzwischen erlauben spektroskopische Methoden auch chemische Analysen, bei denen nur wenig oder gar kein Material zerstört wird.

Unklarheit herrschte bislang über die Dauer der Austrocknung: Die Aussagen historischer Quellen schwanken zwischen 30 und 70 Tagen.

Connan und seine Kollegen konnten Klarheit in dieser Frage gewinnen, indem sie die Mumien nach Larven und Puppen von Insekten absuchten, die Leichen zu verschiedenen Zeiten des Verwesungsprozesses befallen. Demnach dauerte die Entwässerungsprozedur 40 Tage.
Gebadet in Balsam?
Um den durch das Natron spröde gewordenen Weichteilen eine lederartige Konsistenz und damit wirklich Dauerhaftigkeit zu verleihen, wurde der Körper schließlich innen und außen mit einer
schützenden, tief einwirkenden Substanz behandelt.

Da die französischen Forscher den Balsam in jeder Hautfalte fanden, glauben sie, dass die Leichname darin gebadet wurden.
Anschließend gossen die Mumifizierungspriester Konservierungsflüssigkeit in die Bauchhöhle.
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Mumien
vor dem Zerfall geschützte Leiche. In trockener, heißer Gegend ergibt sich bei salzhaltigem Boden eine natürliche Mumifizierung. Dort entstand auch der Brauch des Mumifizierens. Künstlich entstehen Mumien, indem Leichen am Feuer gedörrt (Australien, Sudan) oder (nach Entfernung von Hirn und Eingeweiden) längere Zeit in Salzlauge gelegt und dann mit Ölen, Harzen und Kräutern behandelt werden (Einbalsamierung), wie in Ägypten, wo die Sitte seit dem 3. Jahrtausend v. Chr. bekannt ist. Dort wurde die Mumie später mit Binden umwickelt und mit einer bemalten Maske versehen. Zuweilen werden nur der Kopf oder die Haut (Altperu, Samoa) präpariert.
->   Mehr zur Mumifizierung
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Analyse des Balsams
Über die Zusammensetzung des Balsams gab es bisher viele Spekulationen, aber wenig gesicherte Erkenntnisse. Die Gruppe um Connan konnte nun endlich handfeste Analysenergebnisse vorlegen. Danach sind Harze und Teere von Nadelbäumen die Hauptbestandteile der meisten Balsame.

Außerdem fanden die französischen Forscher Substanzen, die bei der Fossilierung von Mikroorganismen entstehen und in denselben Mengenverhältnissen in Bitumen vom Roten Meer vorkommen. Der Anteil an Bitumen in der Balsamierungsmasse beträgt fünf bis zehn, in seltenen Fällen bis zu dreißig Prozent.
Magische Kräfte durch Bienenwachs
Als dritte Stoffkomponente ließen sich Substanzen nachweisen, die von Bienenwachs stammen. Dieses diente wahrscheinlich dazu, das Schmelzen der Balsammischung und so ihr Vordringen in schwer zugängliche Hohlräume zu erleichtern. Außerdem schrieben die Ägypter dem Bienenwachs magische Kräfte zu.

Insgesamt zeigt sich, dass die Balsamierer zum Konservieren der Leichen ein raffiniertes Gemisch sehr unterschiedlicher Naturstoffe verwendet. Sie bewiesen damit bereits eine erstaunliche Kenntnis der jeweiligen Wirkungen und ihrer geschickten Kombination.

So schafften sie etwas, das ihnen erst drei Jahrtausende später Chemiker mit den Leichen berühmter Persönlichkeiten wie Lenin oder Mao nachmachten.

(APA/red)
->   Spektrum der Wissenschaft
 
 
 
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01.01.2010