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Genom des Stickstoff-Bakteriums entziffert  
  Der für das Leben vieler Organismen wichtige Stickstoff wird von Bakterien aus der Luft gewonnen. Und spielt damit eine wichtige Rolle in der Landwirtschaft. Denn Pflanzen können das Element nicht selbst produzieren. Jetzt wurde das Genom eines Stickstoff-Bakteriums entziffert. Und das hat möglicherweise erhebliche Auswirkung auf eine immer vehementer geforderte Ökologisierung der Landwirtschaft.  
Dies berichten Sharon Long und Kollegen von der Stanford University in der aktuellen Ausgabe von "Science". Das Genom des Bakteriums "Sinorhizobium Meliloti" besteht aus 6,7 Millionen DNA-Basenpaare.
Essentielle Informationen
Das Bakterium trägt seine genetische Information in einer eher ungewöhnlichen Anordnung von 'Paketen': Einem Chromosom und zwei sogenannten 'Plasmiden'.

Plasmide tragen im Normalfall keine essentiellen genetischen Informationen, doch hier liegt der Fall anders. Denn zumindest eines der beiden Plasmide von "Sinorhizobium Meliloti" tragen wesentliche genetische Informationen.
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Plasmide
neben den Chromosomen vorkommender unabhängiger Erbinformationsträger aus DNA, der in Bakterien und Hefezellen wie auch in pflanzlichen, tierischen und menschlichen Zellen vorkommt. Zeitweise kann das Plasmid in das Wirtschromosom integriert werden. In den Plasmidgenen sind einige nicht essenzielle Erbinformationen vorhanden. In der Gentechnologie werden Plasmide als Vehikel benutzt, um DNA in eine Zelle einzuschleusen.
->   Mehr zu Plasmiden
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Verwischte Grenzen
Die Grenzen zwischen Plasmiden und Chromosom sind bei dem Stickstoff-Bakterium unscharf. "Unsere Definitionen waren offensichtlich zu einfach", berichtet Peter Young von der University of York.

Laut den verantwortlichen Wissenschaftlern könnte das Verständnis des Bakterien-Genoms hinkünftig eine Verbesserung des Stickstoffgehalts von Böden ohne Einsatz von Kunstdüngern ermöglichen.
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Stickstoff
farb-, geschmack- und geruchloses Gas. Atomarer Stickstoff ist reaktionsfreudig. Distickstoff bildet mit 78,08 Volumen-Prozent den Hauptbestandteil der Luft. Gebunden mit anderen Atomen findet sich Stickstoff in Nitraten, Ammoniak, tierischen und pflanzlichen Proteinen und DNA/RNA. Zwischen der obersten Erdschicht und der Atmosphäre findet ein Stickstoffkreislauf statt. Nur Bakterien sind in der Lage, Luftstickstoff zu binden. Stickstoff wird von Pflanzen und Tieren in großen Mengen zum Aufbau der Proteine benötigt. Durch den Proteinabbau gelangt Ammonium wieder in den Boden, wird in Nitrat umgewandelt, als Nitratstickstoff in molekularen Stickstoff umgebaut und kann so in die Atmosphäre entweichen.
->   Mehr zur Stickstoff-Fixierung
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Effiziente Stickstoff-Fixierung
Das Bakterium "Sinorhizobium Meliloti" besitzt einen höchst effizienten Mechanismus Stickstoff zu fixieren. Es setzt sich in die Wurzeln von Hülsenfrüchten wie Erbsen und Bohnen fest.

Im inneren der Wurzeln lebt das Bakterium in sogenannten Wurzel-Knötchen und verwandelt dort atmosphärischen Stickstoff in geladene Ammonium-Atome. Diese biologische verwertbare Form des Stickstoffs können dann Pflanzen in ihre Proteine einbauen.

Die Gene, die Bakterien dazu verwenden, sich in den Wurzeln der Pflanzen fest zu setzten können laut den Wissenschaftlern aus Stanford mit jenen der Stickstoff-Fixierung effizient kombiniert werden.
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Symbiose
Dieses Verhältnis zwischen Bakterium und Pflanze entspricht der einer Symbiose: Die Bakterien versorgen die Pflanze mit Stickstoff, und die Pflanze liefert dem Bakterium Zucker und andere Nährstoffen. Die Symbiose stellt eine enge Form von Vergesellschaftung zwischen zwei Organismen-Arten, die für beide Partner nützlich und notwendig ist dar und zu einem gesetzmäßigen dauernden Zusammenleben führt.
->   Mehr zu Symbiose
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Krisenfestes Leben
Das für das Leben wichtige Element Stickstoff wird von Bakterien aus der Luft gewonnen. Doch das war nicht immer so. Ein massiver Einbruch in der Stickstoff-Konzentration in der Frühzeit unseres Planeten brachte das Leben dazu, den energetisch aufwendigen Fixierungsprozess von atmosphärischem Stickstoff zu entwickeln.

Rafael Navarro-Gonzalez und seine Kollegen von der National University of Mexico errechneten, dass durch das Absinken des Kohlendioxid-Gehaltes der Luft vor über zwei Milliarden Jahren um 20 Prozent gleichzeitig die Fähigkeit der Stickstoff-Fixierung durch Blitze und Gewitter noch um einen wesentlich größeren Faktor fiel. Das damals hauptsächlich auf Bakterien beschränkte Leben fiel sozusagen in eine "Stickstoff-Krise", wie die mexikanischen Wissenschaftler erklärten.
100 Millionen Jahre Troubleshooting
Vor rund 2.2 Milliarden Jahren begann die errechnete "Stickstoff-Krise" und sie dauerte an die 100 Millionen Jahre. Danach begannen photosynthetisch aktive Bakterien verstärkt Sauerstoff in die Atmosphäre abzugeben und die durch Gewittertätigkeit vorhandene Stickstoff-Fixierung nahm zu dem Zeitpunkt wieder ab.

In diesem 100 Millionenjahre-Fenster entwickelte sich laut den mexikanischen Wissenschaftlern die energieaufwendige Stickstoff-Fixierung der Bakterien.

(red)
->   Mehr zur Evolution der Stickstoff-Fixerung
->   Department of Biological Sciences, Stanford University
->   Artikel im Nature Science Update zum Stickstoff-Bakterium
Originalartikel in 'Science' unter dem Titel
"The Composite Genome of the Legume Symbiont Sinorhizobium meliloti"; kostenpflichtig.
->   Originalartikel in 'Science'
 
 
 
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01.01.2010