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Gentherapie: Hoffnung für Bluter  
  Einer von 5.000 Buben kommt weltweit mit der Bluterkrankheit auf die Welt. Diesen Kindern fehlt auf Grund eines Gendefekts ein Blutgerinnungsfaktor. Wissenschaftler haben nun eine Gentherapie entwickelt, die den Defekt beheben soll.  
Ständiges Spritzen behebt Defekt
Bluter leben mit einem Gendefekt. Es fehlt gerade jenes Protein, das für die Gerinnung des Blutes unabdingbar ist.

Die Folge: Bei kleinsten Verletzungen bluten sie stark, bekommen schwere Blutergüsse und Schäden an den Gelenken. Durch ständiges Spritzen des fehlenden Blutfaktors können sie den Defekt ausgleichen.
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Bluterkrankheit - Hämophilie
Die so genannte Bluterkrankheit ist eine rezessive, X-chromosomale Erbkrankheit, an der hauptsächlich Männer leiden. Frauen sind aufgrund des zweiten, in der Regel unveränderten X-Chromosoms gesund, geben das kranke Gen jedoch weiter, d.h. sie sind Genträgerinnen. Den Betroffenen fehlt ein Blutgerinnungsfaktor. Bei schweren Formen kommt es schon nach Minimalverletzungen zu unstillbaren lebensbedrohlichen Blutungen nach außen, ins Gewebe oder in Gelenke.
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Eine einzige Spritze soll helfen
Schon in wenigen Jahren könnte ihnen eine einzige Spritze ein normales Leben ermöglichen. Denn Forscher der amerikanischen Harvard University haben eine Gentherapie entwickelt, die bei allen Testpersonen mit dem Faktor VIII-Gendefekt erfolgreich war. Die Forscher ersetzen dabei den fehlenden Bauplan der Gene durch einen richtigen.
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Faktor VIII und IX
Man unterscheidet die Hämophilie A, die 80 Prozent der Fälle ausmacht und den Faktor VIII betrifft und die seltenere Hämophilie B durch Faktor IX-Mangel. Sowohl Faktor VIII als auch Faktor IX sind unersetzliche Bestandteile in der Blutgerinnung. Die Beschwerden sind bei beiden Arten der Hämophilie die gleichen und sind umso dramatischer, je gravierender der Mangel des Gerinnungsfaktors ist. Die Wahrscheinlichkeit, an der Hämophilie B zu erkranken liegt bei ca. 1 : 20.000, die an der Hämophilie A zu erkranken bei etwa 1 : 5.000.
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Gentherapie mit Bindegewebszellen
Bei sechs Blutern wurde die Therapie in den USA getestet. Es wurden aus der Haut Bindegewebszellen entnommen und das Gen übertragen, das für die Produktion des Blutgerinnungs-Faktors VIII verantwortlich ist.

Diese Zellen wurden geklont und im Labor vermehrt. Die Versuchspersonen bekamen dann ihre eigenen, aber gentechnisch veränderten Zellen ins Bauchfell injiziert.
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Keinerlei Komplikationen
Bei keinem der Patienten gab es Komplikationen und die Wirkung hat bisher mehr als ein halbes Jahr angehalten. Die Gentherapie-Versuche gegen den Faktor IX-Defekt mussten aufgrund eines Todesfalls allerdings abgebrochen werden.
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Erste tatsächlich einsetzbare Gentherapie?
"Es könnte die erste Gentherapie werden, die tatsächlich eingesetzt werden kann", sagt Professor Klaus Lechner von der Wiener Universitätsklinik für innere Medizin.

"Denn im Unterschied zu anderen Gentherapien muss bei Hämophilie nur ein einziger Defekt behoben werden. Und wenn man diesen Defekt korrigiert, ist die Krankheit praktisch beherrscht", so Lechner.
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Therapie in wenigen Jahren?
Das Problem sei derzeit noch, wie man dieses Gen in den Körper bringen könne. Aber er glaube, dass man in wenigen Jahren so weit sein werde, diese Therapie anbieten zu können, meint der Forscher.
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Keine Heilung, aber Verbesserung
Das werde dann zwar keine Heilung bedeuten. Doch der Defekt könne so gemildert werden, dass die Patienten keine unangenehmen Spontanblutungen mehr bekämen, sondern nur mehr einer Extratherapie bei Operationen bedürften, erklärt Lechner die Vorteile.
Behandlung für Wenige
Die Gentherapie könnte vielen Blutern helfen, lebenslanges Leid zu ersparen. Zu den derzeitigen Medikamenten haben aus Kostengründen nur 20 Prozent der Betroffenen Zugang.

Die österreichische Hämophilie-Gesellschaft versorgt deshalb Kinder aus den ehemaligen Ostblockstaaten mit Medikamenten aus Spenden.

Jedes Jahr werden auch einige Kinder aus diesen Ländern zu einem besonderen Sommerlager an den Waldschachersee in der Steiermark eingeladen. Dort betreiben sie trotz Behinderung Sport und lernen, wie man ein normales Leben führen kann.
Modell Sommerlager
Seit dreißig Jahren betreut die österreichische Hämophilie-Gesellschaft das Sommerlager am Waldschachersee in Kärnten. Nach diesem Vorbild wurden auch Sommerlager in Ungarn, Polen, Slowakei, Bulgarien und Rumänien aufgebaut.

Beim Sport lernen die betroffenen Buben, dass sie keine Angst vor Sport haben müssen. Mädchen sind keine dort, denn Mädchen sind nur Überträger der Krankheit. Ausbrechen kann sie jedoch nur bei Buben.

Edith Bachkönig, Ö1-Wissenschaft
 
 
 
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01.01.2010