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Neues Medikament gegen Leukämie  
  Ein neues, gentechnisch hergestelltes Medikament hat in einer ersten Studie elf Patienten heilen können, die an einer seltenen Form von Leukämie litten. Sie hatten sich zuvor bereits einer Chemotherapie unterzogen, die jedoch keinen Erfolg zeigte.  
Das berichten amerikanische Wissenschaftler des National Cancer Institute in Bethesda im Fachmagazin "New England Journal of Medicine".
Patienten litten an Haarzellenleukämie
Die Studie wurde an 16 Patienten durchgeführt, die an der so genannten Haarzellenleukämie litten. Sie hatten sich alle bereits einer Chemotherapie unterzogen, diese jedoch ohne Erfolg beenden müssen.
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Haarzellenleukämie
Bei der so genannten Haarzellenleukämie (die Krebszellen weisen bei mikroskopischer Betrachtung dünne, haarförmige Fortsätze auf) finden sich Krebszellen im Blut und im Knochenmark. Betroffen sind die Lymphozyten, eine Unterart der weißen Blutkörperchen. Die Leukämiezellen können sich bei dieser Erkrankung in der Milz ansammeln und das Organ anschwellen lassen. Es kann auch zu einem Mangel an normalen weißen Blutkörperchen im Blut kommen, da die Leukämiezellen ins Knochenmark vordringen und die normale Blutbildung beeinträchtigen. Die Heilungschance richtet sich nach der Zahl der Krebszellen im Blut und Knochenmark, dem Lebensalter und dem Allgemeinzustand des Patienten.
->   Mehr zur Haarzellenleukämie
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Elf Patienten völlig geheilt
Nach der Behandlung mit dem neuen Medikament gelten nun elf der Patienten als geheilt, zwei zeigten eine teilweise Besserung und erhalten das Medikament weiterhin. Es handelt sich um ein Immunotoxin, genannt BL22.

Solche Immunotoxine wirken, indem eine für Körperzellen giftige Substanz mit Hilfe eines Trägermoleküls gezielt zu den Tumorzellen geführt wird. Das Gift wirkt so nur auf die krank machenden Krebszellen.
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Immunotoxin
Immunotoxine sind toxische Substanzen, die gekoppelt sind an Trägermoleküle. Die Moleküle besitzen also zwei Teile: Zum einen enthalten sie ein Zellgift. Dieses Gift wirkt häufig unspezifisch auf alle Zellen des Körpers. Aufgabe des anderen Immunotoxin-Teils ist es, die Substanz gezielt in Krebsgewebe anzureichern. Dazu dient ein Antikörper - eine chemische Struktur, die auf Oberflächenmoleküle reagiert, die in diesem Fall ausschließlich auf Krebszellen vorkommen. Der Antikörper heftet sich an diese Moleküle, während es im Schlepptau das Zellgift mitzieht.
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Neues Immunotoxin als Wirkstoff
Der Wirkstoff ist ein neu zusammengesetztes Immunotoxin. Das Gift stammt aus dem Bakterium Pseudomonas aeruginosa. Gentechnisch modifiziert dockt BL22 speziell an die so genannten CD22 Rezeptoren einer Zelle an.
Auch normale Zellen betroffen?
Diese Rezeptoren finden sich in großer Anzahl auf vielen Formen von Leukämie-Zellen. Tatsächlich gibt es sie aber auch auf normalen B-Zellen, wenn auch in geringerer Anzahl. Doch bei den Patienten konnte keinerlei Abnahme ihrer B-Zellen beobachtet werden.

Offenbar, so vermuten die Forscher, können diese Zellen während der Behandlung ersetzt werden, da die Stammzellen vom BL22 nicht betroffen sind.

Sie glauben jedoch, dass "bösartige" Stammzellen, die Vorläufer der Leukämie-Zellen, ebenfalls durch das Immunotoxin unschädlich gemacht werden. Dies müsse jedoch noch untersucht werden, so Robert J. Kreitman, einer der die Studie leitenden Mediziner.

 


Zellen vor (links) und nach (rechts) der Behandlung mit dem Immunotoxin BL22.
Heilung war völlig unerwartet
Besonders erstaunlich ist die Tatsache, dass die Untersuchung eigentlich nur die erste Phase eines klinischen Testverfahrens darstellte. Getestet werden sollte lediglich das Verfahren, eine Heilung hatte keiner der beteiligten Forscher erwartet.

Die Mediziner hoffen nun, dass mit dem neuen Immunotoxin auch andere Krebsformen behandelt werden können. Getestet wurde es bereits an Patienten, die an chronischer lymphatischer Leukämie litten. Die Ergebnisse waren weniger spektakulär, doch zeigten sich auch hier laut Aussage der Ärzte signifikante Besserungen.

(red)
->   National Cancer Institute
->   New England Journal of Medicine
Der Artikel mit dem Titel " Efficacy of the Anti-CD22 Recombinant Immunotoxin BL22 in Chemotherapy-Resistant Hairy-Cell Leukemia" ist erschienen im New England Journal of Medicine (Vol. 345 vom 26. Juli 2001, S. 241-247)
->   Originalartikel (kostenpflichtig)
 
 
 
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01.01.2010