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Ende des Bevölkerungswachstums absehbar?  
  Eine neue Studie, die unter österreichischer Federführung durchgeführt wurde, sagt erstmals ein Ende des weltweit fortschreitenden Bevölkerungswachstums voraus. Prognostiziert wird ein Sinken der Bevölkerungszahl zum Ende dieses Jahrhunderts.  
Es gibt noch Hoffnung für die Menschheit: Das im niederösterreichischen Laxenburg angesiedelte "International Institute for Applied System Analysis" (IIASA) sieht in einer eben abgeschlossenen Studie ein Ende des globalen Bevölkerungswachstums heraufdämmern.
Gipfel erst 2075 erreicht
Allerdings wird die höchste Zahl an Menschen auf unserem Planeten erst 2075 erreicht, sagte IIASA-Projektleiter Wolfgang Lutz bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. Die Studie wurde in der aktuellen Ausgabe der britischen Wissenschaftszeitschrift "Nature" veröffentlicht.
Absinken auf 8,4 Milliarden bis 2100
Nach der wahrscheinlichsten Vorhersage - die IIASA-Experten berechneten für ihre Prognosen rund 2.000 Simulationen für 13 Weltregionen - gibt es in rund 70 Jahren etwa neun Milliarden Menschen auf der Erde. Bis zum Ende dieses Jahrhunderts sollte die Zahl dann auf rund 8,4 Milliarden sinken.
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Gegensätzliche Studie der UNO
Die Zahlen der IIASA-Experten stehen damit im Gegensatz zur aktuellsten UNO-Bevölkerungsprognose, die Anfang Juli präsentiert wurde. Dort heißt es, die Weltbevölkerung werde bis gegen Mitte dieses Jahrhunderts auf über neun Milliarden Menschen anwachsen: Bis 2050, so die UNO-Prognose, sollen es rund 9,3 Milliarden Menschen sein. Für die Menschheit bedeutet das einen weiteren Zuwachs von über 50 Prozent in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts.
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Noch größeres Ungleichgewicht
Das Ungleichgewicht des Bevölkerungsdrucks wird bis dahin aber noch weiter zugenommen haben, denn in vielen westlichen Ländern ist das Bevölkerungswachstum bereits jetzt negativ, während sich die Zahl der Menschen in anderen Regionen noch über Jahrzehnte explosionsartig vermehren wird.
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Dramatische Zunahmen in Afrika, Südamerika und dem Mittleren Osten
Dramatische Zunahmen werden für Afrika, Südamerika und den Mittleren Osten vorhergesagt. In Nordafrika wird die Zahl der Menschen von 173 Millionen (2000) auf 333 Millionen (2100), in Afrika südlich der Sahara von 611 Millionen auf 1,5 Milliarden, im Mittleren Osten gar von 172 Millionen auf 413 Millionen ansteigen.

Ein Spezialfall ist China, hier gibt es zwar bereits eine relativ niedrige Geburtenrate, allerdings ist der Altersdurchschnitt der Bevölkerung noch sehr niedrig. Daher wird es noch ein kurzes Wachstum geben, von 1,4 Milliarden 2000 auf 1,6 Milliarden 2025, dann erfolgt die Entspannung, für 2050 sind 1,4 Milliarden prognostiziert.
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Geburtenrückgang und Aids als Hauptgründe
Als Hauptgründe für das erstmals von einer angesehenen Institution vorhergesagte Ende des Bevölkerungswachstums noch in diesem Jahrhundert führt die IIASA neben dem schon jetzt weltweit zu beobachtenden Rückgang der Geburtenrate auch die Auswirkungen von Aids an, speziell in Afrika.
Nebeneffekt: Überalterung
Gleichsam als Nebeneffekt des weltweiten Geburtenrückganges sagt die IIASA eine deutliche Überalterung der Menschheit in den kommenden Jahrzehnten voraus.

So werde die Zahl der über 60-Jährigen in Westeuropa von heute 20 Prozent auf 45 Prozent bis zum Ende des Jahrhunderts steigen, bei den über 80-Jährigen wird der Anstieg noch drastischer ausfallen, nämlich von drei auf 20 Prozent.
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Überalterung betrifft alle Regionen
Die fortschreitende Überalterung der Bevölkerung betrifft praktisch alle Regionen. Der Anteil der 60-Jährigen wird weltweit von zehn Prozent (2000) auf 34 Prozent (2100) steigen. In Westeuropa steigt dieser Anteil von 20 auf 45 Prozent, in Afrika südlich der Sahara von fünf auf 20 Prozent, in Nordamerika von sechs auf 32 Prozent, im Mittleren Osten von sechs auf 35 Prozent. Besonders drastisch die Überalterung in Osteuropa: Sie dürfte von 18 auf 42 Prozent steigen.
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Osten erwartet stärksten Aderlass
Für die Länder des ehemaligen Ostblocks erwartet die IIASA im Laufe des Jahrhunderts den stärksten Aderlass, was die Bevölkerungszahlen angeht.

So wird die Bevölkerung im europäischen Teil der ehemaligen Sowjetunion von 236 Millionen im Jahr 2000 auf 141 Millionen im Jahr 2100 sinken. Ähnlich nimmt sich Osteuopa aus, ein Rückgang von 121 (2000) auf 74 Millionen (2100) wird vorhergesagt.
Rückgang in Westeuropa weniger dramatisch
In Westeuropa nimmt sich die Abnahme der Bevölkerungszahlen weit weniger dramatisch aus, 2000 gab es 456 Millionen, 2100 werden es 392 Millionen sein, so die IIASA-Studie.

Auf unserem Globus werden nach dem prognostizierten gebremsten Anstieg 2025 7,8 Milliarden, 2050 8,8 Milliarden, 2075 neun Milliarden und 2100 8,4 Milliarden Menschen leben.

(APA/red)
->   International Institute for Applied System Analysis (IIASA)
Der Artikel "The end of world population growth" ist erschienen in "Nature" "(Bd. 412, Nr. 6.846, S. 543-545).
->   Artikel in "Nature" (kostenpflichtig)
 
 
 
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01.01.2010