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Immer eins nach dem anderen  
  Wer meint, durch das gleichzeitige Erledigen von Aufgaben Zeit zu sparen, der irrt. Die vermeintliche Kunst des "Multitasking" entpuppt sich nach einer neuen Studie als reine Zeitverschwendung.  
Joshua Rubinstein und Kollegen von der Universität Michigan untersuchten die menschliche Kapazität von Mehrfachbeschäftigung (Multitasking) und ihre Grenzen.
Multitasking im Alltag
Die Bedienung technologischer Errungenschaften erfordert spezifische Gehirnaktivitäten. Egal ob am Rechner zwischen Schreibprogramm und Internet-Browser hin und her geklickt oder während des Autofahrens telefoniert wird, all diese Tätigkeiten werden durch einen komplexen Vorgang des "Umschaltens" im Gehirn ermöglicht.

Eine Art "Zentrum für effektive Organisation", die mit Bereichen des präfrontalen Cortex und anderer neuronaler Gehirnareale assoziiert scheint, kontrolliert die Ausführung der verschiedenen Aufgaben und das Umschalten. Gemäß der durchgeführten Studie lässt sich dabei ein unterschiedlicher, von der Tätigkeit abhängiger Zeitaufwand feststellen.
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Präfrontaler Cortex
Der präfrontale Cortex (PFC) ist an Prozessen der zeitlichen Sequenzierung von Handlungen beteiligt. Die neurale Architektur, mit der diese Leistung erzielt wird, ist bisher unbekannt.
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Dem Zeitverlust auf der Spur
Auf der Suche nach möglichen Gründen für den unterschiedlichen Zeitbedarf untersuchten die Forscher die Gehirnmuster junger Probanden, während diese gleichzeitig mehrere Tätigkeiten ausüben mussten.

Die Probanden mussten wiederholt zwischen zwei Aufgaben unterschiedlicher Komplexität hin- und herwechseln. In vier Experimenten sollten sie Mathematikaufgaben lösen und gleichzeitig geometrische Objekte in Gruppen ordnen.
Zeitgewinn durch Bekanntheit
Je nachdem, wie schnell die Aufgaben ausgeführt wurden, teilten die Forscher die hierzu nötigen Fähigkeiten in die Kategorien "bekannt" - "unbekannt" beziehungsweise "leicht" oder "schwer" ein.

Die Ergebnisse verwiesen auf einen Zeitverlust, der bei höherem Schwierigkeitsgrad der zu lösenden Aufgaben ebenso wie bei unbekannten Aufgabenfeldern beträchtlich anstieg. Auffällig schnell gelang das Umschalten bei den für Probanden bekannten Aufgaben.
Verfeinertes Erklärungsmodell
Deshalb schlagen die Forscher vor, in Zusammenhang mit der Ausführungskontrolle von zwei getrennten Funktionen zu sprechen. Die erste Funktion bezieht sich auf die gezielte Umschaltung: "Ich möchte nun das an Stelle von etwas anderem machen." Die zweite betrifft die unmittelbare Vorgehensweise: "Ich halte mich nicht mehr an diese Verhaltensregel, sondern an eine andere."

Der Zeitverlust im Falle der Umstellung beim Vorgehen ist signifikant und kann bis zu einige Zehntelsekunden dauern. Ein Zeitaufwand, der noch größer wird, wenn Menschen wiederholt zwischen einzelnen Aufgaben wechseln müssen.
Entscheidende Zehntelsekunden
Mit einigen Zehntelsekunden scheint der festgestellte Zeitverlust auf den ersten Blick vernachlässigbar. Bedenkt man jedoch, dass ein Telefonat während des Autofahrens zum Verlust der Kontrolle über das Fahrzeug führt, dann erhält diese sehr kurze Zeitspanne eine ungeheure Bedeutung.

Mit den neu gewonnenen Erkenntnissen hoffen die Forscher nun, das Umschalten zwischen zwei anspruchsvollen Tätigkeiten erleichtern zu können. So könnten gezielte Trainings und Schulungen, aber auch intelligentes Design und Ausrüstungsgegenstände zur besseren Ausbildung entsprechender Fähigkeiten beitragen.
->   Originalbeitrag: Is Multitasking More Efficient?
Mehr zur Gehirnforschung in science.orf.at :
->   Gehirnbilder erklärt
->   Chaosforschung dient Einblick ins Gehirn
 
 
 
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01.01.2010