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Maschinen mit viel Verständnis  
  Denkende Maschinen, die menschliche Emotionen verstehen und deuten können? Keine Zukunftsmusik mehr. Österreichische Wissenschaftler entwickelten eine Software, die menschliche 'Persönlichkeit' und Emotionen versteht. Die Einsatzmöglichkeiten für eine solche Technologie sind zahlreich.  
Das Ludwig-Boltzmann-Institut für Stadtethologie in Wien entwickelte in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen digitalMankind ein sozio-emotionales Interface, das Maschinen zu emotionalem Verstehen befähigt.
Präsentation in England
Bei BBC's "Tomorrows World Live Event 2001" präsentierten Karl Grammer, Leiter des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Stadtethologie, und Michael Bechinie "emotion", eine Software zur Persönlichkeitsanalyse.

Die Einsatzmöglichkeiten einer derartigen Technologie reichen von neuen Methoden bei Personalrekrutierungen über therapeutisches Monitoring, bis hin zu Trainings und Schulungen. Jede gewünschte Persönlichkeitsanalyse kann unauffällig und ohne Berührung der Testperson durchgeführt werden.
->   Bildergalerie von der Präsentation
Intelligente digitale Sinnesorgane
Gestützt auf die Erkenntnisse seiner Arbeit hat Karl Grammer in Zusammenarbeit mit Michael Bechinie und Christian Bechinie von digitalMankind begonnen, intelligente Digitale Sinnesorgane (iDSO) zu entwickeln, die helfen sollen, die "emotionale Blindheit" von Maschinen und virtuellen Persönlichkeiten zu überwinden.
'dance to your own beat'
Die Präsentation von "emotion" war an die Anforderungen einer Publikumsmesse angepasst. Über 1.200 Besucher wagten unter dem Motto "dance to your own beat" ein Tänzchen vor der "Charisma Camera" und interessierten sich für die Analysen ihres Körperausdrucks, die "emotion" errechnete. In diesen Analysen wurden die Merkmale Extrovertiertheit, soziale Toleranz, emotionelle Stabilität, Offenheit und Gewissenhaftigkeit berücksichtigt.
Neue Technologie
Hinter der in London gezeigten "Show" steht eine neue Technologie: Das Echtzeit-System "emotion" ist eine biomimetische Rekonstruktion neuronaler Prozesse innerhalb der menschlichen Wahrnehmung.

Sie ist dadurch in der Lage, Persönlichkeitsfaktoren eines Menschen aus dessen Bewegungsabläufen zu erkennen. Entscheidend dafür ist die Analyse der Bewegungsenergie körpersprachlicher Ausdrucksweisen.
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Frames eines Videoclips
Dabei werden die einzelnen Frames eines Videoclips, der menschliche Bewegungsabläufe zeigt, Pixel für Pixel in deren Bewegungsenergiewerte umgerechnet. Jedes Pixel des digitalisierten Videoframes stellt einen Grauwert zwischen 0 (weiß) und 256 (schwarz) dar. Nun werden die Grauwerte der jeweils identischen Pixel in zwei aufeinanderfolgenden Frames von einander subtrahiert. Das ergibt ein Differenzbild zweier Frames, dessen mittlerer Grauwert wieder in Bezug zur Zeitachse gebracht wird. Dieser "Film" der Grauwerte stellt die gesamte Bewegungsmenge der gefilmten Person dar und repräsentiert die Bewegungsenergie. Diese Werte werden in ein neuronales Netz eingespielt, das auf die Interpretation von Bewegungsenergie trainiert wurde.
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Erweiterte Funktionalitäten sollen folgen
In den nächsten Entwicklungsschritten wird emotion mit erweiterten Funktionalitäten und für unterschiedliche Einsatzgebiete getestet. Ausgestattet mit einer adaptierbaren Schnittstelle soll emotion als emotionell verstehendes Interface zwischen Mensch und Maschine in andere Applikationen oder technische Geräte integriert werden.

Durch dieses sozio-emotionale Interface wird der Interaktionsprozess zwischen Mensch und Maschine menschenähnlicher, die Maschine ist besser in der Lage zu verstehen, was ihr Benutzer will.
Grundlage menschliche Kommunikation
Seit 20 Jahren erforscht Karl Grammer das Verhalten von Menschen im großstädtischen Lebensraum. Einen Schwerpunkt seiner Arbeit stellen Attraktivitätsforschung sowie die Erforschung der Kriterien in der menschlichen Partnerwahl und der nonverbalen Kommunikation dar.

In der Frage nach der "Unwiderstehlichkeit" eines potenziellen Partners brachte die Entdeckung der Spiegelneuronen Mitte der 90er Jahre die biologische Erkenntnis, dass z.B. ein Lächeln im Betrachter tatsächlich "etwas auslöst".
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Lächeln aktiviert Nervenzellen
Nimmt der Betrachter ein Lächeln wahr, dann werden in dessen Gehirn so genannte Spiegelneuronen aktiviert. Somit aktiviert jede Verhaltensweise, die wir wahrnehmen, in uns analoge Empfindungen. Diese neuronale Entsprechung zwischen dem unbewusst Sendenden und dem unbewusst Empfangenden ermöglicht die "Einfühlung" in die Persönlichkeit und den mentalen Zustand eines Mitmenschen und erlaubt relativ zuverlässige Verhaltensprognosen.
->   Ludwig Boltzmann Institute for Urban Ethology
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Bewegungsenergie aktiviert Motivation
Nach Grammers These ist die Bewegungsenergie gezeigter Ausdrucksweisen der Teil der nonverbalen Kommunikation, das beim Betrachter die neuronale Entsprechung zur Motivation des Handelnden auslöst. Dieser elementare Teil der Kommunikation zwischen Menschen ist für das gegenseitige Verständnis unerlässlich.

Die Simulation menschlichen Verhaltens kann dem gemäß nur dann erfolgreich sein, wenn auch die non-verbalen Elemente der Kommunikation simuliert werden können.

(red)
->   digitalMankind
->   BBC Tomorrows World
 
 
 
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01.01.2010