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Produktion von Grippe-Impfstoffen läuft an  
  Wenn die Quecksilbersäule über 30 Grad steigt und die Sonne vom Himmel brennt, denkt kaum jemand an die nass-kalte Grippezeit, die jedes Jahr im Herbst beginnt. Im niederländischen Weesp und Olst ist das ganz anders: Auf Hochtouren beginnt dort bereits im August die Produktion eines Grippeimpfstoffes, der u.a. auch die Österreicher vor den oft gefährlichen Viren schützen wird.  
Grippe ist nicht gleich Grippe
"Die Herstellung des Influenza-Impfstoffes ist jedes Jahr ein Lauf gegen die Zeit", sagt Ronald Kombier, Direktor der Produktionsentwicklung beim belgischen Pharmakonzern Solvay. Denn die Virusstämme, die für die Grippewelle erwartet werden, sind nicht jedes Jahr gleich.

Im Februar trifft die WHO zusammen und gibt eine Empfehlung heraus, welche Virusstämme zu erwarten sind, und dann legen die Pharmahersteller los.
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Virusstämme der kommenden Saison
Für die kommende Saison hat die WHO in Europa die Stämme A/New Caledonia/20/99(H1N1), A/Moscow/10/99(H3N2) und B/Sichuan/379/99 festgelegt.
->   WHO
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Neuer Impfstoff: Nur sechs Monate Zeit
"Jede Saison stehen wir vor der Tatsache, dass das Virus neue Eigenschaften und Merkmale hat", erklärte Kombier. Das heißt: Binnen sechs Monaten muss ein neuer Impfstoff entwickelt, produziert und registriert werden.

Normalerweise läge die Herstellungszeit von Medikamenten bei fünf bis sechs Jahren, erklärt Kombier weiter. Doch es ändert sich nicht nur das jeweilige Serum von Jahr zu Jahr, auch die Produktionsart unterliege manchmal einer Modifikation.
Serum aus Hühnereiern
Betritt man die Produktionsstätte von Solvay im niederländischen Weest, erinnern die Räumlichkeiten eher an eine Fabrik für Ostereier.

Ihr Influenza-Impfstoff "Influvac" wird aus streng selektierten Virusstämmen hergestellt, die in der Allantoisflüssigkeit von Tausenden bebrüteten Hühnereiern rund um die Uhr gezüchtet werden.
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Gewinnung des Impfstoffes im Detail
Zwei Milliliter der Virusstämme werden durch Kanülen in die Eiern injiziert, wo sie bei einer Wärme zwischen 33 und 35 Grad Celsius kultiviert werden und sich vermehren. Nach einigen Tagen werden die Viren "geerntet", abgetötet und gereinigt. Aus den etwa 100.000 Eiern, in die täglich der Influenzastamm platziert wird, werden etwa vier Liter konzentriertes Serum gewonnen. Für die Herstellung in den Eiern werden fast ausschließlich die gereinigten Oberflächenantigene Hämagglutinin und Neuraminidase verwendet. Diese Bestandteile der Virushülle, die aus den von der WHO empfohlenen Influenzastämmen gewonnen wird, sollen das Abwehrsystem des menschlichen Körper anregen.
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60 Millionen Spritzen für Europa
Fast 60 Millionen Spritzen mit dem Grippe-Impfstoff "Influvac" werden jedes Jahr in Europa verteilt. Befüllt werden sie allerdings nicht in Weest, wo das Serum gewonnen wird, sondern im niederländischen Olst.

Dabei gelten strengste Vorschriften in Bezug auf Sauberkeit und Hygiene: "Die Kleidung, das Haarnetz, der Mundschutz, die Schutzbrille und die Gummihandschuhe der 'Befüller' müssen alle zwei Stunden gewechselt werden", erzählte ein Mitarbeiter.
WHO befürchtet heuer Epidemie
Die WHO hat die Befürchtung geäußert, dass Europa heuer eine Pandemie (weltweite Erkrankungswelle durch neuen Virus, Anm.) überrollen könnte.

Laut der Firma Solvay rechnen deutsche Experten bei dieser Welle mit 120.000 Todesfälle in Deutschland. Umgelegt auf Österreich wären das 12.000 Tote - das wären die Einwohner einer Stadt in der Größe von Tulln und um 9.500 Sterbefälle mehr als sonst.
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Grippewelle 1918/19
Während der größten Influenza-Pandemie der "Spanische Grippe" in den Jahren 1918/19 starben innerhalb einer ersten Welle von drei Monaten genauso viel oder mehr Menschen als im Ersten Weltkrieg, der in einem Zeitraum von 4,5 Jahren 7,4 Millionen Menschen dahinraffte.
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Wann empfiehlt sich eine Impfung?
Ganz besonders sinnvoll und empfohlen ist eine Grippeimpfung für medizinisches Personal, bei chronischen Atemwegs- und Lungenerkrankungen, bei Herz Kreislauferkrankungen, bei chronischen Nierenleiden, Stoffwechselstörungen wie etwa Diabetes, bei Immundefekten und besonders für Menschen über 60 Jahre.

In Österreich erkranken während der alljährlichen Influenza etwa 400.000 Personen. Die Durchimpfungsrate lag im vergangenen Jahr in Österreich mit 10,7 Prozent im europäischen Vergleich im untersten Drittel.

(Barbara Lorencz, APA)
 
 
 
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01.01.2010