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Klon-Befürworter stoßen auf Skepsis  
  Klonen von Menschen: Für die meisten ein Alptraum, für manche eine willkommene Vorstellung. Auf einer Tagung in Washington haben Befürworter nun erstmals Details zu ihrem Vorhaben dargelegt. Und sind dabei auf Skepsis und Gelächter anderer Experten gestoßen.  
Die selbsternannten Klon-Pioniere
Es ist ein heterogenes Trio, das sich anschickt, die Geschichte der Menschheit umzuschreiben. Severino Antinori, der italienische Frauenarzt mit Hang zum Dressman, der schon 1994 einer 63-jährigen Frau zu spätem Kinderglück verhalf.

Dazu sein US-Kollege Panayiotis Zavos, der eine private Firma leitet, die Produkte und Methoden gegen die Unfruchtbarkeit vermarktet.

Und dann noch Brigitte Boissellier, die wissenschaftliche Direktorin von Clonaid, einem Unternehmen der obskuren kanadischen Raelianer-Sekte, deren Mitglieder davon träumen, durch fortgesetztes Klonen unsterblich werden zu können.
->   Clonaid
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Seltsame Sekte
Nach dem Glauben der Rahelianer brachten Außerirdische vor 25.000 Jahren das Leben auf die Erde. Die Sekte zählt nach eigenen Angaben 55.000 Anhänger und wurde 1973 von dem "Rahel" genannten Franzosen Claude Vorilhon gegründet.
->   Homepage der Raelianer
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Beschränkte Auskunftsfreude
Alle drei versicherten den Teilnehmern einer hochrangigen Expertenrunde am Dienstag in Washington, über das nötige Wissen zum Klonen zu verfügen. Ihre Ausführungen wurden allerdings wiederholt mit Gelächter des Auditoriums quittiert.

Antinori und seine Kollegen hatten der amerikanischen Akademie der Wissenschaften (NAS) versprochen, alle Details ihres Klon-Programms auf den Tisch zu legen. Doch entgegen ihrer Zusage rückten sie weder mit Zahlen noch Informationen über ihre Verfahren heraus. Zavos räumte ein, "wir haben bisher noch nicht einen menschlichen Klon kreiert".

Nur Brigitte Boissellier gab auf die Fragen der Experten einige wissenschaftliche Details ihrer Arbeit bekannt.
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NAS
Die amerikanische Akademie NAS, eine gemeinnützige Organisation namhafter Forscher, hatte die drei Außenseiter der Wissenschaft eingeladen, über den jüngsten Stand ihrer umstrittenen Medizin-Technologie zu berichten. Die Akademie will im September einen Bericht über das Pro und Contra des Klonens veröffentlichen.
->   National Academies of Science (NAS)
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Erstes "Dolly-Baby" 2002
Bereits im voraus hatten Antinori und Kollegen angekündigt, dass sie im November die ersten menschlichen Embryonen klonen wollen und im Jahr 2002 mit dem ersten Klon-Baby der Welt rechnen.

Die Reproduktionmediziner wollen Zellen aus der Hand von unfruchtbaren Männer entfernen und mit Hilfe deren Erbguts Babys nach dem "Dolly-Verfahren" klonen.
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Klonen
Als Klonen wird die Produktion identischer Lebewesen mit biotechnischen Methoden bezeichnet. Dazu wird das Erbgut aus einer "erwachsenen", ausdifferenzierten Zelle eines Tieres wieder in einen Zustand zurückversetzt, in dem sie jede Funktion im Körper übernehmen kann. Danach wird es in die entkernte, unbefruchtete Eizelle eines zweiten Tieres verpflanzt. In einer speziellen Nährlösung wächst dann der Embryo heran, der schließlich von einem dritten Tier ausgetragen wird. Das entstehende Tier gleicht dem Gen-Spender.
->   Neuigkeiten vom Klonen
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Dolly-Vater gegen Menschenklonen
Auf der Rednerliste der Tagung steht auch der schottische Klon-Pionier Ian Wilmut vom Roslin-Institut in Edinburgh, der mit dem Schaf Dolly erstmals ein Säugetier mit Hilfe von ausgewachsenen Zellen geklont hatte.

Wilmut ist entschieden gegen das Klonen von Menschen und hat immer wieder vor der hohen Gefahr von Missbildungen gewarnt.
->   Ian Wilmut: Klonen von Menschen wäre ''kriminell''
->   Rezension von Wilmuts letztem Buch "Der Aufbruch ins biotechnische Zeitalter"
Nur ein bis fünf Prozent der Klone lebensfähig
Andere Genforscher bestritten, dass die bei Tier-Kopien beobachteten Defekte bei Embryonen zu entdecken wären. Einer der Kritiker, der Biologe Rudolf Jaenisch, lieferte sich mit Zavos
heftige Wortgefechte. Sie unterbrachen einander, und Zavos verbat sich, von seinem Kollegen belehrt zu werden. Jaenisch ist einer der Pioniere des Klonens.

Der 59-jährige Forscher vom Whitehead Institut für Biomedizinische Forschung in Boston berichtete, nur ein bis fünf Prozent der geklonten Tiere kämen lebend zur Welt, und viele der überlebenden Klone stürben vorzeitig wegen einer ganzen Bandbreite von Missbildungen. Andere hätten abnormes Übergewicht. Die Raten seien ähnlich hoch bei Schafen, Kühen, Mäusen, Schweinen und Ziegen. Mit Ziegen forscht Antinori.

Jaenisch schrieb erst kürzlich in "Science" (Bd. 293, S. 95), dass sich bei den geklonten Tiere die Gene unzuverlässig ein- und ausschalteten.
Ruf nach weltweiter Ächtung
Ein internationales Verbot für das Klonen von Menschen hat der Molekularbiologe Detlev Ganten gefordert. Ganten, Mitglied des deutschen Ethikrats und Forscher am Berliner Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin forscht, betonte, nur auf Grundlage einer internationalen Vereinbarung könne verhindert werden, dass derartige Experimente auf Schiffen in internationalen Gewässern durchgeführt würden.

Ganten bezeichnete das Klonen von Menschen als "ethisch-moralisch unverantwortlich". Menschen zu klonen sei jetzt und in absehbarer Zeit unmöglich. Viel weniger als ein Prozent der geklonten Zellhaufen entwickle sich überhaupt zu Lebewesen. Die Erfolgsrate liege bei 1:500 bis 1:1000.

(APA/dpa/Reuters/red)
->   The Human Cloning Foundation
 
 
 
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01.01.2010