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Sanftes Schütteln gegen den Knochenschwund  
  Vor allem Frauen jenseits der Wechseljahre leiden häufig unter der schmerzhaften Knochenerkrankung Osteoporose: Die Knochensubstanz nimmt stark ab, was zu Brüchen und Skelettverformungen führt. Eine Studie von US-Wissenschaftlern zeigte nun, dass regelmäßiges sanftes Schütteln die Knochendichte - zumindest im Tierversuch - wieder erhöhen kann.  
Die Wissenschaftler von der State University in New York veröffentlichten die Ergebnisse ihrer einjährigen Studie in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins "Nature".
Durchgeschüttelte Schafbeine
Sie untersuchten die Knochendichte in den Beinen von Schafen, die sie zuvor über ein Jahr hinweg regelmäßig auf einer sanft vibrierenden Plattform "durchgeschüttelt" hatten.
Knochendichte: Zunahme um 34 Prozent
Die Ergebnisse des Tierversuchs sind vielversprechend: Die Knochendichte der Wolllieferanten hatte um durchschnittlich 34 Prozent zugenommen gegenüber einer Kontrollgruppe von Artgenossen, die ohne die Schüttelhilfe auskommen mussten.
Hilfe für Osteoporose-Patienten?
Die Methode könnte sich als neue Therapieform gegen die so genannte Osteoporose erweisen. An dieser schmerzhaften Knochenerkrankung leiden in Österreich rund 300.000 Menschen.
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Osteoporose 1
Unter Osteoporose versteht man den krankhaften Abbau der festen Knochensubstanz, der das natürliche alters- und geschlechtsspezifische Maß überschreitet. Die Krankheit führt zu einer Instabilität der Knochen, was meist mit quälenden Schmerzen und einer hohen Bruchgefahr einhergeht. Osteoporose tritt meist erst im höheren Alter auf und betrifft überwiegend Frauen nach den Wechseljahren. Doch kann die Krankheit auch jüngere Menschen betreffen. Das Hauptsymptom der Erkrankung sind starke Knochenschmerzen bzw. Verformungen der Knochen. Als Komplikation treten Knochenbrüche auf. Es kann zu dauerhaften Veränderungen des Skelettes kommen, etwa zu einer Abnahme der Körpergröße um bis zu 20 Zentimeter.
->   Mehr zum Thema Osteoporose
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Frauen besonders betroffen
Vor allem Frauen sind betroffen: Man schätzt, dass rund ein Drittel aller Frauen an dem krankhaften Schwund der festen Knochensubstanz erkranken.

Die Störung des "Knochenstoffwechsels" wird bei ihnen vor allem durch den Wegfall des Sexualhormons Östrogen nach der Menopause verursacht.
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Osteoporose 2
Knochen bestehen aus anorganischen Substanzen, die etwa zwei Drittel ihrer Masse ausmachen (Mineralsalze) und aus nach ihrer Funktion unterschiedenen Knochenzellen: Die so genannten Osteoblasten sind für die ständige Neubildung von Knochengewebe verantwortlich, während die Osteoklasten dieses wieder abbauen. Der Prozess wird von Hormonen (Parathormon und Kalzitonin) gesteuert, die den Abbau von Kalzium im Knochen (dem wichtigsten Mineralsalz) anregen bzw. diesen Abbau wieder bremsen. Die Bildung dieser Hormone wird wiederum (mit Beginn der Pubertät) durch die Sexualhormone Östrogen und Testosteron beeinflusst. Durch den Wegfall der Östrogene nach den Wechseljahren kommt es daher bei Frauen sehr viel häufiger zu einer Osteoporose-Erkrankung, als bei Männern.
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20 Minuten "Shaken" pro Tag
Die Forscher um den Mediziner Clinton Rubin ließen die Schafe fünf mal in der Woche für rund 20 Minuten auf der Schüttel-Plattform stehen.
Knochendichte stark angewachsen
Nach etwa einem Jahr maßen sie die Knochendichte in den Hinterläufen der Tiere mittels einer Computertomographie und stellten fest, dass sich diese erheblich erhöht hatte: um durchschnittlich 34 Prozent.

Herkömmliche Therapieformen für Osteoporose-Patienten, z.B. Hormonmedikamente, halten den Knochenschwund meist nur auf, können ihn jedoch nicht rückgängig machen.

 


Knochendichte im Oberschenkelknochen eines "geschüttelten" Schafes (links) im Vergleich zu einem Tier der Kontrollgruppe (rechts).
Sanft, aber regelmäßig
Die Ergebnisse der neuen Studie lassen nun darauf schließen, dass schon extrem geringe Belastungen als Therapie ausreichen, wenn die Knochen diesen regelmäßig ausgesetzt werden.

Die Vibrationen seien etwa 1000 mal geringer als eine für das Knochengewebe gefährliche Belastung, zitiert Nature Science Update Clinton Rubin.
Geeignet auch für brüchige Knochen
Da das Schütteln sehr sanft ist, soll sich diese Therapie gerade auch für Menschen eignen, die bereits äußerst brüchige Knochen haben und sich deshalb keinen großen körperlichen Belastungen aussetzten können.
Anwendung beim Menschen in Versuchsphase
Noch ist nicht geklärt, ob diese Methode tatsächlich auch auf den Menschen anzuwenden ist. Erste klinische Versuche laufen jedoch laut Angaben der Forscher bereits.

(red)
Der Originalartikel "Anabolism: Low mechanical signals strengthen long bones" ist erschienen in "Nature" (Vol. 412, S. 603 - 604 )
->   Artikel im Nature (kostenpflichtig)
->   Nature Science Update: Vibrator boosts bone
->   State University of New York
 
 
 
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01.01.2010