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Studiengebühren bald auch in Tschechien?  
  Auch in Tschechien belasten sparsame Hochschul-Budgets und knappe Studienplätze die Situation der Universitäten und ihrer Studierenden. Nun denkt Prag über die Einführung von Studiengebühren nach, um die Situation zu verbessern.  
Arbeitsmarkt braucht Akademiker
Etwa 100.000 junge Tschechen möchten im kommenden Wintersemester ein Studium beginnen, doch die Aufnahmeprüfungen sind streng: Platz ist nur für jeden zweiten Bewerber.

Seit der politischen Wende von 1989 verdoppelte sich die Zahl der Studienanfänger in Tschechien zwar auf 50.000 pro Semester, doch die Nachfrage des Arbeitsmarkts nach jungen Akademikern wird damit noch immer nicht befriedigt.

Seit Jahren liegt die Arbeitslosigkeit von Hochschulabsolventen in Tschechien unter zwei Prozent. Zum Vergleich: In der EU bewegt sie sich bei durchschnittlich fünf Prozent.
50.000 Studierende an Karlsuniversität
"Die 17 Fakultäten der Karlsuniversität sind an die Grenzen ihrer Aufnahmefähigkeit gelangt", sagt Vaclav Hajek, Sprecher der ältesten Universität Mitteleuropas. Nur etwa 14.000 Studenten studierten nach seinen Angaben 1989 an der im Jahr 1348 gegründeten Hochschule, heute sind es knapp drei Mal so viele.

Obwohl die Lehranstalt für das Wintersemester vier von fünf Bewerbern ablehnen muss, wird die Kapazität wohl nicht erhöht: "Es fehlt das Geld", klagt Hajek.
Per Losentscheid zum Doktorat
Vor wenigen Tagen schockierte das Schulministerium das Rektorat mit der Mitteilung, dass es die Haushaltsmittel für die Hochschulen nicht erhöhen wird. "Um mehr Studenten aufnehmen zu können, sollte das Budget um zwei Milliarden Kronen (59,1 Mill. Euro/813 Mill. S) aufgestockt werden", sagt Rektor Ivan Wilhelm.

Diese Mittel fließen aber jetzt in den Grundschulbereich. Die knappen Gelder betreffen aber nicht nur Bewerber: Die Karlsuniversität musste jüngst per Los bestimmen, welche Doktoranden ihr Studium beenden dürfen.
5.700 ATS-Studiengebühren als Ausweg
Die Regierung halte ihr Wahlversprechen nicht, schimpft auch der Rektor der Masaryk-Universität in Brünn, Jiri Zlatuska. Dass aber das Hochschul-Budget in naher Zukunft steigen wird, hält auch Petr Mateju von der liberalen Freiheitsunion (US) für unwahrscheinlich.

Der Soziologe arbeitet mit einer Expertengruppe an einem Gesetzentwurf, den er im Herbst präsentieren will: Der Entwurf sieht Studiengebühren mit einer Richtgröße von 14.000 Kronen (5.691 ATS) vor, die über ein Anleihensystem vorfinanziert werden und der Student zurückzahlt, wenn er mehr als das Durchschnittsgehalt verdient.
Studierende für Reform?
Derzeit zeichnet sich im Prager Parlament eine Mehrheit für das Konzept der Mateju-Experten ab, und auch viele Studenten haben dafür Verständnis. "Warum nicht?", meint Jan Cieslar, Vorsitzender des Studentenrates der Philosophischen Fakultät der Karlsuniversität. Sind die Gebühren eingeführt, sollten aber die Studierenden mehr von ihrer Universität erwarten dürfen, findet er.
Besser als gar nicht studieren
Auch die Studentin Petra Forejtova sieht in den Gebühren Vorteile: "Staatliche Schulen werden dann besser mit privaten Hochschulen konkurrieren können", meint sie. "Ich weiß, dass Tschechien wenig Geld hat", sagt auch Jana Majzlikova.

Die 19-Jährige, die Politik oder Jura studieren will, hat zuletzt in Prag und Plzen (Pilsen) Aufnahmeprüfungen an vier Fakultäten geschrieben. Für einen Studienplatz würde die Pragerin auch bezahlen: "Studieren mit Gebühren ist besser als gar nicht zu studieren."

(APA/dpa)
->   Karlsuniversität Prag
->   Überblick über die Universitäten in Tschechien
->   Linkliste zu den Unis in Tschechien
 
 
 
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01.01.2010