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Ein Heliumweb als kosmische Stammzelle?  
  Was in den ersten Phasen nach dem Urknall genau geschah und wie Galaxien, Sterne und Planeten entstanden, ist noch nicht genau geklärt. Doch jetzt entdeckten Astronomen Spuren eines großen Gasnetzes aus Helium, aus dem sich jene kosmischen Strukturen gebildet haben könnten.  
"Dieses Gasnetz aus Helium stellt ein potentes Material-Reservoir dar, aus dem Galaxien hervorgehen und wachsen", erklärt Gerard Kriss, der mit seinen Kollegen seine Untersuchungen in der aktuellen Ausgabe von "Science" veröffentlichte.
Neue Einblicke in die Frühphasen
In den letzten Monaten hatten bereits mehrere Studien neue Einblicke in die Frühphasen des Universums gewährt. Wissenschaftler des "Sloan Digital Sky Survey" sprachen erst vor wenigen Tagen von einem "dunklen Zeitalter" im Universum, dass 300.000 Jahre nach den Urknall begann.

Kriss und Kollegen vom "Space Telescope Science Institute" haben sich vor allem den Zeitraum unter die Lupe genommen, als das Universum drei Milliarden Jahre alt war. Ihre Ergebnisse bezogen die Astronomen aus der Untersuchung eines zehn Milliarden Lichtjahre entfernten Quasars in der Phönix-Konstellation.
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Die Entstehung des Universums
Die allgemein als Expansionsbewegung gedeutete Rotverschiebung des Spektrums weit entfernter Objekte lässt vermuten, dass die Galaxien früher enger beisammen standen. Ob das Universum aber wirklich in einer Singularität begann und eine heiße und dichte Frühphase durchmachte (Urknall-Szenario) oder ob es lediglich einen Zustand minimaler, endlicher Größe erlebte, ist dadurch allein nicht zu entscheiden. Erst die Entdeckung der kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung und die Berücksichtigung der relativen Häufigkeit der chemischen Elemente konnten die Lage klären. Heute wird die Existenz eines Urknalls nur noch von wenigen Kosmologen angezweifelt; er ist zum festen Bestandteil des kosmologischen Standardmodells geworden.
->   Mehr zum frühen Universum
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Helium im Vordergrund
Die Astronomen konzentrierten sich bei ihren Untersuchungen in erster Linie auf Helium, eines der zwei Elemente neben Wasserstoff, die nach dem Urknall in großer Menge vorhanden waren.

Zu dieser Zeit, also vor ca. 13 bis 15 Millionen Jahren, befanden sich diese zwei Elemente in der Form von ionisierten (geladenen) Gasen.
Entscheidende Ladung
300.000 Jahre nach dem Urknall entstanden aus den geladenen Wasserstoff-Ionen wieder neutrale, ungeladene Wasserstoffatome. Dadurch wurde das Universum laut den Astronomen zu einem "dunklen, undurchsichtigen Ort".

Erst als erste Galaxien und Quasare eine halbe Milliarde Jahre später entstanden, verwandelte deren Licht den neutralen Wasserstoff wieder in einen geladenen Zustand.
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Wasserstoff
farb-, geruch- und geschmackloses Gas, Atommasse. Wasserstoff findet sich in freiem Zustand kaum, dagegen ist er in zahlreichen anorganischen und fast allen organischen Verbindungen vertreten. Das erste Element, das sich nach dem Urknall formte, war der Wasserstoff. Jeweils ein Proton und ein Elektron verbanden sich zum einfachsten Atom. Wasserstoff ist im Weltraum reichlich vorhanden: einerseits in jeglicher leuchtender Materie des Weltalls, z.B. Sterne, andererseits in interstellaren Nebeln. Der Nachweis gelingt anhand des charakteristischen Spektrums.
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"Schwieriger bei Helium"
"Doch im Gegensatz zu Wasserstoff wird Helium nicht so leicht wieder in einen ungeladenen Zustand versetzt", erklärt Kriss. Das Licht eines Sterns allein ist nicht ausreichend, um ein Heliumion in ein ungeladenes Heliumatom zu verwandeln.

Dazu wäre laut den Astronomen schon die elektromagnetische Strahlung eines Quasars nötig, der teilweise mit der milliardenfachen Energie eines Fixsterns strahlen kann.

Doch genau das passierte drei bis vier Milliarden Jahren nach dem Urknall, zu einer Zeit, als die Quasaren-Dichte im Universum sehr hoch war.
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Helium
zu den Edelgasen gehörendes Element. Es kommt zu 0,00046 Prozent in der Luft, ferner in Uranmineralien und in amerikanischen Erdgasquellen vor. Es wird wegen seiner geringen Dichte und seiner Nichtbrennbarkeit als Traggas für Luftschiffe verwendet; mit Sauerstoff gemischt, erleichtert es das Atmen von Tuberkulose- und Asthmakranken. Der Name rührt daher, dass schon, bevor Helium bekannt war, eine seiner Spektrallinien im Sonnenspektrum festgestellt wurde.
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Kosmische Kreissäle?
Das durch das massive Auftreten von Quasaren zu dieser Zeit wieder reionisierte (geladene) Helium breitete sich im Universum aus, allerdings nicht in gleichmäßiger Form, so die Astronomen. An einigen Stellen verdichtete sich das Helium zu netzartigen Strukturen, während es an anderen Orten sehr verdünnt auftrat.

Da aber die Regionen mit einer höheren Heliumdichte wiederum mehr Gravitation besitzen, konnten sie auch mehr Material "einlagern". Das stellt laut den Astronomen eine potenzielle Geburtsstätte für Galaxien und Sterne dar.

(red)
->   Space Telescope Science Institute
->   Institute for Astronomy, University of Hawaii
Originalartikel in "Science" unter "Resolving the Structure of Ionized Helium in the Intergalactic Medium with the Far Ultraviolet Spectroscopic Explorer" (Aug. 10 2001: 1.112-1.116)
->   Originalartikel in "Science" (kostenpflichtig)
 
 
 
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01.01.2010