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Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 
Alte Mittel gegen neues Creutzfeldt-Jakob  
  Creutzfeldt-Jakob, die menschliche Variante des Rinderwahnsinns BSE, gilt bislang als unheilbar. Doch nun lassen zwei altbekannte Medikamente neue Hoffnung auf eine wirkungsvolle Therapie aufkommen.  
Ehemalige Malaria- und Schizophrenie-Mittel
Das Malariamittel Quinacrin und das Medikament Chlorpromazin, mit dem früher Schizophrenie behandelt wurde, stehen im Mittelpunkt der neuen Hoffnungen.

Beide Substanzen haben ihre erste Bewährungsprobe in Zellkulturen bestanden. Und auch der erste Versuch an Menschen verlief Erfolg versprechend.
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Erfolgreicher Versuch an Britin
Der neue Medikamenten-Mix wurde bei Menschen erstmals an Rachel Forber getestet. Bei der 20-Jährigen war im vergangenen Juni eine Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJD) diagnostiziert worden. Ärzte hatten der zuvor völlig gesunden jungen Frau bescheinigt, sie habe nur noch ein Jahr zu leben. Nach der Behandlung mit den neuen Substanzen besserte sich der Zustand der 20-Jährigen aber überraschend.
->   Mehr zum erfolgreichen Versuch
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Überwindung der Blut-Hirn-Schranke
Stanley Prusiner von der University of California in San Francisco erhielt bereits 1997 den Medizin-Nobelpreis für seine bahnbrechenden Forschungen im Bereich BSE und Creutzfeldt-Jakob.

Mitarbeiter seines Teams konzentrierten sich bei der Suche nach wirksamen Substanzen auf Medikamente, die ungehindert ins Hirn vordringen können.

Dies gelingt nur wenigen Stoffen, da sich das Gehirn mit der so genannten Blut-Hirn-Schranke vor unerwünschten Eindringlingen "abschottet". Bei Quinacrin und Chlorpromazin wurden die Forscher schließlich fündig.

Die Ergebnisse der Studien wurden in der aktuellen Ausgabe der "Proceedings of the National Academy of Sciences" (Bd. 98, S. 9836) veröffentlicht.
->   Proceedings of the National Academy of Science
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Bild: APA

Dreidimensionale Struktur eines Prions.
Krankheitserreger Prionen
BSE ist eine Infektionskrankheit, die nach überwiegender Expertenmeinung durch an Rinder verfüttertes, verseuchtes Tiermehl übertragen wird. Bei den Krankheitserregern dürfte es sich um so genannte Prionen handeln. Prionen (Abkürzung für "proteinaceus infectious particles") sind infektiöse Eiweißmoleküle, die dem normalen, insbesondere in den Nervenzellen des Gehirns vorkommenden Prion-Protein durch Kontakt ihre krankmachende Form aufzwingen. Dieser Vorgang kann sich wie eine Kettenreaktion fortpflanzen und zerstört dann die betroffenen Nervenzellen. Erkranktes Gehirngewebe erscheint durchlöchert wie ein Schwamm.
->   Mehr Informationen über Prionen
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Verhinderung der Prionen-Umfaltung
Das Malariamittel Quinacrin und das Medikament Chlorpromazin sind aber nicht nur in der Lage, die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden. Sie können auch die Umfaltung der für eine Erkrankung verantwortlichen Prionen verhindern und vielleicht sogar rückgängig machen.
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Tödliche Prionen-Umfaltung
Die Umfaltung eines Proteins hat tödliche Konsequenzen: Wenn sich gesundes Prionen-Material (PrPc-Eiweiß) in krank machendes PrPsc-Prionen-Eiweiß verwandelt, verändert es grundlegend seine Eigenschaften. Es wird in Wasser unlöslich, schwer abbaubar - und infektiös. Es lagert sich zu langen Ketten zusammen, die das Nervengewebe zerstören und wandelt immer mehr PrPc-Eiweiße in die pathogene PrPsc-Form um.
->   Mehr über die Protein-Faltung
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Tierversuch zeigt Wirkung
Die Arbeitsgruppe von Prusiner testete deshalb sowohl Quinacrin als auch Chlorpromazin bei Neuroblastoma-Zellen von Mäusen. Es zeigte sich, dass beide Stoffe die Umfaltung von PrPc-Proteine in PrPSc-Prionen verhindern.
Warnung vor verfrühtem Optimismus
Gemeinsam mit den Erfahrungen rund um den Krankheitsverlauf von Rachel Forber gibt dies Anlass zu Hoffnung auf ein wirksames CJD-Medikament.

Aber noch warnen die Wissenschaftler vor verfrühtem Optimismus. Zum einen müsse der Gesundheitsfortschritt von Rachel Forber über einen längeren Zeitpunkt verfolgt werden.

Und zum anderen müssen noch viel mehr Patienten auf ihre Reaktionen zu den beiden "neuen alten" Mitteln überprüft werden.

(red)
->   Infos über BSE und Creuzfeldt-Jakob
->   Mehr über Creuzfeldt-Jakob in science.orf.at
 
 
 
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01.01.2010