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Wittgenstein neu interpretiert  
  Auf dem 24. Wittgenstein-Symposion in Kirchberg am Wechsel trafen sich vergangene Woche 270 Forscher aus über 20 Nationen. Im 50. Todesjahr des österreichischen Philosophen versuchte man, das Werk Wittgensteins einer Neubewertung zu unterziehen.  
Ludwig Wittgenstein (1889-1951) gilt neben Martin Heidegger als der bedeutendste europäische Philosoph des 20.Jahrhunderts. Seinen Logenplatz in der Ahnengalerie der abendländischen Denker erschrieb er sich mit seinem berühmten Frühwerk "Tractatus logico-philosophicus".
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Ludwig Wittgenstein
Er gilt als einer der radikalsten Denker des 20. Jahrhunderts, der sich zeit seines Lebens gegen die herkömmliche akademische Philosophie gestellt hat. Ludwig Wittgenstein starb - von der Weltöffentlichkeit kaum wahrgenommen - am 29. April 1951 in Cambridge.
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Wittgenstein als Therapeut
Das im 1. Weltkrieg verfasste und 1921 erstmals publizierte Werk beschäftigt sich mit der logischen Struktur der Sprache. Der ¿Tractatus¿ wurde zum Evangelium der analytischen Philosophie. Seit seinem Erscheinen ist die Sprachphilosophie die Grundlagendisziplin der Philosophen.

Wittgenstein könne nicht nur als Ideenlieferant für die Philosophie der Logik, Mathematik, der menschlichen Sprache und Seele angesehen werden. Die aktuelle Rezeption müsse vor allem den therapeutischen Aspekt seines Werkes stärker herausarbeiten. So lautet die wesentliche Erkenntnis der Symposion-Teilnehmer.
Der Ausweg aus dem Fliegenglas
"Was ist das Ziel deiner Philosophie?", fragt sich Wittgenstein in den "Philosophischen Untersuchungen". Wittgensteins Antwort an sein philosophisches Alter Ego klingt therapeutisch: "Der Fliege den Ausweg aus dem Fliegenglas zu zeigen".

Eine Neubewertung Wittgensteins, so Peter Kampits vom Wiener Philosophischen Institut, sei auch "auf dem Gebiet der Ethik möglich". Ähnlich wie sein philosophischer Antipode Martin Heidegger habe Wittgenstein über ethische Fragen den Mantel des Schweigens ausgebreitet.
Ethik kann nur gezeigt werden
Nach der Auffassung Wittgensteins kann Ethik nicht gelehrt, sondern nur gezeigt werden. Im "Tractatus" verwies Wittgenstein ethische Probleme noch unbedingt in den Bereich des Unsagbaren.

Diese rigorose Enthaltsamkeit in ethischen Fragen dürfe man nicht mit einer "Gleichgültigkeit für moralische Probleme" verwechseln, erklärte der Bielefelder Wittgenstein-Experten Eike von Savigny.
Kein Stichwortgeber für moderne Bioethik
Wittgensteins Ethik ist ohne Bekenntniszwang, asketisch und existiert nur in der ersten Person. Moralische Richtlinien oder absolute Werte z.B. für die Bioethik lassen sich aus Wittgensteins ¿individuellem Ethos¿, so der Wiener Philosoph Peter Kampits, nicht ableiten.

Armin Stadler, Ö1-Dimensionen
Mehr zu Ludwig Wittgenstein in ORF ON:
->   Digitalisierung von Wittgensteins Nachlass
->   "Wie Wittgenstein Karl Popper mit dem Feuerhaken bedrohte"
->   Österreichische Ludwig-Wittgenstein-Gesellschaft
->   Deutsche Ludwig-Wittgenstein-Gesellschaft
 
 
 
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01.01.2010