News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 
Biologische Schädlingsbekämpfung made in Austria  
  Österreichische Wissenschaftler haben seit Jahren an einem biologisch verträglichen Mittel geforscht, um die Larven des Gartenlaubkäfers, eines Pflanzenschädlings zu bekämpfen. Ein Pilz soll nun die Lösung sein und wird im August erstmals im Freilandversuch getestet.  
Entwickelt wurde die neue Methode von Mikrobiologen der Universität Innsbruck unter der Leitung von Hermann Strasser. Dabei werden Pilzsporen in den Boden eingebracht, die die Larven des Käfers abtöten sollen.
Wirkung unter natürlichen Bedingungen
Nach erfolgreichen Laborversuchen ist die Methode nun "reif für die Natur": Im Nordtiroler Schmirntal findet der erste Freilandversuch statt, bei dem die Wirkung des Pilzes unter natürlichen Bedingungen beobachtet wird.
Hübscher Käfer, gefräßige Larven
Der Gartenlaubkäfer sieht mit seinen wenigen Millimetern nicht wirklich gefährlich aus. Seine Larven verursachen allerdings regelmäßig große Fressschäden, weil sie sich von den Wurzeln verschiedenster Pflanzen ernähren.
...
Gartenlaubkäfer (Phyllopertha horticola)
Die Larven des Gartenlaubkäfers ernähren sich während ihrer drei Entwicklungsstadien von Pflanzenwurzeln. Davon sind vor allem Gräser betroffen, weswegen großflächige Schäden bei Wiesen- und Rasenflächen entstehen: Sie durchtrennen beim Fressen die größeren Wurzeln der Gräser und unterbrechen so die Wasserversorgung.
->   Mehr Informationen zum Gartenlaubkäfer
...
Erosions-Problem in höheren Lagen
Das ist laut Hermann Strasser vor allem auch in den Bergen ein Problem: Denn die Schadensgebiete reichen hinauf bis in die höheren Regionen des Mittelgebirges.

Das Versuchsareal im Schmirntal etwa liege auf rund 1.600 Seemetern, erklärte der Biologe gegenüber science.orf.at, und auch hier habe der Käfer in den vergangenen Jahren große Schäden angerichtet.

Die Folge sei ein abnehmender Grasbewuchs, was über kurz oder lang zu Bodenerosion führe. Man könne im schlimmsten Fall nicht einmal mehr mit Maschinen arbeiten, da diese einfach abrutschen würden.
Resistenzen gegen Insektizide
Meist wurden in der Vergangenheit Insektizide zur Bekämpfung des Schädlings eingesetzt. Die Larven zeigen sich jedoch zunehmend resistent gegen diese chemischen Mittel.

Die neue Methode, die im Rahmen des EU-Projektes BIPESCO am Institut für Mikrobiologie der Universität Innsbruck entwickelt wurde, könnte jetzt helfen, den Käfer und dessen Larven auf biologisch verträgliche Weise zu bekämpfen.
...
BIPESCO
Die Entwicklung erfolgte im Rahmen des EU-Forschungsprojektes " Biocontrol of Important Soil Dwelling Pests by Improving the Efficacy of Insect Pathogenic Fungi" (BIPESCO). Das Institut für Mikrobiologie der Universität Innsbruck wurde speziell beauftragt, nach biologischen Bekämpfungsmitteln gegen den Gartenlaubkäfer zu suchen. Hermann Strasser ist zugleich auch Projekt-Koordinator von BIPESCO. Bei der Entwicklung wurde eng mit dem Südtiroler Versuchszentrum Laimburg in Auer zusammengearbeitet.
->   www.bipesco.at
...
Gerstenkörner als Trägerstoff
Die Wissenschaftler werden auf einem Areal von rund 200 Quadratmetern Gerstenkörner in den Boden einbringen, die als Trägermedium für den Pilz Metarhizium anisopliae dienen. Dieser wirkt wirtspezifisch, d.h. er wird nur die Engerlinge des Gartenlaubkäfers befallen und abtöten.
...
Metarhizium anisopliae und wie er wirkt
Es handelt sich um einen weltweit natürlich vorkommenden Bodenpilz, dessen Wirkung gegen diverse Schädlinge bereits seit Jahren untersucht wird. In Deutschland ist der Pilz etwa unter dem Namen "Bio 1020" als biologisches Mittel gegen den so genannten Dickmaulrüssler, einen weiteren Pflanzenschädling, zugelassen. Metarhizium anisopliae ist ein so genannter pathogener Pilz. D.h. er verursacht eine direkte Schädigung seines Wirtsorganismus, indem er bestimmte Toxine produziert, die den Wirt - in diesem Fall die Larven des Gartenlaubkäfers - abtöten.
...
Labortests erfolgreich
Strasser und sein Team untersuchten zuvor im Labor bestimmte isolierte Stämme des Pilzes auf seine Aggressivität gegenüber dem Gartenlaubkäfer. Gleichzeitig wurde geprüft, ob der Pilz auch Nützlinge bzw. andere nicht schädliche Insekten befällt.

Die Isolate hätten sich im Labor wirksam gegen alle Lebensstadien des Schädlings gezeigt, erklärte der Mikrobiologe im Interview. Andere Insekten seien jedoch gar nicht oder nur sehr geringfügig befallen worden.
Absterben der Larven innerhalb der nächsten Wochen
Die Forscher gehen davon aus, dass die Engerlinge nach Einbringen des Pilzes innerhalb der folgenden zwei bis fünf Wochen absterben werden.

Der Freilandversuch sei notwendig, da sich die natürlichen Bedingungen im Labor nur schwer nachstellen ließen, erklärte der Mikrobiologe weiter. Man werde in etwa 14 Tagen erste Bodenproben entnehmen und den Zustand der Larven genau untersuchen.
...
Neue Maschine soll Anwendung erleichtern
Bei dem Freilandversuch wird nun auch erstmalig der Prototyp einer Maschine vorgestellt, die in steilem Gelände die Pilzsporen in den Boden einbringen soll. Die so genannte "Sähschlitzmaschine" sei geländetauglich und könne die arbeits- und zeitaufwändige Handarbeit überflüssig machen, die bisher an Steilhängen nötig gewesen sei, um Schädlingsbekämpfungsmittel in den Boden einzubringen.
...
Verschiedene Möglichkeiten zur Anwendung
Die Forscher arbeiten an verschiedenen Möglichkeiten, den Pilz als Schädlingsbekämpfungsmittel einzusetzen. Möglich sei etwa ein Granulat, erklärte Strasser.

Doch man denke auch darüber nach, eine Art mit Wasser emulgierbares Pulver zu entwickeln. Dies könnte dann einfach auf die Felder gesprüht werden und sei die wohl einfachste denkbare Anwendung.

(red/APA)
->   Institut für Mikrobiologie der Universität Innsbruck
Mehr zum Thema biologische Schädlingsbekämpfung in science.orf.at:
->   Wespen als biologisches Schädlingsbekämpfungsmittel
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010