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Gesundheit mathematisch modelliert  
  Eine Österreichische Wissenschaftlerin hat mathematische Modelle entwickelt, die im Gesundheitswesen als "virtuelle Entscheidungshilfe" dienen sollen. Dabei kommt sie allerdings zu handfesten Schlüssen, etwa was die Beurteilung der heimischen Krankenhausfinanzierung angeht oder auch bezüglich der AIDS-Präventionsmaßnahmen.  
Die Wirtschaftsinformatikerin Marion Rauner vom Institut für Betriebswirtschaftslehre der Uni Wien arbeitet seit 1994 an verschiedenen Projekten, die sich allesamt mit Evaluierungen im Gesundheitswesen befassen.
Mathematische Modelle als "virtuelle Entscheidungshilfe"
Sie hat mit Unterstützung des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) mathematische Modelle entwickelt, die in diesem großen Bereich als "virtuelle Entscheidungshilfe" dienen sollen.
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Fixe und variable Daten
Es handelt sich um Computersimulationen, die bereits bestimmte Daten integriert haben, mit denen sie rechnen. Der Benutzer füttert den Computer mit den für ihn relevanten Daten, das Programm spuckt ihm die errechneten Zahlen aus.
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AIDS und Krankenhausfinanzierung
Die Simulationen befassen sich mit verschiedensten Bereichen des Gesundheitswesens, zwei große Themenbereiche standen allerdings im Vordergrund. AIDS zum einen, das österreichische System zur Krankenhausfinanzierung zum anderen.

"Wir haben im Bereich AIDS die in den verschiedenen Zielgruppen für Prävention und Behandlung gesetzten Maßnahmen analysiert, bewertet und dann den in diesen Bereichen aktiven Institutionen Vorschläge für künftige Maßnahmen unterbreitet", erklärt Rauner.
Beispiel Neuinfizierungen HIV
So könne man etwa ausrechnen, um wie viel höher die Zahl der Neuinfizierungen mit dem Immunschwächevirus liege, wenn Prostituierte oder eine andere Risikogruppe keine Kondome mehr benützen würden und wie sinnvoll demnach die kostenlose Ausgabe der Präservative an solche Risikogruppen sei.
Kombinierte Krankenhausfinanzierung empfohlen
Im zweiten Teil Ihres Forschungsprojekts untersuchte Rauner die in Österreich angewandte leistungs-orientierte Krankenhausfinanzierung (LKF) und verglich diese mit dem in Kanada eingesetzten System des Globalbudgets für Krankenhäuser.
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Krankenhausfinanzierung
Seit 1997 gilt in Österreich die so genannte leistungsorientierte Krankenhausfinanzierung (LKF). D.h. Krankenhäuser rechnen nach einem Punktesystem ab, bei dem je nach Art der erbrachten Leistung eine unterschiedliche Anzahl so genannter Leistungspunkte abgerechnet werden kann. Insgesamt existiert etwa für Wien ein bestimmtes limitiertes Gesamtbudget. Dieses wird bei der Endabrechnung auf die Gesamtzahl der von den Wiener Spitälern erbrachten Leistungspunkte umgelegt. Der tatsächliche Wert eines Leistungspunktes ergibt sich somit erst jeweils am Ende eines Wirtschaftsjahres. In Kanada dagegen werden Krankenhäuser über ein Globalbudget finanziert, d.h. sie haben von vornherein einen ganz bestimmten Finanzierungsrahmen. Das Land war für den Vergleich geeignet, da es auf einem mit Österreich vergleichbaren technologischen Stand ist und ein ähnliches Gesundheitssystem mit Pflichtversicherung hat.
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Vorteile und Nachteile
Beide Modelle haben offenbar Vorteile, genauso jedoch weisen beide auch Nachteile auf. So zeige der Vergleich, dass Österreich nach wie vor eine lange Verweildauer in den Spitälern habe als viele anderen Länder, darunter auch Kanada.
Einfluss der Systeme auf Verweildauer
In ihrer Analyse untersuchte die Expertin also zum Beispiel, ob die unterschiedlichen Finanzierungssysteme Einfluss auf die Verweildauer der stationären Patienten haben.
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Auswahl bestimmter Krankheiten
Um diesen Vergleich möglichst genau durchführen zu können, wurden insgesamt sechs verschiedene Krankheiten bzw. Operationen ausgewählt, bei denen Diagnose und Behandlung sich in Österreich und Kanada weitgehend entsprechen. Dazu zählen z.B. Asthma, Schlaganfall und Gallenblasenoperationen.
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Gefahr der verfrühten Entlassung
In Kanada führe das Vergütungssystem dazu, dass die Spitäler ihre Patienten so früh als möglich entlassen, so Rauner. Dadurch fallen insgesamt niedrigere Kosten an.

Doch es bestehe die Gefahr, "dass die Qualität der medizinischen Versorgung durch verfrühte Entlassungen und Einsparungen bei der Versorgung von stationären Patienten leidet."
Sinnvolle Kombination aus Beidem
Der Vergleich mit Kanada habe gezeigt, dass eine Kombination aus beiden Modellen sinnvoller wäre, so die Expertin. "D.h. die fixen Krankenhauskosten über Globalbudgets und die variablen Kosten über Fallpauschalen abrechnen."

(red)
->   Homepage von Marion Rauner
->   Institut für Betriebswirtschaftslehre der Uni Wien
 
 
 
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01.01.2010