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Klonen für den Artenschutz?  
  Das Klonen von Lebewesen, von Tieren, erst recht aber von Menschen, ist weltweit umstritten. Ein Klon-Argument scheint ethisch aber einwandfrei: Die Reproduktion von Tieren in der Absicht, vom Aussterben bedrohte Arten zu erhalten.  
Vermeidung von Inzucht
Die erste Anwendung genetisch-biologischer Wissenschaft zum Schutz der Arten fand in Zoos statt, wo es galt, Inzucht zu vermeiden, den Tierbestand also "genetisch gesund" zu erhalten. Doch in Zukunft werden Wildtiere, deren Bestände immer mehr schrumpfen, Auffrischung aus den Reihen ihrer gefangenen Artgenossen brauchen.

Dazu meint Robert Lacy von der Zoologischen Gesellschaft in Chicago, müssen die gefangenen Tiere aber "ihre Wildtier-Eigenschaften sowie ein hohes Maß an genetischer Variation beibehalten".

Daher gelte es zu vermeiden, dass "wir Merkmale, die wir mögen, herauszüchten, aber auch, dass wir eine natürliche Selektion von Merkmalen, die durch eine Anpassung an das Leben in Gehegen besonders angepasst sind, verhindern. Das Ausmaß, in dem sich gefangene Populationen vom Überleben in freier Wildbahn wegentwickeln, wurde bisher unterschätzt und kaum beobachtet."
->   Chicago Zoological Society/Brookfield Zoo
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Umweltzerstörung bedroht Arten
Als Folge der Zerstörung von Lebensräumen ist weltweit jede achte Vogelart und fast jede fünfte Säugetierart bedroht. Bei den Fischen sind es fünf Prozent, bei den Pflanzen am Land acht Prozent der Arten. Fast alle Großkatzen kämpfen gegen das Aussterben, den meisten Nashorn-Arten geht es nicht anders. 10 von 17 Pinguin-Arten können möglicherweise nicht mehr überleben.
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Gefrierzoos und Genbanken
Die Zukunft des Artenschutzes mit Hilfe von Gentechnik gehört den "Gefrierzoos" und Genbanken in Museen. Immer mehr Gen-Material in immer besserer Qualität wird in immer perfekteren Einrichtungen gelagert.

Das Naturhistorische Museum in New York etwa hat den ehrgeizigen Plan, die größte Genbank aller US-Museen mit einer Million Proben anzulegen. Ein dazu benötigter Stickstofftank ist bereits im Keller des Museums aufgestellt.
->   Mehr über die Genbank am Naturhistorischen Museum New York
Ergebnisse hängen von Gen-Qualität ab
Genforscher wissen, wie wenig sie eigentlich wissen. Denn es ist eine Sache, eine bedrohte Tierart durch die Kreuzung mit einer Unterart zu retten. Doch es ist eine andere, Gene zu bestimmen, die etwas mit der Anpassung an die Umwelt zu tun haben, oder die Geheimnisse der Fortpflanzung von Wildtieren zu ergründen.

Die Qualität der Ergebnisse von Kreuzungsversuchen wird auch von der Qualität des genetischen Materials abhängen. Und die will man durch die Einrichtung von Genbanken wesentlich verbessern. Das Zauberwort heißt Schutz durch Kälte.
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Gen-Schutz durch Kälte
Robert DeSalle, Molekularbiologe des Naturhistorischen Museums in New York: " Wir sind dabei, ein Ausrüstungsset für unsere Feldforscher zu entwickeln, das sie mitnehmen, wenn sie Proben für die Aufbewahrung in tiefsten Temperaturen nehmen. Sie müssen die Gewebeproben schockfrieren, via GIS die Satellitendaten des Fundortes bestimmen, ihre Beobachtungen in die Datenbank eingeben und die Probe fotografieren. Das Set wird also vermutlich ein GIS-Handgerät, eine digitale Kamera sowie einen Palmpilot beinhalten. Dazu kommt ein Behälter für Flüssigstickstoff."
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Gaur-Ochse geklont
Was man mit gefrorenen Gewebsproben anfangen kann, exerzierte der Klon-Spezialist Phil Damiani vor. Im Labor der Firma "Advanced Cell Technology" klonte er einen Gaur, eine seltene asiatische Büffelart.
->   Mehr über Gaur-Ochsen
Die Methode: Gaur-Zellkerne aus San Diego wurden in entkernte Eizellen von Hauskühen verpflanzt. Es kam tatsächlich zu einer Schwangerschaft.

Im Jänner kam das Kalb Noah zur Welt - und starb bald darauf an einer Clostridium-Infektion. Es war das erste Junge einer gefährdeten Tierart, das auf diese Art im Labor entstanden war.
->   Erster Klon einer bedrohten Art nach zwei Tagen tot
Warnung vor übertriebenen Hoffnungen
Damiani warnt jedoch davor, allzu viele Hoffnungen in das Klonen zur Rettung der vom Aussterben bedrohten Arten zu setzen. Schon allein aus technischen Gründen. Derzeit sei die Technologie im Umgang mit den Eizellen noch sehr ineffizient.

"Wir würden sehr viele Tiere brauchen, um eine bedrohte Art zu klonen. Das würde bedeuten, dass wir viele von ihnen opfern müssten. Und genau deshalb, weil es so wenige von ihnen gibt, sind sie ja bedroht. Das wäre unethisch und unmoralisch," meint Damiani. Gebraucht wird - wie im Falle der Kuh - die Unterstützung von Haustieren.
Antilopen sind als nächste dran
Eines der nächsten Projekte von Phil Damiani: Verwandte Antilopenarten sollen einander bei der Arterhaltung unterstützen. Man plant Klon-Embryos von gefährdeten Riesen-Eland-Antilopen in gewöhnliche Eland-Mütter einzupflanzen.

Auf Spekulationen, längst ausgestorbene Tierarten wie das Mammut oder den tasmanischen Wolf zu klonen, lässt Damiani sich nicht ein.
Skepsis ist angebracht
Der Klon-Experte gehört zur Avantgarde im Themenkomplex Gentechnik und Artenschutz: Manche seiner Kollegen sind mit seiner Arbeit nicht so recht glücklich. Viele fürchten, dass die Labors mit solch spektakulären Versuchen dringend nötige Forschungsgelder von der traditionelleren Feld-Forschung abziehen.

Welche Prioritäten von den Institutionen in Zukunft gesetzt werden, bleibt abzuwarten. Skepsis ist sicherlich angebracht. Denn viele Wissenschafter glauben, die großen Zivilisationsprobleme mit Hilfe der Gentechnik in den Griff bekommen zu können.

Ein Beitrag von Hermi Amberger für die Ö1-Dimensionen
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Mehr dazu in den Ö1-Dimensionen, 22. August, 19 Uhr.
->   Radio Österreich 1
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->   Advanced Cell Technology
 
 
 
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01.01.2010