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Droht Amerikas Ostküste gigantische Flutwelle?  
  Eine riesige Flutwelle könnte Verwüstungen an der Ostküste des amerikanischen Kontinents auslösen. Der Grund: ein durch vulkanische Aktivitäten auf den kanarischen Inseln ausgelöster gigantischer Erdrutsch.  
Dies erklären Steven Ward von der University of California und Simon Day vom "Benfield Greig Hazard Research Center" am University College in London in der aktuellen Ausgabe der "Geophysical Research Letters"(Vol.28, Nr. 17, 1.9.2001).

Laut den Wissenschaftlern könnte der auf der Insel La Palma (Kanarische Inseln) aktive Vulkans "Cumbre Vieja" einen so materialreichen Hangrutsch auslösen, dass dadurch ein Tsunami (Flutwelle) entsteht, der große Teile der Ostküste des amerikanischen Kontinents verwüsten könnte.
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Tsunami
Wellen mit großer Wellenlänge, die durch Erdbeben, Erdrutsche, Vulkanausbrüche, Nuklearexplosionen oder Meteoriteneinschläge ausgelöst werden. Solange ein Tsunami den tiefen Ozean durchquert, beträgt die Entfernung von Wellenkamm zu Wellenkamm 150 km oder mehr. Die Amplitude erreicht lediglich wenige Dezimeter. Daher ist die Welle auf dem freien Ozean kaum wahrnehmbar. Ihre Geschwindigkeit kann 1.000 km/h erreichen, so dass die Flutwelle innerhalb weniger Stunden den Pazifik überqueren kann. Erreicht der Tsunami die flacher werdenden Küstengewässer, so nimmt die Geschwindigkeit der Welle ab und die Amplitude vergrößert sich. Die Küstenform beeinflusst die Gestalt des Tsunamis weiter. Er äußert sich als mehrere schnell ansteigende und wieder fallende Fluten, als eine Serie sich brechender Wellen oder als eine einzige mächtige Flutwelle mit einer steilen, sich brechenden Front bis zu 30 m Höhe.
->   Tsunami-Simulationen
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Gefährliche Grundwasseraktivitäten?
Die Geophysiker gehen davon aus, dass ein steigender Grundwasserspiegel einen bis zu 500 Kubikkilometer großen Gesteinsbereich an der Flanke des kanarischen "Cumbre Vieja" destabilisieren kann, der schließlich in einer riesigen Eruption mit bis zu 350 km/h ins Meer 'rauschen' kann.

 


Der "Cumbre Vieja" auf der kanarischen Insel "La Palma".
Die Energie die dabei frei würde, entspricht dem gesamten US-Elektrizitätsbedarf eines halben Jahres. Der durch die Eruption verursachte Tsunami würde eine Geschwindigkeit von 800 km/h erreichen und eine bis dato nicht erreichte Höhe von bis zu 50 Metern.
Vor allem Amerika bedroht
Betroffen wären von den Flutwellen nicht nur die afrikanische und südwesteuropäische Küste bis nach England, die selbst an der britischen Küste noch eine Höhe von 12 Metern erreichen könnten.

Aufgrund der Geschwindigkeit der bei einem solchen Szenario entstandenen Tsunamis würden diese auch in wenigen Stunden den Atlantik überqueren und dramatische Verwüstungen an den Ostküsten des amerikanischen Kontinentes anrichten, so Simon Say.
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Pazifische Tsunamis
Im Bereich des Pazifiks ereignen sich im Durchschnitt zwei zerstörerische Tsunamis im Jahr. Tsunamis, die den gesamten Pazifik betreffen, sind selten, sie treten durchschnittlich alle zehn bis zwölf Jahre auf. Bei starken Erdbeben im pazifischen Raum ergeht automatisch eine Tsunami-Warnung an die Anwohner der Küste. Sie werden aufgefordert, höheren Grund aufzusuchen. Die Vorwarnzeit beträgt je nach Entfernung zum Erdbebenherd wenige Minuten bis einige Stunden.
->   Mehr zu Tsunamis
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40 Meter hohe Flutwellen in Rio
Das zu erwartende Zerstörungspotenzial kann 40 Meter hohe Flutwellen an den Küsten Brasiliens hervorrufen.

"Es ist durchaus möglich, dass 50 Meter hohe Tsunamis nach solch einem Bergrutsch plötzlich vor Miami, New York oder Boston auftauchen, und die Schadenszone bis zu 10 Kilometer landeinwärts reicht", erläutert der Geophysiker Simon Bay.

"Die daraus entstehenden Schäden würden in die Billionen Dollar gehen", so der Forscher vom Londoner University College. Selbst dann, wenn genügend Zeit bleibt, um bedrohte Regionen großräumig zu evakuieren.
'Wahrscheinlich nicht in den nächsten Jahren'
Eine nicht unwesentliche Einschränkung bezüglich seiner Katastrophenszenarios macht der britische Wissenschaftler allerdings: er glaubt nicht, dass sich jenes Ereignis in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten abspielen wird.

Möglicherweise wird es einige Eruptionen geben müssen, um die Flanke des Vulkans so zu destabilisieren, dass diese den prognostizierten riesigen Erdrutsch verursacht, vermutet der Wissenschaftler. Darüber hinaus würden einem solchen Kollaps Wochen seismischer Aktivität vorausgehen.
Kollaps prognostizierbar
"Wir gehen davon aus, dass man erst einige unterirdische Bewegungen feststellen muss, um einen drohenden Kollaps vorherzusagen", erklärte Day gegenüber BBC online.

"Die Tatsache, dass wir derzeit keine Bewegungen erkennen können, erlaubt uns die Vorhersage, das der 'Cumbre Vieja' nicht spontan kollabieren wird. Allerdings haben wir auch entdeckt, dass Eruptionen in Clustern auftreten. Und zwei dieser Eruptionscluster fanden erst in jüngster Vergangenheit statt", resümiert der Forscher.

(red)
->   Benfield Greig Hazard Research Center
->   Originalartikel in den 'Geophysical Review Letters' (Seite 3397; kostenpflichtig)
 
 
 
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01.01.2010