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Viren töten Krebszellen  
  Mit Hilfe eines speziellen Virus kann das "Selbstmordprogramm" von Tumorzellen ausgelöst werden. Damit könnten in Zukunft Krebszellen, die einen bestimmten Gendefekt aufweisen, gezielt angegriffen und vernichtet werden.  
Peter Beard und sein Team vom "Institut Suisse de Recherche Expérimentale sur le cancer" (ISREC) fand nun heraus, dass ein AA-Virus (adeno-associated virus) in Zellen, die ein mutiertes p53-Gen aufweisen, die Apoptose - den spontanen Zelltod - auslösen kann.

Zellen mit einem intakten Gen werden verschont, berichten die Wissenschaftler in der neuesten Ausgabe von "Nature".

Mehr als die Hälfte aller Krebsarten weist eine Mutation des so genannten p53-Gens auf. Durch den Defekt dieses Gens kommt es zu einer vermehrten Zellteilung und einer raschen Verbreitung der Krebszellen.
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Suppressorgen p53
ist in allen menschlichen Zellen vorhanden und ist ein natürlicher Krebshemmer, der die Bildung von Tumoren unterdrückt. Trifft ein toxischer Schadstoff auf die Zelle, dann setzt p53 einen Regulationsmechanismus in Gang, der die Körperzelle veranlasst, sich selbst zu reparieren. Außerdem regelt diese Gen den in jeder Zelle vorprogrammierten Zelltod, die so genannte Apoptose. Dieses Gen kann - sozusagen als Antwort auf irreperable, toxische Schäden - den Tod der geschädigten Zelle auslösen.
Da bei Krebszellen p53 mutiert ist und funktionell fehlt, ignorieren die bösartigen Zellen ihren biologisch vorprogrammierten Zelltod. Außerdem nehmen sie auf Grund des Fehlens dieses Suppressorgens die toxischen Schädigungen der Chemo- und Strahlentherapie nicht wahr und teilen sich trotz toxischer Einflüsse weiter.
->   Mehr Informationen über p53
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Virusstruktur täuscht Zelle
''Die virale DNA des AA-Virus scheint irgendwie die beschädigte DNA der Zelle zu imitieren'', sagt der Biochemiker Beard.

''Mit Hilfe seiner Struktur, sie erinnert an eine Haarnadel - ein einzelner Strang, der am Ende umgebogen ist - trickst das Virus die Zelle aus. Sie glaubt, das es sich bei der fremden DNA um die eigene, allerdings beschädigte DNA handelt'', so Beard weiter.
Reparatur oder Tod
Besitzt die vom AA-Virus infizierte Zelle ein intaktes p53-Gen, wird sofort ein Reparaturmechanismus in Gang gesetzt. Zuerst stellen die Zellen zwar ihre Teilung ein, erholen sich später aber, so Beard. Bei einem fehlenden oder defekten p53-Gen führt die Infektion zum Selbstmord der Zelle.
Ein Transport mit Hindernissen
Der Transport von viraler DNA ist allerdings mit großen Hindernissen verbunden. Denn um wirklich effektiv zu sein, müsste jede einzelne Tumorzelle infiziert werden.

Das ist auch das Problem des AA-Virus. Da er nur p53 mutierte Zellen schädigt, wäre es wünschenswert, den Virus direkt zu den Krebszellen zu dirigieren. Eine Möglichkeit, dieses Ziel zu erreichen, wäre eine genetische Optimierung des Virus, meint Beard. Dies wäre sicher die bessere Lösung als einfach die Dosis zu steigern.
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Adeno-assoziierte Viren (AAV)
lassen sich sowohl aus Säugetieren als auch aus Vögeln isolieren. Sie gehören zur Familie der Parvoviren und werden als defekte Viren (oder abhängige Viren) angesehen, da sie für eine produktive (lytische) Infektion Helferfunktionen benötigen, die entweder von Adenoviren oder Herpesviren zur Verfügung gestellt werden. In Abwesenheit dieser Helferfunktionen in den Zielzellen wird eine Zelle zwar von AAV infiziert, ruht aber als integriertes Genom in dieser Zelle (latente Infektion).
->   Mehr über AA-Viren
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Kombinations- oder Einzeltherapie?
Seit Ende der 80er Jahre versuchen Wissenschaftler einen Wirkstoff zu finden, der das in den Tumorzellen verloren gegangene p53-Gen ersetzt.

Bei diesen früheren Studien stellte sich heraus, dass die Behandlung mit Viren am besten wirkt, wenn gleichzeitig herkömmliche Krebsmedikamente gegeben werden.

So ähnlich wird nach den Vorstellungen von Peter Beard auch der klinische Einsatz des AA-Virus aussehen: ''Der neue Wirkstoff wird vermutlich zusammen mit herkömmlichen Krebsmedikamenten oder einer Strahlentherapie verabreicht werden.''

(red)
Der Artkel in der Fachzeitschrift 'Nature' (Bd. 412, S. 914 - 917/ kostenpflichtig)
->   Virus-mediated killing of cells that lack p53 activity
->   Institut Suisse de Recherche Expérimentale sur le cancer (ISREC)
->   Adenoviren
 
 
 
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01.01.2010