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Tintenfisch als Meister der Verwandlung  
  Ein bisher nicht bekannter Tintenfisch verblüfft Forscher mit seiner ungeheueren Wandlungsfähigkeit: Er kann mindestens drei verschiedene Meereslebewesen nachahmen und schreckt so seine Feinde ab. Damit ist er - unter Tintenfischen - einzigartig.  
Entdeckt wurde der wandlungsfähige Tintenfisch von zwei Unterwasser-Fotografen. Roger Steene und Rudie Kuiter tauchten vor der Küste von Sulawesi in Indonesien, als sie auf den seltsamen Oktopoden (Achtfüsser) stießen.
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Publikation im September
Eine Zusammenfassung der Beobachtungen dieses bisher noch nicht mit einem Namen versehenen Oktopus erscheint am 7. September in den Proceedings of the Royal Society of London.
->   Proceedings of the Royal Society of London
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Wandlungsfähiger Tintenfisch überrascht Experten

Der Oktopus in Ruhehaltung
Sie berichteten dem Biologen Mark Norman vom Melbourne Museum in Australien von ihrer Entdeckung. Norman ist Spezialist für die Gruppe der so genannten Cephalopoden.

Der zeigte sich völlig überrascht: Ein Oktopus, wie ihn die beiden Fotografen beschrieben, war ihm bisher völlig unbekannt. Seine Studie des noch nicht benannten Tintenfischs erscheint nun im September.
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Cephalopoden
Zur Gruppe der Cephalopoden oder Kopffüßer gehören zum Beispiel Kraken und Tintenfische. Der Name bezieht sich auf die ungewöhnliche Gestalt der Tiere: Ihre Arme bzw. Tentakel entspringen direkt dem Kopf. Streng genommen ist die Bezeichnung Tintenfisch nicht korrekt, denn es handelt sich um Mollusken (wirbellose Tiere), die eher mit Schnecken verwandt sind. Kopffüßer findet man nur in Salzwasser, sie kommen allerdings in allen Meeren der Erde vor.
->   Mehr Informationen zu Kopffüßern
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Viele Beispiele für Mimikry
Beispiele für die so genannte Mimikry finden sich in der Natur zu Hauf. Harmlose Schlangen sehen aus wie gefährliche und hochgiftige Korallenschlangen. Schwebefliegen und Bockkäfer ähneln mit ihren schwarzen und gelben Streifen den "gefürchteten" Wespen und Hornissen.
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Mimikry
Der Begriff bezeichnet ein biologisches Phänomen, bei dem ein Organismus sein Aussehen (oberflächlich) einem anderen Organismus angleichen kann, mit dem er taxonomisch nicht nahe verwandt ist. Diese Ähnlichkeit dient dazu, sich vor Feinden zu schützen: nachgeahmt wird nämlich Aussehen - also Farbe und/oder Körpergestalt -, Verhalten oder gar der Geruch von Tieren oder Pflanzen, die wegen ihrer Wehrhaftigkeit oder ihres schlechten Geschmackes von den Fressfeinden gemieden werden.
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Bisher bekannte Tintenfische schützen sich anders
Die bisher bekannten Oktopus-Arten sind in dieser Beziehung allerdings eher zurückhaltend: Sie haben sich in der so genannten Camouflage-Technik spezialisiert.

Ihre Körper können Farbe und Textur der Haut ändern und sich so - ähnlich dem Chamäleon - an ihre Umgebung anpassen und zwischen Steinen, Korallen oder Algen verstecken.
Blau gestreift wie der Löwenfisch
Der neu entdeckte Verwandlungskünstler kann jedoch zum Beispiel seine Tentakel weit ausbreiten und im freien Wasser schwimmen. Dabei ähnelt er stark dem hochgiftigen Rotfeuerfisch, dem er sich auch farblich angleicht.

 


Ganz links der Oktopus, rechts daneben der Löwenfisch; rechts oben der Oktopus als Plattfisch (siehe unten) und darunter der echte Plattfisch.
Flach wie eine Flunder oder lang wie eine Seeschlange

Der Oktopus (oben) und eine Seeschlange (unten)
Er kann aber seinen Körper auch flach machen und sich wellenförmig am Boden entlang fortbewegen wie ein Plattfisch ("flatfish") mit giftigen Stacheln.

Und wenn zum Beispiel ein Riffbarsch ("damselfish") versucht an ihm zu "knabbern", so steckt der Oktopus einfach sechs seiner Beine ins nächste Loch, die beiden verbleibenden lässt er eine giftige Seeschlage imitieren - größter Feind dieser Unterart der Anemonenfische.
Tintenfisch ändert sich je nach Gefahr
Dies lasse darauf schließen, dass sich der Fisch tatsächlich jeweils dem drohenden Unheil entsprechend ändere, meinen die Wissenschaftler.

Sein Verhaltens-Repertoire könnte gar noch andere gefährliche Tiere enthalten wie z.B. die Sandanemone, glaubt Norman.
Mimikry ist (über)lebensnotwendig

Der Oktopus auf Futtersuche
Tom Tregenza von der University of Leeds, Co-Autor der nun erscheinenden Studie, meint, der Tintenfisch brauche diese Mimikry dringend.

Denn im Unterschied zu anderen Arten stöbert er tagsüber über sandigen Meeresboden und damit den Blicken seiner "fischigen Feinde" offen ausgesetzt. Das sei ein so exponierter Lebensraum, dass Camouflage einfach nicht ausreiche, erklärt Tregenza.
Skeptische Stimmen ...
Andere Forscher sind zwar fasziniert, doch immer noch skeptisch was die Fähigkeiten des Tintenfischs zur Verkörperung angeht.
... fordern genauere Untersuchungen
Sie wollen erst noch genauere Untersuchungen, wie der Oktopus tatsächlich auf das Erscheinen von Räubern und wie wiederum diese auf seine Mimikry reagieren.

(red)
 
 
 
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01.01.2010