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Schwarzes Loch in unserer Galaxie  
  US-Astronomen haben neue Hinweise auf ein Schwarzes Loch im Zentrum der Milchstraße entdeckt. Die beobachteten Röntgenstrahlen sind der bisher beste Beweis dafür, dass es sich bei dem extrem massereichen Objekt in der Galaxiemitte um ein Schwarzes Loch handelt.  
Das erklären die Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe des britischen Fachjournals "Nature" vom Donnerstag.

Das Team um Frederick Baganoff vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge hatte weltweit erstmals Röntgenstrahlung aus der unmittelbaren Umgebung des rätselhaften Objektes beobachtet, wie "Nature" berichtet.
->   Originalartikel in "Nature" (Bd. 413, S. 45: kostenpflichtig)
Vermutungen seit 20 Jahren
Schon seit mehr als 20 Jahren vermuten Forscher auf Grund radioastronomischer Beobachtungen die Existenz einer solch kompakten Materieansammlung im Zentrum der Milchstraße.
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Radioastronomie ...
... nutzt elektromagnetische Wellen mit Wellenlängen von etwa einem Millimeter bis 20 Meter. Die auf der Erde empfangene Radiostrahlung kommt vor allem von örtlichen Quellen in der Milchstraße (Pulsare), von der Sonne und von Radiogalaxien und Quasaren. Ursachen der Radiostrahlung: 1. eine thermische Radiostrahlung; 2. Synchrotronstrahlung, entstanden durch Beschleunigung von Elektronen in Magnetfeldern; 3. Plasmaschwingungen, Schwingungen in Gasen mit geladenen Teilchen; 4. Linienstrahlung, vergleichbar den Spektrallinien im optischen Bereich.
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Direkter Beobachtung entzogen
Sie konnten ihre Identität aber noch nicht zweifelsfrei klären, denn ein Schwarzes Loch entzieht sich definitionsgemäß einer direkten Beobachtung. In seiner unmittelbaren Umgebung ist die eigene Schwerkraft so stark, dass selbst Licht nicht entweichen kann.

So konnte bisher nicht völlig ausgeschlossen werden, dass im Herzen der Milchstraße lediglich ein extrem dichter Haufen sehr massereicher Sterne lauert.
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Schwarze Löcher 1
Objekte, die eine so starke Schwerkraft haben, dass sie sämtliche Teilchen und elektromagnetischen Strahlen "schlucken". Ein Schwarzes Loch kann nicht direkt nachgewiesen werden. Schwarze Löcher können das Endergebnis einer Sternentwicklung von sehr massereichen Sternen sein.

Nach der Urknall-Theorie könnten sie auch Überreste aus der Zeit der Universumsentstehung vor 15 Milliarden Jahren sein. Prinzipiell könnte ein Schwarzes Loch vor allem dann nachgewiesen werden, wenn dieses Partner eines engen Doppelsternsystems ist. In diesem Falle muss von dem normalen Partner ein Gasstrom auf das Schwarze Loch überfließen. Bei der Gasbeschleunigung würde eine intensive Röntgenstrahlung entstehen. Bei Röntgenquellen könnten aber auch Neutronensterne als Partner auftreten.
->   Mehr zum Schwarzen Loch Cygnus1
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NASA/CfA/J.McClintock & M.Garcia


Das Bild des Chandra-Teleskopes zeigt das Spektrum eines Schwarzen Lochs, das dem Farbspektrum des Sonnenlichtes, durch ein Prisma gebrochen, ähnelt.
"Verräterische" Röntgenstrahlung
Die "verräterische" Röntgenstrahlung aus dieser Gegend hatte das Team mit dem 1999 gestarteten amerikanischen Röntgensatelliten Chandra registriert.

Da sich die Helligkeitsänderungen der starken Röntgenstrahlung innerhalb weniger Minuten vollzogen, so die Astronomen, könne die strahlende Quelle - eine extrem heiße Gaswolke noch außerhalb des zentralen Objektes - kaum größer als der Durchmesser der Erdbahn gewesen sein.
Nur Schwarzes Loch als Erklärung möglich
Würde ein Haufen massereicher Sterne auf einen solch engen Raum "zusammengepresst", müsste es ständig zu Zusammenstößen und damit verbundenen heftigen Strahlungsereignissen kommen, so die Forscher.

Das aber wird nicht beobachtet. So bleibt als Erklärung nur ein Schwarzes Loch, das rund 2,6 Millionen Sonnenmassen in sich vereint.
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Schwarze Löcher 2
Schwarze Löcher werden auch in den Kernen von Galaxien und Quasaren vermutet. Im Zentrum der Milchstraße fanden Astronomen 1996 eine Ansammlung von mindestens 2,5 Millionen Sonnenmassen in einem Raumgebiet, dessen Ausdehnung kleiner als zehn Lichttage ist. Diese Beobachtung gilt als ziemlich sicherer Hinweis auf die gravitative Wirkung eines Schwarzes Lochs.

In der Theorie könnten Schwarze Löcher über eine so genannte Einstein-Rosen-Brücke mit anderen Schwarzen Löchern zwei verschiedene, weit entfernte Teile unseres Universums oder zwei ganz verschiedene Universen verbinden. Untersuchungen haben gezeigt, dass Schwarze Löcher eine Entwicklung aufweisen. Für sehr kleine Schwarze Löcher gewinnen quantenmechanische Effekte wie der Tunneleffekt an Bedeutung, sodass Strahlung nach außen gelangen könnte. Dieser Effekt, der zum Verdampfen des Schwarzen Lochs führen könnte, wird Hawking-Strahlung genannt.
->   Mehr zu Schwarzen Löchern
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Nicht unerwartet
Völlig unerwartet kam der Röntgenstrahlenausbruch übrigens nicht, denn eine Forschergruppe vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn hat auf Grund theoretischer Betrachtungen solche Ereignisse in der Umgebung eines Schwarzen Loches vorausgesagt.

Anhand der jetzt gelungenen Messungen liefert ihr Erklärungsmodell auch eine Beschreibung des Vorgangs vor rund 25.000 Jahren - so lange brauchte die Strahlung von dort bis zur Erde.
600 Milliarden Grad
Demnach dürfte sich die Temperatur am Rand des Schwarzen Loches, möglicherweise durch gleichsam "nachrutschende" Materie, vorübergehend von 200 auf 600 Milliarden Grad erhöht haben, wodurch dann ein Teil der umgebenden Gaswolke in einer Art Verpuffung auseinander getrieben wurde.

In dieser extrem heißen Materie sei dann die beobachtete Röntgenstrahlung entstanden.
Frühere Hinweise
Aus früheren Untersuchungen des Instituts für Astronomie und Astrophysik der Universität München folgerten Wissenschaftler auch, dass selbst völlig normale und passive Galaxien massereiche Schwarze Löcher enthalten können.

Ein Beispiel ist die kleine, kompakte, elliptische Galaxie M 32, ein Begleiter der Andromeda-Galaxie. Sie enthält vermutlich ein Schwarzes Loch von ungefähr einer Million Sonnenmassen.
Jeder Galaxie ihr Schwarzes Loch
Ein extremer Fall ist die nahe, harmlos aussehende S0-Galaxie NGC 3115, in deren Kern ein gigantisches Schwarzes Loch von einer Milliarde Sonnenmassen zu finden ist.

Es deutet sich laut den deutschen Astronomen an, dass in der Tat jede Galaxie ein Schwarzes Loch im Zentrum beeinhaltet. Die Masse der Schwarzen Löcher ist dabei wahrscheinlich der Galaxienmasse proportional, so die Wissenschaftler aus München.

(dpa/red)
->   MIT Center for Space Research
->   Max-Planck-Institut für Radioastronomie
->   Institut für Astronomie und Astrophysik der Universität München
 
 
 
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01.01.2010