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Immer mehr Menschen leiden an Vorhofflimmern  
  Rund 700.000 Menschen weltweit erkranken jährlich an Vorhofflimmern, einer unkontrollierten Erhöhung der Schlagfrequenz des Herzens. Jetzt soll ein neue Technologie Abhilfe schaffen.  
In der Therapie kommen seit Jahren sowohl Medikamente als auch technische Hilfsmittel in Form von Herzschrittmachern zum Einsatz.

Eine Verbesserung der Situation Betroffener soll ein neues, programmierbares Gerät bringen, das auch im Rahmen einer internationalen Studie gute Ergebnisse erzielte, erklärten Medizinexperten bei einer Pressekonferenz heute, Donnerstag, in Wien.
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Was ist Vorhofflimmern?
Das Vorhofflimmern(VHF) ist eine spezielle Herzrhythmusstörung. Dabei kommt es zu einer ungeordneten Tätigkeit der Vorhöfe, d.h. die Stromleitung in den Vorhöfen ist einem ständigen Wechsel unterworfen. Die Folge dieser ungeordneten Tätigkeit ist eine unregelmäßige Schlagfolge der Herzkammern. Die Krankheit kann immer wieder oder aber auch plötzlich und für eine bestimmte Zeit auftreten. Das Vorhofflimmern tritt als tachykarde oder bradykarde Herzrhythmusstörung auf. Beim tachykarden Vorhofflimmern ist der Puls immer über 100 Schläge pro Minute, beim bradykarden unter 50 pro Minute.
->   Mehr zu Vorhofflimmern
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Immer häufiger
"Vorhofflimmern(VHF) wird immer häufiger", so Anita Rieder vom Institut für Sozialmedizin der Universität Wien, "besonders betroffen sind ältere Menschen".

Weltweit sind insgesamt rund fünf Millionen Menschen betroffen. Etwa 2,3 Prozent der Bevölkerung ab 40 Jahren und rund vier Prozent der Über-60-Jährigen - in Österreich rund 320.000 Menschen - leiden an VHF.
Verhinderung eines Schutzmechanismus
Das Überspringen der Reize vom Vorhof auf die Herzkammer verhindere ein Schutzmechanismus, erläuterte Karlheinz Tscheliessnigg, Vorstand der Chirurgischen Universitätsklinik Graz.

Das Risiko von Blutgerinnseln und Schlaganfällen steige aber laut Studien bis zum Fünffachen, die Sterblichkeit verdopple sich. Jährlich erleiden rund drei Prozent der VHF-Patienten einen Schlaganfall.
->   Universitätsklinik für Chirurgie in Graz
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Wie entsteht Vorhofflimmern?
Ursachen für Vorhofflimmern sind meist organische Herzerkrankungen wie: Herzinfarkt: Eine oder mehrere Verengungen der Herzkranzgefäße, die durch eine Kalkablagerung in den Herzkranzgefäßen bedingt ist (koronare Herzkrankheit); Arteriosklerose: Rheumatische Herzerkrankung; Hoher Blutdruck
Schilddrüsenüberfunktion; Herzklappenfehler, z.B. eine Mitralklappenverengung; nach Alkoholeinnahme/-exzess.

In zirka acht Prozent aller Fälle von Patienten mit Vorhofflimmern besteht keine organische Erkrankung. Dann tritt eine Herzrhythmusstörung plötzlich und meist für kurze Zeit auf.
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Medikamentöse Behandlung noch erste Wahl
Trotz des technischen Fortschritts ist bei der Therapie die medikamentöse Behandlung (etwa mit Amiodaron oder Sotalol) immer noch die erste Wahl, sagte der Kardiologe Florian Hintringer von der Universitätsklinik für Innere Medizin in Innsbruck.

Damit seien aber auch Probleme verbunden: "Bis zu 75 Prozent der mit Medikamenten Behandelten reagieren laut einer aktuellen Studie im Fachmagazin 'The Lancet' bereits nach 18 Monaten nicht mehr auf die Wirksubstanzen", so der Mediziner.
->   The Lancet (kostenpflichtig)
Programmier- und lernfähiges Gerät
Speziell zum Einsatz bei Vorhofflimmern hat die niederländische Firma Vitatron einen Herzschrittmacher entwickelt.

Das Gerät mit dem Namen "PreventAF" ist programmier- und "lernfähig" und führt bereits bei ersten Anzeichen von VHF zu einer Neu-Regulation des Herzschlags, indem es Daten über den Prozentanteil des Vorhofflimmerns an der Herztätigkeit, Informationen über Dauer und Verteilung der einzelnen Zeiträume und die Anzahl der Extrasystolen sammelt, die dem VHF vorangehen.
->   Mehr zu "PreventAF" auf der Viatron-Site
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Welche Symptome treten bei Vorhofflimmern auf?
Der Herzschlag ist nicht mehr regelmäßig. Beim tachykarden Vorhofflimmern hat der Erkrankte Herzrasen, Herzklopfen, Luftnot und Schmerzen hinter dem Brustbein. Ihm ist übel, er neigt zu Erbrechen und verspürt Unruhe. Beim bradykarden Vorhofflimmern tritt häufig Schwindel auf. Wird der Herzschlag zu niedrig, führt dies zu Bewusstlosigkeit. Häufig muss dann ein Herzschrittmacher eingebaut werden. Beim Vorhofflimmern können sich in den Vorhöfen Blutgerinnsel bilden. Die Blutgerinnsel werden eventuell mit dem Blut ausgeschwemmt und verschließen möglicherweise Gefäße. Tritt dieser Fall ein und werden Halsgefäße verschlossen, führt dies zum Schlaganfall.
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'Hervorragende Therapieoption'
Der programmierbare Herzschrittmacher stellt nach Ansicht Hintringers vor allem für jüngere, aktivere Patienten eine "hervorragende Therapieoption" dar.

Dies bestätige auch eine große internationale Studie, die kürzlich auf der Tagung der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in Stockholm vorgestellt wurde.
->   Europäische Gesellschaft für Kardiologie
Mit Uniklinik Graz
Beteiligt daran war als einziges österreichisches Zentrum auch die Universitätsklinik Graz, Michael Anelli-Monti: "Die Resultate zeigten die deutlichen Verbesserungen der Situation durch den Einsatz des "PreventAF" in Bezug auf die Minderung des Vorhofflimmerns durch präventive Stimulation und einem Ansteigen der Zeit, in der die Betroffenen mit einem normalen Sinusrhythmus leben."

Bei der Behandlung des Vorhofflimmerns ticke auch eine "Kostenbombe", mit der sich noch vor wenigen Jahren in Österreich kaum jemand auseinandergesetzt habe, so Rieder.

Nicht nur die Abklärung des Befundes, sondern auch die Folgekosten fielen ins Gewicht: Das Risiko, einen Schlafanfall zu erleiden, sei für VHF-Patienten fünf Mal höher als bei der Normalbevölkerung. Auf Basis einer belgischen Studien ließe sich laut Rieder annehmen, dass alleine die Spitalskosten jährlich rund 1,4 Mrd. S ausmachen.
 
 
 
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01.01.2010