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Das schwarze Loch im Teilchenbeschleuniger  
  Auf der Suche nach den Geheimnissen der Materie und des Universums übertreffen sich internationale Institute auch im Bereich der bei der Forschung eingesetzten Hochtechnologie. Bis zum Jahr 2005 soll in der Schweiz beim Forschungszentrum CERN der weltgrößte Teilchenbeschleuniger fertiggestellt werden, der jede Sekunde ein Schwarzes Loch produzieren kann.  
Durch die Realisierung des "Large Hadron Collider"(LHC) und der Simulation unzähliger Schwarzer Löcher in CERN wollen Physiker in aller Welt ein neues und erweitertes Verständnis für die verborgenen Dimensionen des Weltraums gewinnen.

Dies berichten Savas Dimopoulos von der Stanford University in Kalifornien und Greg Landsberg von der Brown University in Rhode Island, USA, in der aktuellen Ausgabe der "Physical Review Letters".

In dem 27 Kilometer langen Teilchenbeschleuniger werden winzigste Partikel und Materiebestandteile mit einer Energie auf einander geschleudert, die in den ersten Momenten nach dem Urknall vorherrschten.
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Teilchenbeschleuniger
Teilchenbeschleuniger sind Anlagen zum Beschleunigen von geladenen Elementarteilchen oder Ionen auf hohe Geschwindigkeiten. Teilchenbeschleuniger zählen zu den größten und teuersten in der Physik verwendeten Vorrichtungen. Sie bestehen im Wesentlichen aus drei Teilen: einer Quelle zur Freisetzung von Elementarteilchen oder Ionen, einer röhrenförmigen Bahn, in der sich die Teilchen frei bewegen können, und einer Einheit zum Beschleunigen der Teilchen.
->   Mehr zum LHC auf der LHC-Homepage
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Bild: Cern

Der rote Kreis beschreibt die Ausdehnugn des LHC(Large hadron Collider), der 2005 in Betrieb gehen soll.
Extreme Energien
Bei solch großen Energiequantitäten hoffen die Physiker zu begreifen, wie Materie Masse erwirbt und wie Gravitation quantenmechanisch zu interpretieren ist.

Diese Hoch-Energieereignisse werden eine riesige Anzahl an winzigen Schwarzen Löchern erzeugen, die Savas Dimopoulos und Greg Landsberg jetzt berechnen wollen.
Piraten des Weltraumes
Schwarze Löcher gelten als die 'Piraten' des interstellaren Weltraumes. Sie entstehen, wenn ausgebrannte Sterne unter ihrer eigenen Gravitation kollabieren.

Dabei verdichten sie gigantische Massen auf einen vergleichsweise winzigen Raum und entwickeln gewaltige Gravitationsfelder, die alles in ihrer Nähe - inklusive Licht - 'verschlingen'.
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Schwarze Löcher
Man unterscheidet rotierende und nicht-rotierende Schwarze Löcher. Der Radius eines nicht-rotierenden Schwarzen Loches kann berechnet werden, indem man die Masse M des kollabierenden Körpers mit der doppelten Gravitationskonstanten G multipliziert und das Ergebnis durch das Quadrat der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum dividiert. Unterschreitet ein Stern diesen Radius, beherrscht die Gravitation alle anderen Kräfte: dieser Radius definiert die Oberfläche - auch Ereignishorizont genannt - des Schwarzen Loches. Es gibt keine untere Grenze für den Radius eines Schwarzen Loches. Einige der urzeitlichen Schwarzen Löcher könnten mikroskopisch klein sein.
->   Mehr zu Schwarzen Löchern
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Bild: Cern

Computer-generierte Innenansicht der 27 Kilometer langen Tunnelröhre des LHC in CERN.
Kurzlebige....
Durch 'Verpacken' riesiger Energiemengen im LHC in winzige Dimensionen, sollen so die gewünschten Schwarzen Löcher entstehen.

Die Raumdimensionen, in die so viel Materie verpackt werden soll, sind laut den Physikern eine Million mal kleiner als die eines Atomkernes und werden gerade für einen kurzen Augenblick als Schwarzes Loch existieren.
...und sich verflüchtigende Schwarze Löcher
Der Physiker Stephan Hawking hatte schon in den 1970iger Jahren prognostiziert, dass sich Schwarze Löcher allmählich durch Abstrahlen ihrer Energie auflösen können. Daraus entstand der Begriff der 'Hawking-Strahlung'.

Für Schwarze Löcher in den Weiten des Weltraumes ist dies ein langsamer Prozess, aber sehr kleine Schwarze Löcher wie jene, die in CERN entsehen sollen, lösen sich nahezu unmittelbar auf.
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Hawking-Strahlung und Schwarze Löcher
...eine von Stephen W. Hawking theoretisch abgeleitete Strahlung und damit allmähliche Auflösung schwarzer Löcher, die durch einen Effekt der Quantentheorie entsteht. Ein schwarzes Loch zerstrahlt danach um so schneller, je geringer seine Masse ist. Die Hawking-Strahlung ist daher vor allem bei den beim Urknall entstandenen urzeitlichen schwarzen Löchern von Bedeutung. Diese müssten in der kosmologischen Gegenwart in einem Gammastrahlen-Blitz zerstrahlen, ein Effekt, der bisher aber nicht gefunden wurde.
->   Mehr zu Hawking-Strahlung
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Bestätigung von Hawking
Die Strahlung von sich auflösenden Schwarzen Löchern in den LHC-Experimenten sollte deren kurze Existenz signalisieren, so die Physiker Dimopoulos und Landsberg.

Dies könnte dann auch die Prognosen von Stephan Hawking bestätigen, die laut den Wissenschaftlern bislang nie einem genauen Test unterzogen wurden.

Was für die beiden Physiker aber noch faszinierender erscheint, ist die Aussicht, mit neuen Erkenntnissen über die Hawking-Strahlung auch die Struktur des Universums besser verstehen zu können.
Mehr Dimensionen als gedacht
Die meisten Theorien über die ersten Augenblicke des Universums stimmen dahingehend überein, dass die Raumzeit in jenen Momenten mehr als nur die vier üblichen Dimensionen (drei für den Raum, eine für die Zeit), die wir normalerweise erleben, gehabt haben muss.

Die Physiker sind sich allerdings uneinig darüber, wie viele Dimensionen tatsächlich zu einer erschöpfenden Erklärung des Universums nötig sind. Einen Hinweis darauf erhalten sie in den hochenergetischen Versuchen in Teilchenbeschleunigern wie dem LHC in CERN.
Wie viele Extradimensionen?
Das Verhältnis zwischen der Temperatur eines Schwarzen Loches, der Intensität seiner Hawking-Strahlung und seiner Masse hängt, so die Physiker, von der Anzahl der (angenommenen) Extradimensionen ab.

Durch das eingehende Studium jener Hawking-Strahlung im neuen LHC in CERN hoffen die Wissenschaftler die Anzahl der Extradimensionen genauer bestimmen zu können.
Artikel in den "Physical Review Letters"(87, 161602, 2001; kostenpflichtig) unter dem Titel "Black Holes at the Large Hadron Collider".
->   Artikel in den 'Physical Review Letters'
->   Forschungszentrum CERN
 
 
 
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01.01.2010