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Open University: Online-Pionier mit Vorsicht  
  Die britische Open University (OU) zählt als größte Fernuniversität Europas zu den technologisch kompetentesten Bildungsinstitutionen. Dennoch will man nicht auf den Zug der "virtuellen Universität" abfahren - und verhält sich bei der Propagierung von Online-Kursen eher vorsichtig.  
Bildung mehr als Informationsvermittlung
Während sich eine Vielzahl anderer Hochschulen zunehmend als "virtuelle Universitäten" auf dem härter werdenden Bildungsmarkt positionieren, bleibt das Studium via Datenleitung an der OU nur ein Phänomen unter vielen.

Richard Wheatcroft, der MBA Programm Direktor der Open University Business School (OUBS) zu science.orf.at: "Für die bloße Vermittlung von Information ist das Medium Internet sicher ideal. Bildung geht darüber aber weit hinaus."
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Berufsbegleitendes Studium seit 32 Jahren
Seit 1969 gibt es die Open University, beheimatet in der künstlich angelegten Satellitenstadt Milton Keynes, nördlich von London. Derzeit belegen über 200.000 Studierende weltweit Kurse an ihr - so viele wie in Österreich vor Einführung der Studiengebühren. Die OU wendet sich in erster Linie an Berufstätige, die in ihrer "Freizeit" Qualifikationen verbessern bzw. einen Abschluss erreichen wollen. Studieren kann man, derzeit noch mit Ausnahme von Medizin, alles von Naturwissenschaften über Wirtschaft bis hin zu Sozial- und Geisteswissenschaften.
->   Open University
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Analoge Vorteile

Campus der Open University in Milton Keynes
Deswegen sollen neue Technologien so eingesetzt werden, dass sie "gut für die Studierenden sind, und weniger für die Schlagzeilen", so Wheatcroft.

Konkret heißt das, dass zwar eine immer größer werdende Zahl der knapp 400 Kurse web-unterstützt ablaufen, dass sämtliche Unterrichtsmaterialien aber nach wie vor - und auf Wunsch der Kunden - in Form von Büchern und CD-Roms vorliegen.

Obwohl mindestens 70.000 Studierende Kurse belegen, die eines PC-Zugangs bedürfen, zählen viele nach Auskunft von Cheryl Beasley, der OUBS-Marketing Koordinatorin, aber nach wie vor auf die Qualitäten analoger Medien: Gerade Geschäftsleute oder andere Berufstätige, die viel Zeit vor Computern verbringen, schätzen ihrer Ansicht nach die Vorteile von Büchern - wie ständige Verfügbarkeit, Lesefreundlichkeit etc.
->   Open University Business School
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Open University in Österreich
In Österreich gibt es seit 1992 eine Dependance der Open University. Derzeit studieren dort etwa 400 Personen. Der überwiegende Teil belegt Kurse der Business School, rund 150 studieren aber andere Fächer aus den Sozial- und Geisteswissenschaften.
->   The OU in Austria
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Zeitdifferenz und Techno-Rücksicht
Weitere Gründe für die Zurückhaltung in Sachen Online-Kursen laut MBA-Direktor Wheatcroft: die Zeitdifferenz, die den rund um den Globus beheimateten Studierenden z.B. bei Live-Streamings von Lehrveranstaltungen zum Teil schlaflose Nächte bereiten könnten.

Und: Prinzipiell gelte das Prinzip, sich nach den technologisch "schlechtest ausgerüsteten" Menschen zu richten. Selbst wenn die große Mehrheit mittlerweile über die notwendigen Computer und Internet-Anbindungen verfügt, so gilt das bei weitem nicht für alle.
OU weiter Online-Pionier
Nichtsdestotrotz bleibt die Open University einer der europäischen Pioniere von webunterstützter Ausbildung. Seit 1997 ist ein "Masters in Open and Distance Learning" verfügbar, die Kommunikation zwischen Studierenden, Tutoren, Professoren und Verwaltung läuft zu einem großen Teil über das WWW und auch manche Kurse - wie z.B. "T171 - You, Your Computer and the Net" - werden ausschließlich via Internet angeboten.

Auch die regelmäßigen schriftlichen Arbeiten werden via Web abgeliefert und von den Tutoren korrigiert bzw. bewertet. Was - vor allem aus Sicherheitsgründen - noch nicht geht, ist das Online-Verfassen der schriftlichen Abschlussprüfungen.
->   You, Your Computer and the Net
->   Discovering Science
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Offen, aber nicht kostenlos
Die "Open" University geht auf eine Initiative des ehemaligen britischen Premierministers Harold Wilson zurück und brachte den Wunsch nach einer offenen "Bildung für alle" zum Ausdruck. Sichtbarstes Zeichen dafür bis heute: Um an der OU zu studieren, bedarf es weder einer Matura noch eines anderen spezifischen Schulabschlusses. Aber: Studieren an der Open University ist nicht "frei". Die durchschnittlichen Kosten für ein dreijähriges graduate-MBA betragen 230.000 Schilling, für einen Bachelor in Social Sciences etwa 90.000 Schilling.
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Am Beginn: Radio und TV
Ganz am Anfang der technologischen Innovationen standen Radio und Fernsehen. Bei den ersten Kursen im Jahr 1971 wurden den Studierenden Kassettenrekorder samt Audiotapes ausgehändigt. Von Beginn an trug auch die BBC zum Erfolg der Fernlehre bei, die verschiedene Studienprogramme landesweit ausstrahlte.

Bis heute befindet sich auf dem Gelände in Milton Keynes eine Sendeanlage der BBC, was nicht zuletzt zur Glaubwürdigkeit und Seriosität der Universität beiträgt.
Techno-Zukunft: Fingerabdrücke ...
Seither ist viel Zeit vergangen. Der MBA-Direktor Wheatcroft präzisierte gegenüber science.orf.at die Vorstellungen über den zukünftigen Einsatz von Technologien. Vor allem zwei Projekte sind es, an denen derzeit gearbeitet wird.

Zum einen an der Möglichkeit, Klausuren auch via World Wide Web zu schreiben. Hauptproblem dafür ist die Sicherheit - sowohl der Daten als auch der Identität der Studierenden.

Damit hier auch ganz sicher nicht geschummelt werden kann, wird an Systeme gedacht, die an die jüngst diskutierten "Antiterror-Maßnahmen" erinnern. Konkret: an die zweifelsfreie Identifizierung der Studierenden durch ihre Fingerabdrücke, die via Web zur Prüfungszentrale übermittelt werden.
... und Voice Recognition
Zum anderen soll via Voice Recognition - Software also, die Sprache automatisch in verarbeitbaren Text umwandelt - die Dateneingabe und die Kommunikation zwischen den Studierenden, den Tutoren und den Professoren erleichtert werden.

Lukas Wieselberg, science.orf.at
 
 
 
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01.01.2010