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Wissenschaftsverlage: Umsatzstark und unbekannt  
  Wenn am Wochenende das Lesevolk zur Frankfurter Buchmesse strömt, dürfte es in Halle 4.2. weitgehend ruhig bleiben. Wissenschaftliche Fachverlage gehören nicht zu den ersten Zielen der Besucher, ihre Namen sind kaum bekannt. Dabei stellen sie die literarische Konkurrenz in punkto Umsatz weit in den Schatten.  
"Wir haben Zeitschriften im Angebot, die erscheinen vier Mal im Jahr mit einer Auflage von 500 Stück, und das Jahresabo kostet 15.000 Mark", sagt Jürgen Richter, Geschäftsführer des größten deutschen Fachverlags, BertelsmannSpringer in Berlin.
Dreimal soviel Umsatz wie Bertelsmann
Sein Haus, das rund 700 Zeitschriften und 25.000 Bücher verlegt, setzte im vergangenen Jahr 10,8 Milliarden Schilling (786 Mill. Euro) um. Im Vergleich dazu fällt der Umsatz des größten deutschen Publikumsverlags - ebenfalls Bertelsmann - mit 3,24 Milliarden Schilling (235 Mill. Euro) geradezu mager aus.

Ob sich dahinter auch ein ebenso satter Gewinn verbirgt, darüber schweigen die Firmen. Branchenkenner gehen aber davon aus, dass wissenschaftliche Verlage bestens verdienen: Mit Literatur wird man bekannt, mit Wissenschaft reich.
->   BertelsmannSpringer
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Die Frankfurter Buchmesse
Mit nahezu 6.700 Ausstellern aus 105 Ländern ist die Frankfurter Buchmesse die weltweit größte Zusammenkunft der internationalen Buchwelt. Rund 1.500 Fachverlage präsentieren ihr Programm, das zum einen aus Büchern und Zeitschriften für spezielle Berufsgruppen besteht, zum anderen aus wissenschaftlichen Publikationen, die direkt in die Institute und Bibliotheken wandern.
->   Die Buchmesse
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Nahverhältnis zwischen Anbietern und Abnehmern
Nirgends in der Verlagswelt ist das Verhältnis zwischen Anbietern und Abnehmern so eng wie bei wissenschaftlicher Literatur. Die Forscher sind Leser und Autoren zugleich und haben meist keine Wahl: Ein Reproduktionsmediziner oder Atomphysiker muss die wichtigsten Veröffentlichungen aus seinem Fachgebiet einfach haben, koste es was es wolle.

Das freut die Verlage. Sie können auf eine zwar kleine, aber ungemein treue Zielgruppe bauen, die ihre Käufe in öffentlichen Etatverhandlungen zudem langfristig ankündigt.
"Preissteigerungen ohne Ende"
Die Kunden indes fühlen sich ein wenig erpresst. Einkäufer wie Margot Wiesner von der Frankfurter Universitätsbibliothek klagen über "Preissteigerungen ohne Ende".

Während die öffentlichen Budgets seit 1997 nur um knapp zehn Prozent gewachsen sind, schossen die Abonnement-Preise für wissenschaftliche Zeitschriften um weit mehr als 30 Prozent in die Höhe, hat der Dienstleister Ebsco errechnet.

Je unverzichtbarer die Blätter, desto mehr langten die Verlage hin, sagt Ebsco-Geschäftsführer Udo Zimmermann. Die Folge: Die Bibliotheken müssen Abos kündigen. "Das setzt dann eine Spirale in Gang: Wenn die Abos zurückgehen, sinken die Auflagen. Dann steigen die Kosten und damit wieder die Preise."
->   Ebsco München
E-Publishing: Chance oder Risiko?
"Die Definition der richtigen Auflage ist das Geheimnis des Erfolgs", weiß Bertelsmann Springer-Chef Richter. Der Hauptgrund für die Preissteigerung der Wissenschaftsliteratur aber ist ein anderer. Die Verlage bilden hohe Rücklagen für die Umstellung auf elektronisches Publizieren.

Richter prophezeit seiner Branche "eine echte Bedrohung" durch Online-Medien. Andere glauben indes an die Überlegenheit des Gedruckten, gerade in der Wissenschaft.

Der Sprecher des Arbeitskreises elektronisches Publizieren des Börsenvereins, Arnoud de Kemp, schätzt die Zukunft so ein: Die Elektronik wird die wissenschaftliche Kommunikation beherrschen. "Das, was bleibt" wird aber weiterhin gedruckt und gebunden im Regal stehen.

(Sandra Trauner, dpa)
 
 
 
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01.01.2010