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Ozonlöcher über der Nordhalbkugel?  
  Ein Großteil der die Ozonschicht zerstörenden Chemikalien stammt aus der nördlichen Hemisphäre. Doch warum das große Ozonloch der Erde sich über der südlichen Halbkugel bildete, war bis lang unklar. Jetzt haben Forscher entdeckt, dass gigantische planetare Wellen die Entstehung von Ozonlöchern unterbinden. Doch gerade der einsetzende Klimawandel könnte die dämpfende Wirkung jener Wellen umkehren und die Entstehung von Ozonlöchern über der Nordhalbkugel wahrscheinlicher machen.  
Kleinere Ozonlöcher hatte man über der Nordhalbkugel schon beobachtet, nämlich im Frühjahr 1997. Doch solche Ereignisse waren bisher eher die Ausnahme als die Regel.

Die chemischen Prozesse der Ozonzerstörung laufen nur unter den extrem niedrigen Temperaturen ab, wie sie in der Stratosphäre der Antarktis gegeben sind. Die Temperaturen in der arktischen Stratosphäre sind dafür nicht tief genug, wie die NASA berichtet.
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Planetare Wellen
Hohe Berge und Land-Wassergrenzen generieren in den
Luftschichten der Atmosphäre Wellenbewegungen, die auch 'Planetare Wellen' genannt werden. Diese planetaren Wellen erwärmen Polarluft. Planetare Wellen können so groß werden, dass sie den gesamten Erdball umspannen. Sie führen zu massiven Luftumschichtungen zwischen Nord und Süd, während sie um den Planeten wandern. Nach ihrer Entstehung in der Troposphäre wandern sie in höhere Luftschichten, wobei sie dann ihre Energie in die Stratosphäre transferieren.
->   Mehr zu Planetaren Wellen
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Erwärmende Wirkung
Starke planetare Wellen, wie sie vorwiegend in der nördlichen Hemisphäre vorkommen, erwärmen die Stratosphäre der Arktis und unterbinden dadurch die Bildung von Ozonlöchern auf der Nordhalbkugel.

Die Landmassen auf der Südhalbkugel produzieren ebenfalls planetare Wellen, doch diese sind wesentlich schwächer als die nördlichen und können deshalb auch die antarktische Hemisphäre nicht in dem Maße erwärmen, wie das auf der Nordhalbkugel der Fall ist.

 
Bild: Lamont Poole, NASA

Polare Stratosphären-Wolken wie die hier dargestellten sind häufig in der Antarktis auszumachen. Sie entstehen bei Temperaturen in der Stratosphäre unter minus 78 Grad Celsius und stellen eine Gefahr für die stratosphärische Ozonschicht dar. Kleine Eiskristalle in den Wolken bilden Oberflächen, an denen Ozonzerstörende Substanzen wie die FCKWs(Fluorchlorkohlenwasserstoffe) in ihre aggressive Variante umgewandelt werden.
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Stratosphäre
Atmosphärenschicht von ca. 12-50 km Höhe zwischen Troposphäre und Mesosphäre; in der unteren Stratosphäre bis ca. 30 km Höhe bleibt die Temperatur nahezu konstant bei -55° C, darüber steigt sie an und erreicht an der Obergrenze (Stratopause) einen Jahresmittelwert von etwa + 10° C; Ursache für den Temperaturanstieg ist die Absorption von kurzwelliger Sonnenstrahlung durch das Ozon; die obere Stratosphäre weist im europäischen Sommer ein polares Hoch mit Ostwind über der Nordhalbkugel auf, im europäischen Winter ein polares Tief und Westwind.
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Himalaya wichtig für Nordhalbkugel
"Das Himalaya-Plateau ist ein starker Motor für die Entstehung starker planetarer Wellen auf der Nordhalbkugel", erklärt Paul Newman, ein Atmosphären-Spezialist am 'Goddard Space Flight Center' der NASA. "Wenn wir den Himalaya nicht hätten, dann wäre die Stratosphäre über der Nordhalbkugel und der Arktis wohl wesentlich kälter", so Newman.

Und das würde nach den vorliegenden Ergebnissen bedeuten, dass die Wahrscheinlichkeit der Entstehung von Ozonlöchern über der Nordhalbkugel ansteigen würde.
5 bis 10 Grad wärmer
Laut Newman erwärmt eine planetare Welle die Polarregion um 5 bis 10 Grad Celsius. "Eine warme polare Stratosphäre befindet sich normalerweise in einem Temperaturbereich von minus 73 Grad bis minus 63 Grad Celsius."

Es kam aber auch schon, wie im Frühjahr 1997 vor, dass die planetaren Wellen nicht stark genug waren die Stratosphäre ausreichend (wärmer als minus 78 Grad Celsius) zu erwärmen, um die Entstehung eines Ozonloches zu verhindern.

 
Bild: NASA

In den Jahren, in denen die planetaren Wellen auf der Nordhalbkugel schwächer als gewöhnlich ausfielen, konnte sich ein Ozonloch in der nördlichen Hemisphäre bilden.
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Die Ozonschicht und ihre Zerstörung
Die Ozonschicht ist eine Stratosphärenschicht in 20 bis 50 km Höhe. Sie filtert energiereiche UV-Strahlung aus dem Sonnenlicht und ermöglicht so das Leben auf der Erde. Die Ozonschicht wird durch FCKWs, die z.B. in der Klimatechnik und verwendet werden, zerstört. Seit Ende der 1970er Jahre wird im Herbst jedes jahres eine drastische Abnahme des stratosphärischen Ozons über der Südpolarregion beobachtet. Mittlerweile wird auch ein globaler Ozonabbau registriert. Deshalb einigten sich Vertreter aus 46 Nationen 1987 in Montreal auf eine stufenweise Reduktion des FCKW-Einsatzes. Bei der Zerstörung der schützenden Ozonschicht erreicht mehr UV-Licht die Erdoberfläche. Die Folge wäre ein Anstieg der Hautkrebs- und Mutationsraten.
->   Mehr zu Ozon
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Ozonloch im Norden?
Laut Newman können solche Ereignisse wie die Entstehung eines Ozonloches über der Nordhalbkugel 1997 durch die zunehmende Klimaveränderung in Zukunft wahrscheinlicher werden. "Wenn unsere Modelle von der Abkühlung der arktischen Stratosphäre korrekt sind, dann werden die Ozonwerte in der Stratosphäre der Nordhalbkugel sinken", so Newman.

Die Abkühlung der Stratosphäre über der Nordhalbkugel wäre ein kurioses Resultat der Klimaerwärmung. Denn die Treibhausgase, die die von Erde wieder abstrahlende Hitze in den niedersten Schichten der Atmosphäre einfangen, reduzieren damit gleichzeitig die Temperatur in der höher gelegenen Stratosphäre.
Computermodelle mit ähnlichen Prognosen
Auch von Computern errechnete Zukunftsmodelle sehen einen Einfluss der Klimaerwärmung auf die Abschwächung von planetaren Wellen auf der Nordhalbkugel. Der dadurch erreichte Abkühlungseffekt könnte jenen der Abkühlung durch Treibhausgase noch übertreffen, so Klimaforscher.
Chemikalien als schwankender Faktor
Ein weiterer wichtiger wie schwankender Faktor sind die Konzentrationen der ozonzerstörenden Chemikalien in der Atmosphäre. Die Menge an FCKWs in der unteren Atmosphäre erreichte 1994 ihren Höhepunkt, um dann langsam wieder abzusinken.

Computermodelle prognostizieren, dass die FCKW-Konzentration in 30 bis 50 Jahren zu den niederen Werten von vor 1980 zurückkehren werden. Da sich die Klimaveränderungen in ähnlichen Zeitdimensionen bewegen, ist es jetzt noch schwierig zu sagen, welcher Trend der dominantere sein wird: die Abkühlung der Stratosphäre, welche ein großes Ozonloch auf der Nordhalbkugel wahrscheinlicher machen würde oder der Abfall in der FCKW-Konzentration, der ein Ozonloch wieder unwahrscheinlicher machen würde.
->   Goddard Space Flight Center
->   Ozonlochtour
 
 
 
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01.01.2010