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Riesiges Radioteleskop entsteht in Mexiko  
  Auf Mexikos höchster Baustelle öffnet sich ein neues Fenster zum All. 4.560 Meter über dem Meer, auf dem Gipfelplateau des Cerro La Negra, entsteht eines der weltgrößten Radioteleskope, das bei Astronomen rund um den Globus große Erwartungen weckt.  
Rund 200 Kilometer östlich von Mexiko-Stadt, auf dem Tliltepetl, wie der "Schwarze Berg" auch heißt, dröhnen derzeit die Bagger, rattern die Generatoren, wühlen sich Raupen durchs Gestein, schwingen höhenerprobte Arbeiter ihre Spaten.
Standort: 18 Meter hoher Betonkegel
Vor der Kulisse des Pico de Orizaba, des verschneiten Nachbarvulkans, ragt ein 18 Meter hoher Betonkegel in den meist tiefblauen Himmel.

In knapp zwei Jahren soll dort das "Large Millimeter Telescope" (Großes Millimeterteleskop/LMT) seine Parabolantenne erstmals ins All richten.
Riesige Parabolantenne ...
Mit 50 Metern Durchmesser wird sie die weltweit größte für den Empfang von Radiowellen im Bereich von ein bis drei Millimeter Wellenlänge.
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Radioteleskope
Radioteleskope machen sich zu Nutze, dass alle Materie im All elektromagnetische Schwingungen aussendet. Dabei hat jedes Atom oder Molekül eine so spezifische Wellenlänge, dass man von einer Art "Fingerabdruck" des Elementes sprechen kann. So können die Wissenschafter beispielsweise erkennen, ob die Strahlung von einem Kohlenmonoxidmolekül oder einem Wasserstoffatom stammt.
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... soll Astronomen neue Erkenntnisse liefern
Sie soll den Astronomen neue Erkenntnisse über die Entstehung sehr ferner Galaxien am Rande des Universums liefern, aber auch von Sterngeburten in unserer Milchstraße in "nur" 500 Lichtjahren (knapp fünf Billiarden Kilometer) Entfernung.
Suche nach Grundbausteinen des Lebens im All
Darüber hinaus wollen die Forscher das All nach Spuren von Aminosäuren durchkämmen, einem Grundbaustein des Lebens, erläutert Projektmitarbeiter Luis Carrasco Bazua.
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Immense Baukosten
Die Baukosten von rund 80 Millionen US-Dollar (87,9 Mill. Euro/1,210 Mrd. S) teilen sich das mexikanische Nationale Institut für Astrophysik, Optik und Elektronik (INAOE) in Tonantzintla bei Puebla (125 Kilometer östlich von Mexiko-Stadt) und die Universität von Massachusetts in Amherst (USA).
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Virtuelles Riesenteleskop
Neben Mexiko und den USA wollen auch Astronomen in anderen Ländern das neue Fenster zum All nutzen.

So möchten etwa Forscher des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie bei Bonn das LMT mit ihren Instrumenten zu einem virtuellen Riesenteleskop zusammenschalten, wie es auch bereits mit anderen Observatorien funktioniert.
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Globales Projekt für astronomische Datenvernetzung
Mehrere Initiativen widmet sich einer gigantischen Aufgabe: Sämtliche astronomischen Datenbanken sollen einst über das "Virtual Oberservatory", so der Name des globalen Projekts, vernetzt werden und nicht nur allen Interessierten zur Verfügung stehen sondern vor allem die umfassende Datenanalyse durch bereitgestellte Software ermöglichen. Das Internet fungiert sozusagen als "World-Wide Telescope".
->   Mehr dazu in science.orf.at
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Karten von Galaxiekernen
"Für diese Interferometrie im Millimeterwellenbereich ist das LMT enorm interessant", urteilt der Bonner Radioastronom Anton Zensus. Auf diese Weise könnten beispielsweise sehr detaillierte Karten von aktiven Galaxienkernen entstehen.

"Gerade bei der Bildung neuer Sterne, einem der großen Rätsel der Astronomie, entsteht der größte Teil der Strahlung im Millimeterbereich", erläutert der in Mexiko forschende niederländische Astronom Elias Brinks.
Präzisionsbau im Mikrometer-Bereich
Der Bau von Millimeterteleskopen erfordere aber besondere Präzision. So müssen beispielsweise die 180 Kohlenstofffaser-Segmente, aus denen die Antenne zusammengesetzt wird, auf 15 Mikrometer genau gefertigt werden.

Das Verfahren dazu wurde von einer Firma in San Diego (US-Staat Kalifornien) entwickelt, hergestellt werden sie von einem mexikanischen Partner. Denn das LMT-Projekt soll auch dem Technologietransfer dienen.
Die "Widrigkeiten" der Natur
Die Präzision der Teile ist allerdings nicht die einzige Schwierigkeit beim Bau des LMT. Ein Weg auf den Gipfel musste erst gebahnt werden.

Einige Kurven sind zum Beispiel noch zu entschärfen, bevor die Stahlträger des Außengestells der Antenne und das vier Tonnen schwere Kugellager hinaufgebracht werden können.
Noch ohne Stromanschluss
Bisher gibt es dort oben, hoch über Kieferwäldern und Maisfeldern, Agavenhainen, Blumenauen und Kakteensteppen, auch noch keinen Stromanschluss.

Die Arbeiter müssen jeden Abend ins 2.700 Meter hohe Atzintzintla hinuntergefahren werden, denn auf 4500 Metern Höhe schläft es sich schlecht. Der nächtliche Sternenhimmel ist dort allerdings auch mit bloßem Auge überwältigend.

(Klaus Blume, dpa)
->   Homepage des Projekts
 
 
 
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01.01.2010