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Chemische Hilferufe von Pflanzen  
  Im Labor konnte bereits nachgewiesen werden, dass Pflanzen auf Schädlingsbefall mit chemischen Duftstoffen reagieren, die Helfer anlocken sollen. Die Wirksamkeit der Methode im Freiland wurde jedoch bezweifelt, Forscher haben nun den Beweis angetreten.  
Labortest: Duftsignale lockten Helfer an
Die Idee, dass Pflanzen beim Befall durch Raupen oder andere Fraßfeinde chemische Stoffe aussenden um etwa räuberische Insekten anzulocken könnten, ist nicht neu.

1995 beschrieben amerikanische Wissenschafter erstmals, wie im Labor von Schädlingen attackierte Pflanzen mittels Duftsignalen Schlupfwespen anlockten, die dann ihrerseits den Schädlingen den Garaus machten.
Mechanismus funktioniert auch im Freiland
Nun konnten Experten des deutschen Max Planck-Instituts (MPI) für chemische Ökologie in Jena nachweisen, dass der Mechanismus auch im Freiland funktioniert.

Neben einer direkten Abwehr - also beispielsweise durch die Produktion bestimmter Giftstoffe - haben Pflanzen demnach noch weitere Möglichkeiten zur Selbstverteidigung entwickelt.
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Direkte Abwehr mit Giften
Pflanzen sind wehrhafter, als man meinen könnte. Zur direkten Abwehr etwa von Insekten setzen sie beispielsweise hochwirksame Gifte ein, die den hungrigen Sechsbeinern den Appetit gründlich verderben sollen.

Allerdings gelingt es verschiedenen pflanzenfressenden Tieren, sich an die chemischen Keulen der Pflanzen anzupassen. So haben sich etwa die Raupen des Amerikanischen Tabakschwärmers - Manduca sexta - an das von der wilden Tabakart Nicotiana sylvestris produzierte Nikotin soweit angepasst, dass ihnen das Gift nichts anhaben kann.
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Chemischer Hilferuf bei Maispflanzen
Die chemischen Hilferufe wurden erstmals für Maispflanzen nachgewiesen. Werden diese nämlich von Raupen attackiert, sondern sie Duftstoffe ab, die - jedenfalls im Labor - parasitische Wespen anlocken.

Diese Schlupfwespen wiederum legen ihre Eier in die Raupen, aus den Eiern schlüpfen Wesenlarven, welche die Raupen von innen her bei lebendigem Leib auffressen.
Kritische Stimmen: Zweifel an Funktionieren in Natur
In den vergangenen Jahren mehrten sich aber auch kritische Stimmen unter den Forschern, welche die Wirksamkeit des im Labor nachgewiesenen Mechanismus im Freiland anzweifelten.

Die deutschen Forscher haben sich daher in die Great Basin Desert im Südwesten der USA begeben und dort die Verhältnisse an wilden Tabakpflanzen der Art Nicotiana attenuata studiert.
Tabakpflanze gibt Chemikalien ab
Es zeigte sich, dass der Wilde Tabak auf den Befall von drei verschiedenen Arten von Pflanzenfressern mit der Abgabe einer Reihe flüchtiger Chemikalien reagierte.
Wanzen als Helfer der Pflanzen?
Darauf hin befestigten sie Eier des Tomatenschwärmers Manduca quinquemaculata an den Pflanzen. Teilweise waren die Pflanzen zuvor mit synthetischen Komponenten aus der zuvor analysierten Duftfahne von angegriffenen Pflanzen behandelt worden.

Die Wissenschafter stellten fest, dass an den manipulierten Pflanzen mehr der angehefteten Eier - offenbar herbeigerufenen - räuberischen Wanzen zum Opfer fielen als an den unbehandelten
Pflanzen.
Weniger Eier an bedufteten Pflanzen
Auch legten weniger Tomatenschwärmer-Weibchen ihre Eier auf die bedufteten Tabak-Pflanzen. Die gleichen Effekte ließen sich durch den Botenstoff Methyljasmonat hervorrufen.
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Methyljasmonat
Dieser Botenstoff beeinflusst die Insekten nicht direkt, vielmehr kurbelt er als Signalgeber die Produktion von Pflanzeninhaltsstoffen an. Methyljasmonat wird von den Pflanzen selbst produziert, wenn Gewebsverletzungen vorliegen.
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Mögliche Nutzung in der Landwirtschaft
Nach Ansicht der Forscher wurden die Möglichkeiten der indirekten Abwehr von Feinden durch Pflanzen in der Landwirtschaft bisher zu wenig genutzt.

Dabei könnte sich daraus eine effektive und vor allem umweltfreundliche Methode der Schädlingsbekämpfung entwickeln: Ein bisschen Duft und schon finden sich zuhauf räuberische Insekten auf Feld und Acker ein, welche den Pflanzenschädlingen das Lebenslicht ausblasen.
->   Max Planck-Instituts für chemische Ökologie
 
 
 
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01.01.2010