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"Organische Transistoren" für neue Mikrochip-Ära?  
  Kleiner, schneller, billiger - die herkömmliche Chiptechnik stößt allmählich an ihre Grenzen. Die derzeit genutzte Siliziumtechnik wird nach Schätzungen von Experten spätestens in zehn bis 15 Jahren aus physikalischen Gründen nicht mehr mit der rasanten Miniaturisierung mithalten können. Winzige Transistoren auf Basis von Kohlenstoff-Verbindungen sollen nun eine neue Mikrochip-Ära einläuten.  
Mini-Transistoren aus organischem Material
Physiker der legendären Bell-Labs in Murray Hill (US-Bundesstaat New Jersey), der Forschungsabteilung der Lucent Technologies, haben jetzt Mini-Transistoren mit organischen, also auf Kohlenstoff aufbauenden, Materialien vorgestellt.
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Die Bell-Labs - "Hochburg der Wissenschaft"
Die Forschungsstätte im amerikanischen New Jersey ist eine Hochburg der Wissenschaft. 1947 wurde hier zum Beispiel der Transistor erfunden. Insgesamt werkten bisher nicht weniger als elf Nobelpreisträger in dem backsteinfarbenen Gebäude, weswegen die Bell-Laboratories, kurz Bell-Labs, auch als "Kaderschmiede für Nobelpreisträger" bezeichnet werden.

Bell-Labs

Artikel in science.orf.at:
Bell-Labs - Zentrum für Nobelpreisträger
Bell-Labs - die Zukunft des Internet
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Bis zu 100 Mal kleiner als Silizium-Technik
Teile dieser Transistoren sind bis zu 100 Mal kleiner als entsprechende Komponenten in der Silizium-Technik.

Der Transistor ist ein Schlüsselbaustein der immer kleiner werdenden Mikrochips. "Organische Elemente könnten einmal die Siliziumtechnik ersetzen, wenn diese nicht mehr weiter miniaturisiert werden kann", sagt der deutsche Bell-Physiker Jan Hendrik Schön.
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" Self-assembled monolayer ..."
Er präsentiert die winzigen Transistoren zusammen mit Kollegen im britischen Wissenschaftsjournal "Nature". Der Originalartikel "Self-assembled monolayer organic field-effect transistors" ist erschienen in der aktuellen Ausgabe des Magazins (Nature 413; erschienen am 18. Oktober 2001).
->   Originalartikel in "Nature" (kostenpflichtig)
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Anwendung noch "viele Jahre entfernt"
Von der Anwendung sei diese organische Molekular- Elektronik allerdings noch viele Jahre entfernt. Noch kommen die neuen Bauelemente auch nicht ganz ohne Silizium aus.
Silizium dient als Träger ...
Schöns Team hat auf einem Siliziumträger eine dünne, einlagige Molekülschicht aus so genannten Thiolen zwischen zwei Goldflächen eingeschlossen. Thiole sind organische Schwefelverbindungen, die ähnlich wie Alkohol-Moleküle aufgebaut sind.
... und als elektrischer Anschluss
Das Silizium dient dabei nicht nur als Träger, sondern neben den beiden Goldflächen auch als dritter elektrischer Anschluss.

Von den Eigenschaften her gleicht der Bell-Transistor laut Schön einem gewöhnlichen Silizium-Element. Die Dicke der Thiol-Schicht beträgt jedoch lediglich zwei Nanometer
(millionstel Millimeter), das ist knapp eine Million Mal dünner als ein Sandkorn.
Zwei Gramm für ein ganzes Fußballfeld
"Solche monomolekularen Schichten sind so dünn, dass rund zwei Gramm einer Substanz ausreichen, um ein ganzes Fußballfeld zu beschichten", erläutert der Chemiker Franz Effenberger, der - unabhängig von der US-Gruppe - an der Universität Stuttgart am gleichen Gebiet forscht.
Stuttgarter haben ähnlichen Transistor hergestellt
Auch Effenberger hat solche sich selbst ordnenden Ein-Molekül-Schichten bereits hergestellt. Dabei ist es seinem Team durch eine spezielle Maskierungstechnik sogar gelungen, die untere Goldschicht einzusparen.

"Das Ziel ist aber, das Silizium durch organische Halbleiter zu ersetzen, also Chips aus Kunststoff herzustellen", so Effenberger.
->   Universität Stuttgart Institut für Organische Chemie
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Großes Interesse der Industrie
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat kürzlich einen Forschungsschwerpunkt für Transistoren auf Basis organischer Verbindungen eingerichtet. "Die Industrie interessiert sich sehr für diese Technik, weil sich rein organische Bauelemente vermutlich nicht nur flexibler und kleiner, sondern auch einfacher und billiger herstellen lassen", sagt Effenberger. So wären auf Kunststoffbasis auch biegsame Chips für ganz neue Anwendungen möglich.
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"Neuer Winzling" zeigt den Weg
Der neue Winzling der Bell Labs, wo 1947 bereits der ursprüngliche Transistor erfunden worden war, zeigt die Marschrichtung vom Silizium-Mikrochip zum organischen Nanochip an.

Bislang seien etwa 1.000 bis 10.000 Moleküle an dem Schaltprozess in dem neuen Transistor beteiligt, erläutert Schön. "Wir hoffen aber, das auch mal mit einem einzigen Molekül machen zu können."
Irgendwann: Züchtung dreidimensionaler Schaltkreise ...
Es seien sogar spezielle Molekül-Komplexe denkbar, die alle Aufgaben der Transistorkomponenten übernehmen. Auf diese Weise ließen sich möglicherweise ganze dreidimensionale Schaltkreise chemisch züchten.

Till Mundzeck, dpa, 18.10.01
 
 
 
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01.01.2010