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Elektronenwellen für neue Computer-Chips  
  Deutsche Physiker haben mit Hilfe eines so genannten Rasterkraftmikroskops Ringstrukturen im Nanometerbereich auf Halbleiterbasis hergestellt. Sie nutzten dabei die Welleneigenschaften von Elektronen. Diese Welleneigenschaften werden bei der Entwicklung zukünftiger Computerchip-Generationen eine wichtige Rolle spielen.  
Dies berichten Physiker der Gruppe um Klaus Ensslin in der aktuellen Ausgabe von 'Nature'. Unter dem Titel "Energy spectra of quantum rings" veröffentlichen die ETH-Forscher nun ihre Resultate des Projekts, das möglicherweise für die Quanten-Informationsverarbeitung von großer Bedeutung sein könnte.
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Originalartikel in 'Nature' (Nature 413, 822 ¿ 825, 2001; kostenpflichtig) unter " Energy spectra of quantum rings".
->   Originalartikel in 'Nature'
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Teilchen und Welle
Elektrischer Strom in Halbleitern entsteht durch Elektronen, die durch leitende Gebiete flitzen. Beobachtet man solche Elektronen in sehr kleinen Strukturen, so stellt man fest, dass sie sich nicht immer wie Teile verhalten, sondern wie Wellen, ähnlich denen auf einer Wasseroberfläche.

Elektronenwellen können sich, ebenso wie Wasser- oder Lichtwellen, überlagern und sich an bestimmten Orten gegenseitig auslöschen oder verstärken - ein Phänomen, das als Interferenz bekannt ist.
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Die Eigenschaften von Elektronenwellen
Elektronen haben nicht nur Teilchen, sondern auch Wellencharakter. Die Elektronenwellen können interferieren und damit zu neuen Quanteneigenschaften in Elektronikelementen führen. Elektronenwellen können "Hindernisse" überwinden. Diese stellen in der Nanostruktur die verschiedenen Potentiale dar. Elektronen bewegen sich in der Nanostruktur wie in einer "Potentiallandschaft" mit Hügeln und Tälern.

Auch die Coulomb-Abstoßungskraft zwischen den geladenen Elektronen kann in Nanostrukturen zu Einzelelektroneneffekten führen: Wenn ein kleiner Raumbereich von Potentialwänden umgeben ist und so eine Potentialmulde gebildet wird, kann diese nicht mehr kontinuierlich mit Elektronen angefüllt werden. Das Hinzufügen des nächsten Elektrons erfordert eine zusätzliche Coulomb-Energie, die umso größer sein muss, je kleiner der Quantenpunkt ist, weil sich die Ladungsträger immer schwerer ausweichen können.
->   Mehr zu Elektronenwellen und Chips
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Mit sich selbst in Wechselwirkung
Pflanzt sich eine Elektronenwelle in einem ringförmigen Leiter fort, so kann sie auch mit sich selbst in Wechselwirkung treten.

Nur wenn der Umfang des Rings ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge ist, kann die Welle auf Dauer im Ring existieren und man spricht von einem "quantisierten Energieniveau", ähnlich wie bei den seit langem bekannten Energieniveaus in Atomen und Molekülen.
Energie-Quantisierung in Ringen
Andreas Fuhrer, Silvia Lüscher, Thomas Ihn und Klaus Ensslin von der ETH Zürich und Thomas Heinzel haben demonstriert, dass man diese Energie-Quantisierung in Ringen, die in der Natur zum Beispiel im ringförmigen Benzolmolekül vorkommt, auch künstlich erzeugen kann.

Dazu lässt man die Elektronen in einer sehr kleinen Halbleiterstruktur, einer sogenannten Nanostruktur, interferieren.
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Interferenz
Erscheinungen, die durch Überlagerung zweier oder mehrerer Wellen am gleichen Ort entstehen; tritt bei Schall-, Radio-, Licht-, Materiewellen auf. Interferenzerscheinungen treten auch bei der Beugung von Wellen an Hindernissen auf, die gegenüber der Wellenlänge klein sind. Es interferieren hierbei die an der Vorder- und Rückseite reflektierten Lichtwellen und ergeben die Interferenzfarben. Stehende Wellen entstehen durch Interferenz zweier einander entgegenlaufender Wellen. Die an Elektronenstrahlen und anderen Teilchenstrahlen beobachteten Interferenzerscheinungen zwingen dazu, auch die Materie als Wellenerscheinung aufzufassen.
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Neue Experimente, neue Fragen
Die Wissenschaftler beobachteten nun den Strom durch den Ring in kleinen Magnetfeldern und konnten so die quantisierten Energien messen und deren Verhalten mit bereits bestehenden Theorien vergleichen.

Obwohl diese Theorien in vielen Aspekten bestätigt wurden, werfen die Experimente eine Reihe neuer Fragen auf.
Sehr kleine Halbleiter-Ringe
Der entscheidende Schritt bei diesem Experiment bestand in der Herstellung sehr kleiner Ringe aus dem Halbleiter Galliumarsenid.

Dabei wird durch lokale Oxidation der Halbleiteroberfläche eine elektrisch leitende Ringstruktur mit einem Radius von 1/10.000-tel Millimeter erzeugt. Zum Vergleich: etwa 100 solcher Ringe passen auf die Breite eines menschlichen Haares.
->   Mehr zum Halbleiter Galliumarsenid
Oxidation mittels Rasterkraft-Mikroskop
Zur lokalen Oxidation verwendeten die Wissenschaftler ein so genanntes Rasterkraft-Mikroskop, mit dem Strukturen bis zur Größe atomarer Dimensionen abgebildet werden können.

Da Galliumarsenid häufig zur Produktion von kommerziellen Mikrochips, beispielsweise in Handys, verwendet wird, enthält dieses Experiment auch einen technologischen Aspekt: Die sehr kleinen Chips der Zukunft werden nicht mehr auf der Basis funktionieren, dass Elektronen Teilchen sind, sondern ihre Welleneigenschaften nutzen.
->   Solid State Physics Laboratory, ETH Zürich
->   Physik an der Universität Regensburg
->   Physik an der Universität Freiburg
 
 
 
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01.01.2010