News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 
Ur-"Krokodil": lang wie ein Bus, schwer wie ein Wal  
  Ein Furcht erregendes "Superkrokodil" aus der Urzeit haben US-Forscher aus versteinerten Schädel- und Skelettknochen rekonstruiert. Erstmals kommen damit genaue Details von Anatomie, Lebensweise und Stammbaum des krokodilähnlichen Riesen-Reptils ans Licht.  
Das berichtet das US-Wissenschaftsjournal "Science", das den Sarcosuchus imperator in seiner Online-Ausgabe "Sciencexpress" vom Donnerstag vorstellt.
->   "Sciencexpress" (kostenpflichtig)
Ur-Reptil lebte vor 110 Millionen Jahren
Das afrikanische Kreidezeit-Reptil hatte demnach das Aussehen eines Krokodils, aber einen Leib von der Länge eines Busses und mit seinen acht Tonnen das Gewicht eines kleinen Wals. Es lebte vor rund 110 Millionen Jahren in der Tenere-Wüste von Niger.

Dem US-Forscher Paul Sereno und Kollegen von der University of Chicago zufolge ist Sarcosuchus mit anderen krokodilähnlichen Ur-Reptilien verwandt, hatte aber vermutlich andere Lebens- und Fressgewohnheiten.
...
Kreidezeit
Die Kreidezeit begann vor ungefähr 146 Millionen Jahre und endete vor 65 Millionen Jahre. Zu Beginn der Kreidezeit entwickelten sich die Blütenpflanzen, die in den letzten 50 Millionen Jahren der Kreidezeit schließlich auf der Erde dominierten. Es entstand eine Nahrungskette mit Insekten, Vögeln und kleinen Säugetieren. Dies beeinflußte die Evolution wesentlich. So entstand eine riesige Anzahl verschiedener Spezies. Auch die Reptilien erlebten eine enorme Ausbreitung. Es tauchten die ersten Ceratopsiden und pachycepalosauriden Dinosaurier auf. Typische Vertreter dieser Zeit sind der Tyrannosaurus rex und der Triceratops. Gegen Ende der Kreide starben die Dinosaurier schließlich aus.
...
Fleischige Ernährung
Aus seinem Überbiss und den kräftigen, weich abgerundeten Zähnen schließen die Forscher, dass der Sarcosuchus anders als seine Fisch fressenden "Vettern" Pholidosaurus und Terminonaris auch Fleisch zu sich nahm, vielleicht in Form kleiner Dinosaurier.
Größenvergleich
 
Bild: dpa/Science

Das undatierte Bild zeigt die Schädelknochen eines heute lebenden Orinoco-Krokodils und die gewaltigen, rekonstruierten Schädelknochen eines Urzeit-Krokodils im Größenvergleich.
Schutz durch dicken Knochenpanzer
Der Sarcosuchus war vom Kopf bis zur rund zwölf Meter entfernten Schwanzmitte durch einen dicken Knochenpanzer geschützt.
60 Jahre zum "Erwachsenwerden"
Die Wachstumsringe der einzelnen Knochenplatten verraten den Paläontologen eine andere Eigenart des "Superkrokodils": Es brauchte 50 bis 60 Jahre, um seine volle Größe zu erreichen. Das deute auf eine überraschende Langlebigkeit, kommentiert Sereno.
Kopf besteht fast nur aus Maul
Der Kopf des Sarcosuchus war fast nur Maul. Es machte 75 Prozent der gesamten Schädellänge aus. Außerdem war es verhältnismäßig breit - verglichen mit den spitzen Schnauzen des Gharial-Krokodils (Gavialis gangeticus), das im heutigen Indien lebt, und anderen Urzeit-Reptilien wie Pholidosaurus und Terminonaris.
...
Lebensraum Flussbett
Fossilien dieser beiden "Vettern" von Sarcosuchus hatten Paläontologen im Meeresablagerungen entdeckt. Das krokodilähnliche Ur-Reptil dagegen lebte im Flussbett, rund 150 Kilometer von der Küste des heutigen Niger entfernt.
...
Geheimnisvoller "Knochen-Knollen"
Ungeklärt ist noch die Funktion der "Bulla", eines knollenförmigen Knochenwuchses am äußeren Ende des Mauls.

Da sowohl die männlichen wie auch die weiblichen Reptilien mit einer Bulla vergleichbarer Größe ausgestattet waren, handelt es sich nach Meinung des Chicagoer Teams nicht um ein Geschlechtssymbol.
Hilfe beim Riechen und "Sprechen"?
Möglich dagegen wäre, was manche Reptilienforscher vorschlagen: Dass die Bulla den Riesen mit ihren steifen Nacken halfen, Gerüche besser wahrzunehmen und deren Richtung genauer zu bestimmen.

Außerdem diente sie ihnen vielleicht auch zum Ausstoß von Lauten. Da Krokodile zu den "gesprächigsten" Reptilien gehörten, könne die Bulla sowohl der Lautgebung als auch der Geruchsbestimmung gedient haben, glaubt Sereno.
->   University of Chicago
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010