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Wie Antibiotika besser werden  
  Forscher aus Deutschland und Israel haben jetzt herausgefunden, wie fünf Antibiotika genau funktionieren: Sie heften sich an die "Proteinfabrik" des Bakteriums und stoppen so die lebenswichtige Proteinproduktion des Erregers. Diese Ergebnisse verleihen der Medikamentenentwicklung jetzt neue Impulse.  
Dies berichtet ein Forschungsteam unter der Leitung von Ada Yonath vom "Weizmann Institut" in Israel und Francois Franceschi vom "Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik" in Berlin in der aktuellen Ausgabe von "Nature".
Entschlüsselte Wechselwirkung
Das deutsch-israelische Forscherteam fand heraus, an welchen Teil des Ribosoms beim Bakterium "Deinococcus radiodurans" sich fünf verschiedene Antibiotika binden.

Alle fünf Antibiotika stehen in Wechselwirkung mit einer Struktur, von der bekannt ist, dass es dort verschiedene Mutationen gibt, die Bakterien Antibiotikaresistenz verleihen.
Der Artikel ist erschienen in "Nature" (413, S. 814-821, 2001; kostenpflichtig) unter dem Titel "Structural basis for the interaction of antibiotics with the peptidyl transferase centre in eubacteria".
->   Artikel in "Nature"
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Ribosomen
Ribosomen sind kleine Partikel im Cytoplasma oder auf dem Endoplasmatischen Reticulum, an denen Eiweiß hergestellt wird. Alle Proteine einer Zelle werden so an Tausenden von Ribosomen synthetisiert. Ribosomen bestehen aus Nukleinsäure und Protein. Sie sind im Elektronenmikroskop oft als schwarze Partikel zu sehen, die an einem Faden aufgereiht sind. Dieser Faden ist die Kopie des Bauplans zur Herstellung eines Eiweißes und die Ribosomen arbeiten gleichzeitig daran. Man nennt sie deshalb Polysomen. Die Bauplankopie wird mRNA genannt.
->   Mehr über Ribosomen
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Angriffspunkt für Antibiotika
Ribosomen sind die Strukturen in einer Zelle, an denen Proteine gebildet werden. Sie gelten als wichtigster Angriffspunkt für natürliche und synthetische Antibiotika.

Proteine sind der wichtigste Aufbaustoff der Zelle und die Grundlage aller Reaktionen, die mittels Enzymen gesteuert werden. Ist ihre Produktion blockiert, stirbt das Bakterium.
Wie die Proteinfunktion des Bakteriums gestoppt wird
Die Wissenschaftler konzentrierten sich in erster Linie darauf, wie die verschiedenen Antibiotika mit jenen spezifischen Strukturen interagieren und so seine Proteinproduktion stoppen.

Dazu behandelten die Forscher Bakterien mit fünf verschiedenen Antibiotika und stellten Kristalle her, die die einzelnen Komplexe, die zwischen dem bakteriellen Ribosom und jedem Wirkstoff entstanden, festhielten.
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Ribosomen und die Proteinsynthese
Der Protein-Code liegt verschlüsselt in der DNA vor. Die Basen-Reihenfolge in der DNA bestimmt die Aminosäure-Sequenz, die ein Protein aufbauen. Zunächst wird der DNA-Code auf eine mRNA (messenger-RNA,) umgeschrieben. Diese Kopie wandert aus dem Zellkern ins Cytoplasma, wo die Proteinsynthese an den Ribosomen abläuft. Hier wird die Basensequenz der mRNA in die jeweiligen Aminosäuren übersetzt. Jeweils drei Basen codieren eine der 20 Aminosäuren. Jede einzelne Aminosäure wird von einer tRNA(transferRNA) herbeitransportiert, die wiederum eine spezifische Andockstelle aus drei Basen besitzt, das dem entsprechenden Basentriplett auf der mRNA koplementär ist. Nacheinander lagern sich so die tRNA-Stränge passend an die mRNA an, und die mitgeführten Aminosäuren werden zu einer Protein-Kette verknüpft.
->   Mehr zur Proteinbiosynthese
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Schematische Darstellung der Proteinbiosynthese.
Wie sich Antibiotika an ein Ribosom heften
Zur Untersuchung dieser mikroskopisch kleinen Strukturen beschossen die Forscher die Kristalle, die die Bindungsverhältnisse zwischen Antibiotkium und Bakterium widerspiegeln, mit hochintensiven Röntgenstrahlen.

Dann analysierten sie deren Beugung und zogen daraus Rückschlüsse auf die exakte Struktur des Kristalls - eine Technik, die Röntgenkristallografie genannt wird.

Mit dieser Methode konnten die Wissenschaftler visualisieren, wie sich die Antibiotika an eine bestimmte Stelle am Ribosom heften und so die für das Bakterium lebensnotwendige Eiweißproduktion stoppen.
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Beugung
Das Abweichen von der geradlinigen Ausbreitung von (Licht)Wellen; Trifft z. B. eine Wasserwelle auf eine Wand mit einer kleinen Öffnung, so wird sie an deren Rändern gebeugt und kann sich hinter der Öffnung nach allen Seiten ausbreiten. Dabei erreichen jeden Punkt hinter der Öffnung mehrere Wellen, die von den verschiedensten Randpunkten der Öffnung herkommen und damit verschieden lange Wege zurückgelegt haben. Die Berge und Täler dieser Wellen können sich gegenseitig verstärken oder auslöschen und ergeben damit die Interferenzerscheinungen.
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Bessere Wirkung auf ribosomaler Ebene
Ein besseres Verständnis für die Funktionsweise von Antibiotika könnte die Behandlungsstrategien für bestehende Wirkstoffe verbessern und zur Entwicklung einer neuen Generation von Antibiotika führen, die bakterielle Erreger auf ribosomaler Ebene besser bekämpfen können, hoffen die Wissenschaftler aus Deutschland und Israel.
Wichtige Entdeckung
Ada Yonath vom Weizmann-Institut entschlüsselte erst letztes Jahr die komplexe Struktur des Ribosoms in einer Studie, welche das Wissenschaftsmagazin "Science" zu den wichtigsten wissenschaftlichen Entdeckungen des Jahres 2000 zählte.

Die exakte Beschreibung der Struktur des Ribosoms - ein für seine Instabilität berüchtigter, gigantischer Eiweißkomplex - galt lange als große Herausforderung.
->   Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik
->   Department of Structural Biology, Weizmann Institute
->   Science Magazine (kostenpflichtig)
 
 
 
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01.01.2010