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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
CO2-Emissionen: Entwicklungsländer "holen auf"
Gastbeitrag von Ulrike Plichta
 
  Entwicklungsländer folgen dem schlechten Beispiel der Industrieländer und holen den Rückstand an CO2-Emissionen auf. Pro Kopf emittieren Entwicklungsländer zwar immer noch deutlich weniger Treibhausgase als Industrieländer, doch der Abstand hat sich von 1:17 im Jahr 1950 auf 1:5 im Jahr 1996 verringert und wird voraussichtlich weiter schrumpfen.  
Die Österreichische Stiftung für Weltbevölkerung und Internationale Zusammenarbeit (SWI) präsentiert mit dem UNFPA-Weltbevölkerungsbericht 2001 neue Fakten und Trends zum Thema "Weltbevölkerungswachstum und Umwelt".
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Ulrike Plichta, die Geschäftsführerin der Österreichischen Stiftung für Weltbevölkerung und Internationale Zusammenarbeit, stellt den Bericht in einem Gastbeitrag für science.orf.at vor.
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12 mal mehr Kohlendioxid wie vor 100 Jahren
Die jährlichen Kohlendioxid-Emissionen sind seit Beginn des 20. Jahrhunderts um das 12-fache angestiegen, von 0,5 Mrd. Tonnen im Jahr 1900 auf 6,6 Mrd. Tonnen 1997.

Pro Kopf sind die durchschnittlichen Kohlendioxid-Emissionen seit 1970 zwar relativ stabil geblieben, die Weltbevölkerung hat sich im selben Zeitraum aber fast vervierfacht - von 1,6 Mrd. auf 6,1 Mrd. Menschen. Damit stieg auch global der Verbrauch an fossilen Brennstoffen, wie Erdöl, Erdgas und Kohle.
USA: Spitzenreiter in Sachen Treibhausgas-Emissionen
1995 verursachte jenes Fünftel der Weltbevölkerung, das in den Ländern mit den höchsten Pro-Kopf-Kohlendioxid-Emissionen lebte, 63 Prozent der globalen CO2 Emissionen. Jenes Fünftel in den Ländern mit den niedrigsten Pro-Kopf-Emissionen dagegen produzierte nur 2 Prozent.

Allein die Vereinigten Staaten mit einem Anteil von lediglich 4,6 Prozent an der Weltbevölkerung haben ein Viertel aller Treibhausgas-Emissionen zu verantworten. Bevölkerungswachstum und Bevölkerungspolitik spielen eine immer wichtigere Rolle für die Entwicklung der Kohlendioxid-Emissionen.
->   Der UNFPA-Weltbevölkerungsbericht 2001
Abstand zwischen Nord und Süd wird geringer
Seit 1970 sind die Pro-Kopf-Emissionen in den Industrieländern allerdings kaum noch gestiegen und liegen nun bei drei Tonnen pro Kopf jährlich. Die Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungsländer sind nach wie vor deutlich geringer als die der industrialisierten Staaten, doch der Abstand zwischen ihnen nimmt zusehends ab.

1950 lagen die Pro-Kopf-Emissionen der Entwicklungsländer bei 0,1 Tonnen, bis 1996 versechsfachten sie sich aber auf 0,59 Tonnen und steigen weiterhin stark an. Pro Kopf emittieren Entwicklungsländer zwar immer noch deutlich weniger Treibhausgase als die Industrieländer, doch der Abstand hat sich von 1:17 im Jahr 1950 auf 1:5 im Jahr 1996 verringert und wird voraussichtlich weiter schrumpfen.
->   UNFPA (United Nations Population Fund)
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Veränderte Lebensgewohnheiten - veränderte Emissionswerte
Ein Grund dafür ist, dass mit den jetzt auch in den Entwicklungsländern zurückgehenden Kinderzahlen pro Familie die durchschnittliche Haushaltsgröße sinkt und erhebliche Größeneffekte der Energienutzung verloren gehen.

1990 betrug die durchschnittliche Haushaltsgröße in den Industrieländern 2,7 Personen, in den Entwicklungsländern 4,8. Bis 2050 könnte sich die Differenz auf 2,6 bzw. 3,4 Personen pro Haushalt verringern. Auch der Trend zur Alterung der Bevölkerung wirkt sich auf die Treibhausgas-Emissionen pro Haushalt und Kopf aus.
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Klimaabkommen müssen Demographie berücksichtigen
Praktisch das gesamte Bevölkerungswachstum wird in Zukunft voraussichtlich in den Entwicklungsländern stattfinden. Die Kohlendioxid-Emissionen der Entwicklungsländer werden noch im frühen 21. Jahrhundert die der Industrieländer übersteigen.

Künftige globale Klimaabkommen müssen diese unausweichliche demographische Realität berücksichtigen. Die Pro-Kopf-Emissionen müssen weiter reduziert werden, vor allem in den Industrieländern. Aber auch wichtige Entwicklungsländer, wie China und Mexiko, dürfen nicht außer Acht gelassen werden.
Mängel im Kyoto-Abkommen
Wird das 1997 in Kyoto ausgehandelte Protokoll zur Klimakonvention ratifiziert, müssen die Industrieländer ihre nationalen Treibhausgas-Emissionen auf Grundlage ihrer Emissionen im Jahr 1990 bis zum Jahr 2010 im Durchschnitt um 5,2 Prozent senken.

Da die Industrieländer hauptverantwortlich für das Problem sind und deshalb in der Pflicht stehen, den ersten Schritt zu tun, legt das Protokoll für die Entwicklungsländer keine spezifischen Emissionsobergrenzen fest.

Das Kyoto-Protokoll erwähnt den Faktor Bevölkerung nicht, obwohl die weitere Bevölkerungsentwicklung mit ausschlaggebend für den Erfolg oder Misserfolg des Protokolls und zukünftiger Anstrengungen beim Klimaschutz sein wird.
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Kyoto-Protokoll: Bloß nationale Emissionsobergrenzen
Das Kyoto-Protokoll legt lediglich nationale Emissionsobergrenzen fest. Diese sollen für den Zeitraum von 1990 bis 2010 auch dann nicht revidiert werden, wenn es beispielsweise auf Grund veränderter Fertilität oder internationaler Wanderungsbewegungen zu einer Zu- oder Abnahme der Bevölkerung eines Landes kommt.

Da mit steigender Bevölkerung und/oder Wirtschaft vor allem in den weiter entwickelten Ländern auch der Konsum zunimmt, berücksichtigt das in Kyoto festgeschriebene Prinzip der starren nationalen Obergrenzen gerade jene Länder nicht, die einen in nächster Zukunft nicht mehr zu vernachlässigenden Beitrag zur Kohlendioxid-Emission leisten.
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Die Folgen: Erderwärmung, Hurrikans ...
Es steht außer Zweifel, dass der Klimawandel weit reichende Folgen haben wird. Laut Hochrechnungen des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) könnte sich die Atmosphäre der Erde im 21. Jahrhundert um bis zu 5,8 Grad Celsius erwärmen und damit schneller als jemals zuvor in den vergangenen 10.000 Jahren.

Selbst das optimistischste Szenario des IPCC geht immer noch von einem Anstieg des Meeresspiegel um einen halben Meter bis zum Jahr 2100 aus, was deutlich über dem im 20. Jahrhundert gemessenen Anstieg liegt.
... Überflutungen, Verlust von Nutzflächen
Häufigere und schwerere Überflutungen der Küstenregionen, sowie Versalzung küstennaher Grundwasserschichten und der Verlust von landwirtschaftlichen Nutzflächen und Siedlungsräumen werden ebenso Folgen des steigenden Meeresspiegels sein, wie die Zunahme der Häufigkeit von Hurrikans und anderen extremen Wetterlagen in Küstengebieten.

"Die Klima- und Umweltpolitik des jetzigen Jahrhunderts muss sich vor diesem Hintergrund auch den Fragen stellen, die von der geographischen Verteilung und den Wanderungsbewegungen sowie den absoluten Bevölkerungszahlen aufgeworfen werden!" fordert Plichta.
->   Stiftung für Weltbevölkerung und Internationale Zusammenarbeit (derzeit under construction)
Mehr zum Thema Weltbevölkerung in science.orf.at:
->   Ulrike Plichta: Bevölkerungswachstum und Bildung
->   Ende des Bevölkerungswachstums absehbar?
->   Weltbevölkerung in 50 Jahren über 9 Milliarden
->   Rainer Münz: Weltweit mehr Bevölkerungswachstum als erwartet
 
 
 
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01.01.2010