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Altersdepression "versteckt" sich hinter Missmut  
  In Österreich leiden bis zu 240.000 Menschen an Altersdepression. Gerade jetzt wird die Krankheit bei vielen akut, vor allem bei Männern aber oft nicht erkannt, weil sie sich hinter Missmut und Ablehnung "versteckt".  
Wenn Frauen Depressionen haben, zeigen sie, dass sie Hilfe brauchen. Männer jedoch wollen sich meist nicht behandeln lassen. Sie sind unzufrieden, ablehnend, aggressiv, skeptisch und gehen häufig nicht zum Arzt.
Verlust an Macht, Ansehen, Attraktivität ...
Männer haben Probleme mit dem Verlust an Macht, Einfluss, Ansehen, körperlicher Leistungsfähigkeit und dem Abflauen der körperlichen Attraktivität.
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Altersdepression
Die Depression ist die häufigste psychiatrische Erkrankung bei älteren Menschen. Eine europäische Studie spricht von bis zu 15 Prozent der über 60-Jährigen. Das wären in Österreich 240.000 Menschen.

Symptome der Altersdepression:
Gewichtsverlust, Gliederschmerzen, Schweregefühl in der Brust, Antriebsmangel, Verlust der kognitiven Fähigkeiten wie Merkfähigkeit und Konzentration. Freudlosigkeit, Versiegen von Mimik und Gestik, Schlafstörungen, Verfolgungsgefühl.

Ursachen der Altersdepression:
Verlust von Bezugspersonen, Verlust von sozialen Rollen und Aufgaben, Verlust der Wohnung, Einsamkeit, Krankheiten
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Herausforderung für Mediziner
Für die Mediziner sind diese altersdepressiven Männer eine besondere Herausforderung. Die Österreichische Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie will durch mehr Information die Versorgung der Männer über 60 verbessern.

"Es sind schwierige Patienten, die meist nicht zu uns kommen", erklärt etwa Gernot Sonneck vom Institut für medizinische Psychologie in Wien. In der Folge ist Selbstmord ein großes Problem.
Selbstmord im Alter: Einer von Tausend
Jedes Jahr bringen sich in Österreich 20 bis 30 über 80-Jährige um. "Der Anstieg bei den ganz Alten ist enorm - einer von Tausend begeht Selbstmord", sagt Sonneck.

Auch der Anteil bei den über 60-Jährigen steigt. Die beste Prävention gegen den Selbstmord und damit auch gegen die Depression ist eine hohe Lebensqualität.
Lebensqualität entscheidend
Lebensqualität im Alter heißt ein Netzwerk an sozialen Kontakten zu besitzen, körperlich und geistig aktiv zu bleiben und sich auf Krankheiten und Verluste einzustellen.

"Dafür gibt es so etwas wie Eigenverantwortlichkeit", meint Werner Schöny, der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie.

"Wenn es gelingt, die Lebensqualität auf einem hohen Niveau zu halten, werden die alten Menschen seltener depressiv. Wir wissen heute, dass die psychischen und sozialen Faktoren weit wichtiger für eine Erkrankung sind als genetische", so Schöny.
Geronto-Psychiater gefordert
An der Versorgung mangelt es derzeit aber nicht nur, weil die Männer nicht zum Arzt gehen. Auch viele Altersheime haben keine Spezialisten, die die Altersdepression erkennen und behandeln könnten.

Um Altersdepressive in Zukunft aber fachgerecht betreuen zu können, müsste es eine eigene Facharztausbildung für Geronto-Paychiatrie geben, fordern die Mediziner.

Ulrike Schmitzer, Ö1-Wissenschaft
->   Institut für medizinische Psychologie Wien
 
 
 
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01.01.2010